Social Media, Politiker, Kritik, Rechnungshof
Geprüft wurden die Social-Media-Accounts von Vertretern aller fünf Parlamentsparteien.
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Wien – Der Rechnungshof kritisiert in einem Rohbericht die Social-Media-Aktivitäten diverser Regierungspolitiker. Konkret geht es um eine oft mangelhafte Trennung zwischen Tätigkeit in der Regierung und der jeweiligen Partei. Sogar rechtliche Probleme könnten so entstehen, zitiert das "Profil" online die Prüfer.

Geprüft wurden die Social-Media-Accounts von Vertretern aller fünf Parlamentsparteien, darunter Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), Wiens Stadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) und Oberösterreichs Landesrat Manfred Haimbuchner (FPÖ).

"Vermischung von Regierungs- und Parteiarbeit"

Bei Nehammer, Kogler, Doskozil und Wiederkehr hielt der Rechnungshof laut "Profil" "kritisch fest", dass die Social-Media-Accounts durch Mitarbeiter der Kabinette mitbetreut worden seien, obwohl sie laut Impressum von den Parteien oder von den Politikern selbst verwaltet würden. Die Prüfer sehen darin eine "Vermischung der Sphären von Regierungs- und Parteiarbeit – indem Bedienstete der öffentlich-rechtlichen Körperschaften parteipolitische Social-Media-Accounts betreuten".

Aus Sicht des Rechnungshofs stellt der öffentliche Ressourceneinsatz für diese Seiten nicht nur einen "Vorteil gegenüber Nichtregierungsmitgliedern" dar, sondern könnte auch in rechtlicher Hinsicht "problematisch" werden, heißt es in dem Bericht. Konkret "könnte eine unzulässige Spende nach dem Parteiengesetz vorliegen".

Wichtige Frage, wem die Accounts gehören

Die Frage, wer im Impressum als Medieninhaber angeführt wird, ist entscheidend dafür, ob es zu unzulässigen Personalspenden öffentlicher Stellen an Parteien kam. Allerdings gibt es für die Prüfer hier Aufholbedarf: Nur bei den Accounts von Kogler sei der Medieninhaber – die grüne Bundespartei – einfach auffindbar gewesen. Bei Wiederkehr und Haimbuchner konnte der Rechnungshof demnach erst durch eine Nachfrage bei den Bundesländern klären, wem die Accounts tatsächlich gehören. Fehlerhaft sei auch das Impressum von Doskozils Facebook-Page gewesen.

Ein Beispiel dafür, dass die Trennung von Regierungs- und Parteiarbeit auf Social Media für die User mitunter nicht ersichtlich ist, war der Bundespräsidentschaftswahlkampf. Auf Accounts von Kogler, Justizministerin Alma Zadić und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (beide Grüne) wurde nämlich für Alexander Van der Bellen geworben. Bei Gewessler und bei Zadić waren zu der Zeit jeweils deren Ministerien im Impressum festgehalten.

Klare Trennung in Deutschland

Die Grünen erklärten dazu, dass Mitarbeiter der jeweiligen Kabinette in den Ministerien die notwendigen Facebook-Berechtigungen hätten, um Inhalte in der Funktion als Minister zu veröffentlichen. Parteipolitische Inhalte – zum Beispiel Wahlwerbung oder grüne Kampagnen – würden hingegen nur von der Bundespartei gepostet. Damit das zu erkennen ist, müsse darauf geachtet werden, ob das Corporate Design des Bundes verwendet werde – oder eben nicht.

Wie eine klare Trennung gelingen kann, zeigt ein Blick nach Deutschland: Dort hat Olaf Scholz den Account "bundeskanzler" von seiner Vorgängerin Angela Merkel übernommen, daneben gibt es noch einen Account für Scholz als Parteipolitiker. Eine saubere Trennung von Regierungs- und Parteiarbeit könnte laut Rechnungshof aber auch gelingen, wenn keine öffentlichen Mittel in die Accounts fließen, sondern "die politische Partei die Kosten der Betreuung trägt", wie das "Profil" zitiert.

Künftige Prüfungen

Der Rechnungshof misst dem Thema jedenfalls große Bedeutung bei. So wird im Rohbericht auch angekündigt, den Umgang mit Social-Media-Accounts künftig bei der Überprüfung der Rechenschaftsberichte der Parteien zu berücksichtigen. Stoßen die Prüfer hier auf Probleme, kann das auch in Strafen für die Parteien enden, die der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat gegebenenfalls verhängen würde. Diese Ankündigung könnte dafür sorgen, dass das Thema künftig nicht mehr stiefmütterlich angegangen wird und klare Vorgaben formuliert werden.

Die Mitbetreuung der Social-Media-Accounts sorgt natürlich auch für Kosten, die den Parteien erspart blieben. Demnach fielen im ersten Halbjahr 2022 im Bundeskanzleramt für die Mitbetreuung von Nehammers Accounts Personalkosten von 25.000 Euro an, bei Kogler knapp 29.000 Euro, bei Doskozil knapp 20.000 Euro und bei Wiederkehr knapp 35.000 Euro. Keine Kosten seien laut dem Bericht nur bei Haimbuchner angefallen.

Burgenland: Andere Rechtsansicht als Rechnungshof

Das Vizekanzleramt hebt in einer Reaktion hervor, dass laut Rechnungshof im Gegensatz zu allen anderen geprüften Parteien "nur im Falle der Social-Media-Accounts des Vizekanzlers klar ersichtlich" sei, wer die Medieninhaberschaft innehabe sowie eine "verbindliche, schriftliche Social-Media-Strategie" vorliege. Von 13 Empfehlungen der Prüfer seien bereits acht erfüllt worden. Betont wird ferner, dass sämtliche Socia-Media-Aktivitäten auf Basis eines Gutachtens der Medienanwältin Maria Windhager gesetzt worden seien. Demnach sei die Nutzung von Mehrfachfunktionen dann zulässig, wenn eine klare Trennung der Ressourcen anhand inhaltlicher Kriterien eingehalten werde.

Das Land Burgenland verwies in einer Stellungnahme darauf, dass es sich um einen Rohbericht handelt und man bei der Bewertung des Impressums des Facebook-Auftrittes eine andere Rechtsansicht als der Rechnungshof vertrete. Für das Land stehe fest, dass der Account "eindeutig" dem Land bzw. Doskozil in seiner Funktion als Landeshauptmann zuzuordnen ist. Zu politischen Accounts gebe es eine "klare und strikte Trennung". Dies sei dem Rechnungshof auch bereits mitgeteilt worden. "Der Account entspricht allen Grundsätzen der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit", wurde in einer Aussendung betont.

Neos sehen "strikte Trennung" gewährleistet

Die Neos betonen in einer ersten Reaktion auf Anfrage des STANDARD, dass gesetzliche Vorgaben ausreichend gewahrt würden. "Content, der Christoph Wiederkehr privat oder in seiner Funktion als Landessprecher von Neos Wien abbildet, stammt von ihm selbst oder von Personal aus der Partei. Content über die Arbeit von Christoph Wiederkehr in seiner Funktion als Stadtrat und Vizebürgermeister wird von Personal aus seinem Büro erstellt."
Jegliche Werbeausgaben beträfen ausschließlich Partei-Angelegenheiten und würden entsprechend von Neos Wien getätigt, heißt es außerdem. "Diese strikte Trennung entspricht aus unserer Sicht voll und ganz den gesetzlichen Vorgaben und gewährleistet eine transparente und widmungsgemäße Verwendung der Ressourcen von Partei und Regierungsbüro." (APA, lhag, 22.9.2023)