Gott sei Dank, jetzt haben auch die Frauen ihre Nations League. Die dürren Monate ohne ernsthafte Herausforderungen für das österreichische Team sind vorbei. Bei ihrem ersten Bewerbsspiel nach ziemlich genau einem Jahr trotzen unsere Kickerinnen Norwegen in Oslo ein 1:1 ab. Das ist nicht nichts, gehören die Norwegerinnen doch zumindest zu Europas gehobener Mittelklasse.

Bevor wir uns dem Spiel widmen, noch ein Wort zur Women's Nations League. Wie nicht anders zu erwarten war, ist es bei den Frauen wieder einmal komplizierter und umständlicher. Und nein, das ist kein alberner Kalauer auf Kosten der Frauen, sondern zielt auf die – vermutlich – alten, weißen Organisationsgenies bei der Uefa. War die letzte WM-Qualifikation ohne Mathematikstudium schon sehr schwer zu verstehen, geht's jetzt bei der Nations League munter weiter. Da bleiben jetzt nur die beiden Erstplatzierten in der Liga, die Dritte muss schon Relegation spielen und wie das dann in Verbindung mit der Euro-Qualifikation funktionieren soll, da rechnet aktuell noch eine künstliche Intelligenz herum. Auf eine natürliche Intelligenz wird bei der Uefa offenbar weitgehend verzichtet. Wenn du einen Sport etablieren willst, dann mach die Rahmenbedingungen für die Fans möglichst schwer zu durchschauen. Das pfeift!

Zeichnung der Fußballerin Graham Hansen
Ganz gehörig wirbelte der Superstar des FC Barcelona, Caroline Graham Hansen, bei den Norwegerinnen, blieb am Ende aber auch glücklos.
Foto: tschuttiheft.li/Enid Glanzmann

Die erste Halbzeit

Doch jetzt zum Spiel. Müsste man einen Januskopf erklären, gäbe es kein besseres Beispiel dafür als den Auftritt unseres Teams in Norwegen. In der ersten Halbzeit trafen alle Befürchtungen, die Ihr Chronist im Vorfeld gehegt hatte, ein. Nach der äußerst attraktiven WM im Sommer, wo man einen eklatanten Sprung punkto Dynamik, Technik und Taktik im Frauenfußball beobachten konnte, war die Angst groß, dass die Österreicherinnen in ihrem bewerbslosen Jahr den Anschluss verlieren könnten. Und so war es auch!

Man hatte das Gefühl, dass unsere Spielerinnen der gehobenen europäischen Mittelklasse im buchstäblichen Sinn hinterherliefen. Doch die Göttin des Spielverlaufes war diesmal auf unserer Seite. Bereits in der dritten Minute vergaben die Norwegerinnen einen Elfmeter, im Anschluss rollten wütende Angriffe auf das Tor von Manuela Zinsberger, die Österreicherinnen kamen kaum über die Mittellinie. Offenbar verschwisterte sich die Göttin des Spielverlaufs mit der Glücksgöttin, denn in der Pause stand es nur 1:0 für Norwegen und das war noch das Beste, was man zu diesem Zeitpunkt über dieses Spiel sagen konnte.

Ein Traumtor zum Unentschieden

Dann kam die zweite Halbzeit! Vom Anstoß weg übernahmen die Österreicherinnen das Kommando und bereits in der 47. Minute klopfte Sarah Puntigam mit einem satten Weitschuss an der Latte des Heimtores an, als wollte sie sagen: "Hergehört! Ab jetzt spielen wir mit!" Und das taten sie. Das Spiel hatte den Charakter komplett verändert. Trotzdem dauerte es bis zur 71. Minute, bis die eingewechselte Eileen Campell mit einem Traumtor, von der Strafraumgrenze ins Kreuzeck, den Ausgleich herstellte. Danach drängten die Unsrigen noch ein paar Minuten weiter, bis ihnen offenbar – durch die Gewaltanstrengung in der zweiten Hälfte – ein wenig der Sprit ausging. Die Norwegerinnen bemerkten das sofort, befreiten sich aus der österreichischen Umklammerung und bei zwei Lattenschüssen in der Schlussphase des Spiels hatten die Österreicherinnen noch einmal gehörig Glück. Danach durften sie glücklich und erschöpft einen Punkt mit nach Hause nehmen.

Auf den Lorbeeren ausruhen gibt es aber nicht, denn bereits am Dienstag steht das nächste Spiel im Bewerb auf dem Programm. Und da kommt Frankreich – und die sind schließlich absolute europäische Oberklasse! (Gerald Simon, 25.9.2023)