Osiris Rex Bennu Asteroidenstaub
Die Kapsel nach geglückter Landung.
Nasa TV via AP

Am Sonntag um 16.52 mitteleuropäischer Zeit (Ortszeit 8.52 Uhr) war es dann soweit: Eine kostbare Fracht landete in der Wüste von Utah im Westen der USA – nach einer Reise, die mehr als zwei Jahre gedauert hatte und zwei Milliarden Kilometer lang war. Es handelt sich nämlich um eine Kapsel mit Material, das vom erdnahen Asteroiden 101955 Bennu stammt. Wenn die Schätzungen stimmen, handelt sich um die größte Asteroidenprobe, die jemals geplant zur Erde gebracht wurde. Die Nasa brachte mit einem Livestream ganz nah ans Geschehen heran.

Osiris-Rex-Landung im Livestream

Video: Größte Gesteinsprobe eines Asteroiden sicher zurückgeholt
AFP

Das Manöver war freilich alles andere als trivial: Die Kapsel wurde aus der Nasa-Sonde Osiris-Rex (die Abkürzung steht für: Origins, Spectral Interpretation, Resource Identification, Security-Regolith Explorer) in mehr als 100.000 Kilometern Höhe ausgeklinkt und sollte dann mithilfe von Fallschirmen auf einem etwa 58 mal 14 Kilometer großen Gebiet aufsetzen. "Das ist in etwa so, als würde man einen Dartpfeil über ein Basketballfeld werfen und auf der anderen Seite das Bullauge treffen", sagt Nasa-Manager Rich Burns.

250 Gramm in "Salatschüssel"

Doch die Übung klappte: Und ging in die Geschichte ein als die erste erfolgreich zur Erde gebrachte Probe eines Asteroiden in der Geschichte der Nasa. Das verantwortliche Team schätzt, dass sich ein Viertelkilogramm Bennu-Staub in der Kapsel befindet. Die hat einen Durchmesser von etwa 81 Zentimetern, ist rund 46 Kilogramm schwer und ähnelt vom Aussehen her einer Salatschüssel mit hohem Deckel.

Osiris Rex
So schaut die große "Salatschüssel" aus, die am Sonntag landete.
AP/Keegan Barber

Das heißersehnte Asteriodenmaterial ist freilich nicht das erste, das zur Erde transportiert wird: 2005 war die japanische Raumsonde Hayabusa auf einem Asteroiden gelandet. Sie brachte 2010 die ersten je gesammelten Bodenproben eines solchen Himmelskörpers auf unseren Planeten. Es gab noch weitere Flüge zu Asteroiden, doch keine weitere Sonde hat bisher Material zur Erde zurückgebracht.

Probenentnahme mit Panne

Schon die Entnahme der Probe durch Osiris-Rex im Oktober 2020 war ein kompliziertes und spektakuläres mehrstündiges Manöver: Die 2016 vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral gestartet Sonde hatte ihren Platz in der Umlaufbahn von Bennu vorübergehend verlassen und sich ihm bis auf wenige Meter genähert. Mit einer Art Roboterarm berührte sie die Oberfläche des Asteroiden etwa fünf Sekunden lang und stieß dabei unter Druck gesetzten Stickstoff aus, um Probenmaterial aufzuwirbeln, das dadurch aufgenommen wurde (siehe dieses Video).

Bennu Osiris Rex
Comuptergenerierte Darstellung der Osiris-Rex-Sonde in der Nähe des Asteroiden Bennu.
Image Lab/Goddard Space Flight Center/NASA via AP

Prompt passierte bei dem komplexen und zweifach zuvor geübten Vorgang eine Panne: Der Deckel des Auffangbehälters wurde von größeren Steinen leicht aufgestemmt, und Teile der Probe entwichen. Die Nasa-Forschenden gehen trotzdem davon aus, dass ausreichend Material im Auffangbehälter steckt.

Die Bedeutung des Benno-Staubs

Doch weshalb wurde so ein Aufwand um gerade einmal 250 Gramm Asteroidenstaub betrieben? Bei der Probe handelt es sich um "ein Stück Sonnensystem-Geschichte", sagt Nasa-Wissenschafterin Nicola Fox. Konkret erhoffen sich die Forschenden von der rund eine Milliarde Dollar (940 Millionen Euro) teuren Osiris-Rex-Mission Erkenntnisse über die Entstehung des Sonnensystems vor mehr als 4,5 Milliarden Jahren, denn Asteroiden sind Überbleibsel davon.

Nicola Fox' Nasa-Kollegin Meenakshi Wadhwa schreibt in "Nature" mit Verweis auf Proben vom Mond: "Extraterrestrische Proben haben uns unglaubliche und grundlegende Dinge über uns selbst, die Erde und das Sonnensystem gelehrt. Dank der Mondproben, die während der Apollo-Missionen der Nasa zwischen 1969 und 1972 gesammelt wurden, wissen wir, dass der Mond wahrscheinlich entstanden ist, als ein Planet von der Größe des Mars vor 4,5 Milliarden Jahren auf die Erde stürzte."

Die Auswertung der Proben von Bennu könnte ganz konkret zur Beantwortung der Frage beitragen, "ob das Wasser und die organischen Moleküle, die am Ursprung des Lebens beteiligt waren, von kohlenstoffreichen Asteroiden wie Bennu stammen, die auf die frühe Erde gestürzt sind". Für diese Forschungen wird die Probe – so die Landung gelungen ist – in das Johnson Space Center der Nasa in Houston im Bundesstaat Texas für erste Untersuchungen gebracht werden. Nach einem halben Jahr können sich dann Forschende aus aller Welt mit Forschungsfragen um Untersuchungen der Probe bemühen.

Die nächste Zukunft von Osiris

Die etwa sechs Meter lange und 2.100 Kilogramm schwere Osiris-Rex-Sonde hat schon wieder neue Aufgaben zugeteilt bekommen. Sie soll nach dem Abwurf direkt weiterfliegen zum nächsten Asteroiden, diesmal zu Apophis. Der Asteroid mit einem Durchmesser von rund 370 Metern wird 2029 Berechnungen zufolge in rund 32.000 Kilometer Entfernung an der Erde vorbeifliegen und könnte so erstmals aus der Nähe erforscht werden. Osiris-Rex bekommt für die Anschlussmission auch einen neuen Namen: Osiris-Apex.

Auch der tiefschwarze Bennu, benannt nach einer antiken ägyptischen Gottheit, könnte uns in fernerer Zukunft noch einmal beschäftigen: Er wird der Erde in gut 150 Jahren recht nahe kommen. Auch wenn das Einschlagrisiko sehr gering ist, zählt die Nasa Bennu zu den gefährlichsten derzeit bekannten Asteroiden – und will ihn auch deshalb ganz genau erforschen. (APA, dpa, tasch, 24.9.2023)