Der kroatische Produzent und Regisseur Jakov Sedlar ist ein selbsternannter Wahrheitssuchender. Damit das auch niemandem entgeht, schreibt er "Wahrheit" gerne in die Titel seiner Produktionen, so auch bei der jüngsten: Diesen Donnerstag erscheint auf der Onlineplattform Vimeo "Sebastian Kurz – The Truth" ("Sebastian Kurz – Die Wahrheit").

Geschichtsrevisionismus

Sedlar produziert seit rund 30 Jahren Dokumentar- und Spielfilme am laufenden Band. Die meisten seiner Produktionen sind allerdings mehr als umstritten. Die lauteste Kritik rief sein geschichtsverfälschender Dokumentarfilm "Jasenovac – istina" ("Jasenovac – Die Wahrheit") aus dem Jahr 2016 hervor. Im kroatischen Konzentrationslager Jasenovac wurden zwischen August 1941 und April 1945 zehntausende Serben, Juden, Roma und Regimegegner ermordet. So weit die gesicherte, seriöse Geschichtsforschung. Sedlars Wahrheit ist allerdings eine andere: Kroaten waren die eigentlichen Opfer, und zwar einer Massenvernichtung seitens der Tito-Kommunisten.

Reinwaschung

Der Dokumentarfilm rief viel Kritik von Opferverbänden, Wissenschaftern und jüdischen Gemeinden in Kroatien hervor – unter anderem weil Sedlar darin erneut behauptete, dass der Antisemitismus von den deutschen Nazis importiert worden und nicht fixer Bestandteil der faschistischen Ustascha-Ideologie gewesen sei.

Das pathetische Narrativ, das stets auf eine Reinwaschung und Beschönigung der Verbrechen kroatischer Nationalisten und Faschisten abzielt, zieht sich durch Sedlars Oeuvre. Der 1952 in Split geborene Sedlar interpretiert die Geschichte Kroatiens und Jugoslawiens stets aus einer nationalistischen Perspektive. Franjo Tuđman und seine Partei verherrlichte er unverhohlen. 1996 schickte Tuđman Sedlar in die USA, wo er bis 2000 blieb. In New York vernetzte sich der erste Kulturattaché des unabhängigen Kroatien, wie er gerne betont, mit wichtigen Menschen aus Kultur und Politik.

"Riefenstahl ohne Talent"

Einer dieser Weggefährten ist der US-amerikanische Produzent und Autor Joe Tripician, der in den 1990er-Jahren zusammen mit Sedlar eine Tuđman-Biografie schrieb, die nie veröffentlicht wurde. Tripician bezeichnete später Sedlar als "Fälscher" und "die Leni Riefenstahl aus Kroatien – aber ohne Talent".

Sedlars neuester Film, den er mit der Kurz-Biografin Judith Grohmann gemacht hat, wird kaum kritische Betrachtung beinhalten. Der kroatischen Tageszeitung "Večernji list" verriet er die Absicht hinter der Kurz-Doku: Österreich und der Welt zu zeigen, welch großartiges politisches Talent durch Intrigen der politischen Gegner und den Hass der Medien vernichtet wurde. Außerdem soll Kurz' Kampf gegen den Antisemitismus in Österreich und international in den Fokus gerückt werden, so Sedlar. (Olivera Stajić, 20.9.2023)