Roger Whittaker
Roger Whittaker ist gestorben. Das Bild zeigt ihn bei der Aufzeichnung der "Weihnachts-Wunder-Show" des Hessischen Rundfunks im Europapark Rust 2012.
APA/dpa/Patrick Seeger

"Abschied ist ein scharfes Schwert, das oft so tief ins Herz dir fährt", heißt es in einem der größten Hits von Roger Whittaker. "Einmal geht auch die schönste Zeit vorbei." Schon vor Jahren zog sich der britische Sänger und Songwriter, der in Deutschland seine treuesten Fans hatte, aus der Öffentlichkeit zurück. Nun ist er im Alter von 87 Jahren gestorben. Das teilte Whittakers Plattenfirma Sony Music am Montag mit. Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung darüber berichtet.

Mehr als 25 Alben veröffentlichte der Mann mit der sanften Baritonstimme in Deutschland. Seine Spezialität: eingängige Balladen und Wohlfühlschlager. Zu Whittakers größten Erfolgen zählen "Albany", "The Last Farewell" und "Abschied ist ein scharfes Schwert".

Abschied ist ein scharfes Schwert (Show & Co. mit Carlo 29.03.1984) (VOD)
RogerWhittakerVEVO

Aufgrund seiner Popularität in Deutschland nahm der Brite viele Songs in deutscher Sprache auf. Weil er nicht wirklich Deutsch sprach, behalf er sich mit Lautschrift. Die Umlaute machten ihm allerdings zu schaffen. "Das schlimmste deutsche Wort ist Zärtlichkeit", scherzte er 2012 im "BamS"-Interview. "Also rein phonetisch natürlich." Für sein Lebenswerk wurde der britische Gentleman des deutschen Schlagers mit der "Platin-Stimmgabel" und der "Krone der Volksmusik" geehrt.

Berühmter Bartträger

Anfang der 60er-Jahre hatte die Musikerlaufbahn des studierten Zoologen, Meeresbiologen und Biochemikers Fahrt aufgenommen. Geboren worden war der Sohn englischer Einwanderer 1936 in Nairobi in der damaligen britischen Kolonie Kenia. Nach dem Militärdienst, einem abgebrochenen Medizinstudium in Kapstadt und einem vorübergehenden Job als Lehrer in Nairobi zog es Whittaker nach Europa. Ein zweites Studium in Wales schloss er mit dem Bachelor of Science ab.

Finanziert hatte er sein Studium mit Auftritten als Sänger in Clubs und Bars – und nebenbei schon eigene Songs komponiert. So führte eins zum anderen. 1962 nahm er seine erste Single "The Charge of the Light Brigade" auf, eine pompöse Country-Nummer. Zu seinem eigenen Stil, mit dem er weltweit Erfolge feierte, fand der Musiker erst Ende der 60er-Jahre.

Roger Whittaker - Albany (Show-Express 25.3.1982)
RogerWhittakerVEVO

Der Bartwuchs hat laut Whittaker auch eine Rolle gespielt. "Früh in meiner Karriere hab ich mich im Fernsehen gesehen und gedacht: Mit diesem Gesicht wird das nichts", erzählte er vor Jahren dem "Daily Express". "Also habe ich mir den Bart wieder wachsen lassen, den ich schon in der Universität hatte." Wie ein Popstar sah er trotzdem nie aus. Mit Henriquatre-Bart, Jackett, Brille und den seit den 80ern ergrauten Haaren wirkte er wie der freundliche Herr von nebenan – ein sympathisches und authentisches Image, das zu seiner Musik passte.

Mehrere Hits

Die komplett gepfiffene Instrumentalnummer "Mexican Whistler" war 1967 sein erster Hit in Großbritannien. Die Ballade "Durham Town" markierte zwei Jahre später den großen Durchbruch. Lieder wie "The Last Farewell" oder "Indian Lady" machten Roger Whittaker bald auch in anderen Ländern populär. Sein wohl prominentester Fan war der frühere US-Präsident George H. W. Bush, der ihn zu sich einlud und auf dessen Goldener Hochzeit er sang.

Roger Whittaker sitzt in weißem Anzug auf einem Hocker.
Roger Whittaker, hier bei einem Auftritt im September 1985 in Berlin, ist gestorben.
IMAGO/teutopress GmbH

Einer von Whittakers größten Hits, "The Last Farewell", wurde erst vier Jahre nach seinem Erscheinen ein Erfolg. Nachdem es der Song 1975 über Umwege ins amerikanische Radio und die US-Top-20 geschafft hatte, wurde er auch in Europa ein Riesenerfolg. In Großbritannien landete er auf Platz zwei der Hitparade, direkt hinter Rod Stewarts "Sailing". Später nahm sogar Elvis Presley "The Last Farewell" auf.

The Last Farewell
Roger Whittaker - Topic

Hier und da schwangen in Whittakers Musik die afrikanischen Einflüsse mit, die er während seiner Jugend in Nairobi aufgesogen hatte. "Das wundervolle Trommeln und diese wunderbaren, ansteckenden Rhythmen waren bei allem, was ich jemals geschrieben und gesungen habe, ein wichtiger Einfluss", wurde Whittaker auf seiner Website zitiert.

Ab den 80ern verlagerte sich Whittakers Stil zunehmend auf den deutschen Schlager – stilistisch irgendwo zwischen den Flippers und Howard Carpendale. So sang er 1986: "Ein bisschen Aroma, ein bisschen Paloma, ein bisschen Chichi brauch ich heute, Cherie!"

Seinem freundlichen und bodenständigen Image wurde Whittaker, der zuletzt in Südfrankreich lebte, auch privat gerecht. Seit 1964 war der Familienmensch und Hundefan mit seiner Frau Natalie verheiratet, die später auch seine Managerin wurde. Er hinterlässt fünf Kinder, mehrere Enkel und Urenkel. (APA, red, 18.9.2023)