Mann repariert Fahrrad
Durch den Fahrradboom sind Servicefachkräfte gefragt. Die Fahrradmechanik wurde zur Fahrradmechatronik.
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In den 1970er-Jahren wurde der Lehrberuf Fahrradmechanik abgeschafft, mit dem Radfahrboom wurde diese Berufsausbildung 2019 wiederbelebt und modernisiert. Aus der Fahrradmechanik wurde die Fahrradmechatronik, um auch E-Bikes fachgerecht zu reparieren. Das Interesse am neuen Lehrberuf ist groß. Starteten 2019 noch 95 Jugendliche mit diesem dreijährigen Lehrberuf, so waren es 2022 bereits 235 Personen.

Für Melina Schneider, Leiterin der Abteilung Bildungspolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, ist dieser Beruf ein gutes Beispiel, das zeigt, wie nahe die Lehre am Arbeitsmarkt und der Wirtschaft sei. Auch der Beruf Kfz-Mechaniker habe sich durch den technologischen Fortschritt stark verändert und wurde um Spezialmodule wie beispielsweise "Hochvolt-Antriebe" ergänzt. "Rascher als im Schulsystem kann bei der Lehre auf die Bedürfnisse der Wirtschaft reagiert werden."

Technik ist ein breites Feld

Mittlerweile gebe es kaum einen Lehrberuf, der gänzlich ohne technisches Know-how auskomme. "Technik ist aber ein großes Wort", ergänzt Schneider. Es sei ein sehr breites Feld und verändere die Lehrberufe zum Positiven. Auch in weniger technischen Berufen gebe es technisches Wissen, das für die Berufsausübung wichtig sei. Dazu gehört beispielsweise der neue Lehrberuf Chocolatier/Chocolatière, der aus dem Beruf Bonbon-/Konfektmacher entstanden ist. Die Ausbildung wurde von zwei auf drei Jahre verlängert, um auch den neuen Verarbeitungsmethoden und Fachkompetenzen ausreichend Raum zu geben. Auch hier müssen moderne Spezialgeräte bedient werden können. Selbst für das Farbemischen beim Friseur kommen digitale Tools zum Einsatz.

Aktuell gibt es über 220 Lehrberufe in Österreich. Alle fünf Jahre werden die Ausbildungsinhalte evaluiert und den möglicherweise veränderten Anforderungen angepasst. So wurde im Lehrlingspaket vom Februar dieses Jahres der Lehrberuf Pharmatechnologie um Lerninhalte wie 3D-Druck bei der Tablettenherstellung oder smarte Verpackungstechnologien erweitert. Auch die Lehrberufe Abwassertechnik und Kunststofftechnik wurden inhaltlich überarbeitet. Ein weiteres Lehrlingspaket ist bereits in Begutachtung. Darin finden sich die Überarbeitung zu großen Lehrberufen wie der Elektrotechnik mit den erweiterten Inhalten zu Gebäudetechnik, Smart Home oder erneuerbare Energien und E-Mobilität.

Vom Bundes-Berufsausbildungsbeirat (BBAB), einem sozialpartnerschaftlich besetzten Gremium, noch nicht final ausverhandelt sind die überarbeiteten Curricula der Lehrberufe Faserverbundtechnik, Fernwärmetechnik oder Holztechnik. "Wenn es bei bestimmten Lehrberufen keine Nachfrage mehr gibt, dann können Ausbildungen auch auslaufen", sagt Schneider. Kristallschleiftechnik oder Stempelerzeugung sind Beispiele dafür.

Frauen holen auf

Bei der Wahl des Lehrberufs gibt es noch immer starke Unterschiede zwischen Männern und Frauen, aber auch hier kommt es zu Veränderungen. Die Lehrlingszahlen zeigen, dass der Frauenanteil in den technischen Berufen kontinuierlich steigt. So waren 2012 von den 12.368 Lehrlingen in der Metalltechnik nur 801 weiblich (6,5 Prozent), 2022 stieg dieser Anteil auf knapp elf Prozent. Eine ähnliche Entwicklung zeigt die Auswertung für den Bereich Elektrotechnik. Von den knapp 9400 Lehrlingen waren rund drei Prozent Frauen, 2022 waren es schon 6,5 Prozent von knapp 10.000 Lehrlingen in diesem Bereich. (Gudrun Ostermann, 28.9.2023)