Der große Sitzungssaal der UN-Generalversammlung in New York war schon spärlich gefüllt am Donnerstagabend (Ortszeit), als Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) nach seinem kuwaitischen Kollegen an das Rednerpult trat. Neben viel Lob für die Heimat, Wien etwa sei eine lebenswerte Stadt, Österreich Uno-Standort und auch ansonsten ein prosperierendes Land, sparte er nicht mit düsteren Prognosen.

Alexander Schallenberg bei seiner Rede vor der UN-Generalversammlung.
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Die aktuelle Zeit gehöre "unbestreitbar zu den schwierigsten der jüngeren Geschichte", erklärte er. Ukrainekrieg, Klimakrise, Armut, soziale Spaltungen, "ein trauriger Zustand", sagte Schallenberg. "Wir leben tatsächlich in einer Zeit der Unsicherheit." Schon jetzt seien "Verschiebungen und Risse in unseren Handelssystemen, Sicherheitssystemen und multilateralen Systemen" zu bemerken. Dies führe zu einem "Gefühl der Unsicherheit und des Unbehagens", so Schallenberg, "zu dem Gefühl, in einem permanenten Ausnahmezustand zu leben".

Erneut Reform gefordert

Der derzeitigen Strukturen der Weltpolitik, die Uno etwa, könnten zudem mit der sich so rasch entwickelnden Lage nicht mehr Schritt halten. Wie schon zuvor vor dem Sicherheitsrat forderte Schallenberg erneut die Umgestaltung dieses Gremiums, in dem fünf Länder, darunter auch Russland, per Veto sämtliche Beschlüsse blockieren können. Überhaupt, so der Minister, sollten künftig mehr Länder dem Sicherheitsrat angehören, vor allem afrikanische. Österreich, kündigte Schallenberg an, werde außerdem 2026 selbst um einen nichtständigen Sitz kandidieren.

Schallenberg kurz vor seinem Auftritt auf der großen Weltbühne.
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Doch bemühte sich Schallenberg, der zuvor konstatierten "traurigen Welt" auch Lösungsvorschläge aus österreichischer Sicht zu präsentieren. Auf jeden Fall müsse nämlich die internationale Zusammenarbeit neu durchdacht werden – und am besten möglichst rasch ein "vernünftiger und pragmatischer Multilateralismus" Einzug halten. Österreich, so der ÖVP-Minister, sei ein Paradebeispiel, wie dies auf kleinerer, staatlicher Ebene funktioniere. Wie es nicht gehe in puncto Multilateralismus, zeigt Schallenberg zufolge das Beispiel Afghanistans auf, wo Frauen wie schon vor dem Sturz der Taliban auch heute wieder unterdrückt werden.

Warnung vor Populisten

Seine eigene Zunft, die der Politikerinnen und Politiker also, müsse den Bürgerinnen und Bürgern Antworten auf ihre drängenden Fragen geben. "Das bedeutet, die Welt so zu sehen, wie sie ist, mit klarem Verstand und ohne rosarote Brille." Achtsam heiße es nach Schallenbergs Worten zu sein bei "polarisierenden Populisten", die "Fake News verbreiten und scheinbar einfache Antworten auf komplexe Fragen anbieten, die uns glauben machen wollen, dass wir Probleme lösen können, indem wir sie einfach negieren, indem wir die Zugbrücke hochziehen und uns von der Realität abkoppeln". Nicht nur beim Klimawandel, auch bei anderen Zukunftsthemen, etwa künstlicher Intelligenz und künftigen technologischen Neuheiten.

Ganz zum Schluss streute Schallenberg vor der UN-Generalversammlung in New York schließlich doch noch eine Prise Optimismus ein: "Wir werden aus dieser Ära der Transformation gestärkt, wohlhabender und widerstandsfähiger hervorgehen." (Florian Niederndorfer aus New York, 22.9.2023)