Vater mit Kind
Geht ein Vater nicht zumindest zwei Monate in Karenz, hat auch der andere Elternteil nicht mehr den maximalen Anspruch.
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In Österreich gehen Männer kaum in Karenz. Genauer gesagt: In Partnerschaften mit Kindern nehmen gerade einmal zwei von zehn Vätern die Karenz in Anspruch. Das ist einer der Gründe, warum die Regierungsparteien zusammen mit den Neos eine Art "verpflichtende" Väterkarenz von zwei Monaten beschlossen haben. Und die Regelung polarisiert. Aber was bedeutet sie im Detail? Wen betreffen die Änderungen? Und können alleinerziehende Mütter jetzt zwei Monate weniger in Karenz gehen?

Frage: Was wird sich bei der Karenzregelung ändern?

Antwort: Die volle Karenzzeit von 24 Monaten kann künftig nur noch genutzt werden, wenn sich beide Elternteile an der Karenzzeit beteiligen. Heißt: Mütter beziehungsweise Väter müssen in Zukunft jeweils zumindest zwei Monate in Karenz gehen. Passiert das nicht, verfallen zwei der maximal 24 Monate Anspruch auf Karenz.

Frage: Wer hat die Änderung beschlossen?

Antwort: Die Regierungsparteien ÖVP und Grüne haben sie am Mittwoch gemeinsam mit den oppositionellen Neos im Nationalrat beschlossen. Die beiden anderen Oppositionsparteien SPÖ und FPÖ haben dagegen gestimmt.

Frage: Warum gibt es diese Änderung?

Antwort: Eigentlicher Hintergrund für den nun getroffenen Beschluss ist eine EU-Vorgabe, die die nationalen Regierungen zu Anpassungen der Karenzregelungen verpflichtet. Ziel der sogenannten Work-Life-Balance-Richtlinie ist es, Väter verstärkt zu Sorgearbeit zu motivieren beziehungsweise Anreize für eine ausgeglichenere Aufteilung der Kinderbetreuung in Partnerschaften zu setzen. Die türkis-grüne Bundesregierung musste die österreichische Karenzregelung daher anpassen.

Frage: Was ist mit Alleinerzieherinnen – fallen die jetzt alle um zwei Monate ihrer Karenz um?

Antwort: Nein, für alleinerziehende Mütter oder Väter ändert sich nichts. Sie haben wie bisher Anspruch auf die vollen 24 Monate Karenzzeit.

Frage: Gibt es Kritik am Beschluss?

Antwort: Ja. In der Nationalratsdebatte am Mittwoch kritisierte etwa die SPÖ-Abgeordnete Petra Wimmer die praktischen Auswirkungen der Regelung. Väter würden oft ja in Karenz gehen wollen, dies aber aus beruflichen oder finanziellen Gründen häufig nicht tun können, sagte sie. Die Frauensprecherin der FPÖ, Rosa Ecker, beklagte überhaupt eine Belastung der Väter durch die neue Regelung. Dass diese eine stärkere Beteiligung von Männern an der Karenz bewirken wird, glaubt sie nicht.

Frage: Wer kritisiert außer den Oppositionsparteien die Regelung?

Antwort: Kritik kommt von ziemlich vielen Seiten. In der Anfang August zu Ende gegangenen Begutachtungsphase der Gesetzesänderung brachten zahlreiche Organisationen Bedenken hinsichtlich der Umsetzbarkeit ein. Der ÖGB vermerkte in seiner Stellungnahme etwa, dass die Verkürzung "sicherlich nicht" zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen werde. Stattdessen würden sich Betreuungsprobleme wegen zu weniger Kinderbetreuungseinrichtungen – vor allem auf dem Land – noch verschärfen. Ähnlich sah das die Arbeiterkammer, die außerdem nicht erwartet, dass sich die Väterbeteiligung an der Karenz dadurch "signifikant" erhöhen wird.

Das Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen sah in seiner Stellungnahme zwar einen Schritt in die richtige Richtung, fordert aber Begleitmaßnahmen. Dazu solle insbesondere der "sofortige Ausbau von leistbaren, qualitativ hochwertigen" und flexiblen Kinderbetreuungsplätzen in ganz Österreich zählen. (Martin Tschiderer, 21.9.2023)