Petra Ott Katzencoach Katzenexpertin Katzenverhaltensexpertin Katzenpsychologin mit Klient und Katze im Bild
Petra Ott (links) analysiert das Verhalten von Katze und Besitzer.
Foto: Heribert Corn

Ein Tier zu halten läuft nicht immer problemlos ab. Mal miaut die Katze in der Nacht, ein andermal frisst sie zu wenig, knabbert an der Couch oder beschließt, die Wohnung als Katzenklo zu benutzen. Für solche Fälle gibt es die Katzenverhaltensexpertin Petra Ott. Sie erarbeitet mit den Katzenbesitzern Maßnahmen, um die felinen Probleme zu lösen.

STANDARD: Wie viele Katzen haben Sie bereits gecoacht?

Petra Ott: Ich habe etwa 8.000 Katzen im gesamten deutschsprachigen Raum betreut. Tiere aus den USA und Malaysia waren auch schon dabei. Ich allein betreue im Monat circa 50 Katzen, mein Team nochmal 100 bis 150 Katzen. Man führt Gespräche mit den Besitzern und macht Hausbesuche.

STANDARD: Katzenpsychologin darf ich Sie aber nicht nennen?

Ott: Oh Gott, nein. So darf ich mich in Österreich nicht bezeichnen. Ich bin Katzencoach, aber eigentlich coache ich die Menschen. Das hören die Leute aber nicht gerne (lacht). Es geht darum, dass sie ihre Katzen besser verstehen.

STANDARD: Für viele Menschen sind ihre Katzen ja wie Kinder …

Ott: Meine Katzen sind meine Kinder, da bin ich ehrlich. Sie sind in vielen Fällen auch Partnerersatz.

STANDARD: Dann ist nachvollziehbar, dass Schuldgefühle aufkommen, wenn Probleme auftreten.

Ott: Die Besitzer machen ja nicht absichtlich Fehler. Es ist nicht unsere Aufgabe, ihnen Schuldgefühle zu vermitteln. Die Katzenhalter sind verzweifelt, wenn sie uns rufen. Sie wollen die Situation verbessern.

STANDARD: Warum suchen viele Ihre Hilfe erst spät auf?

Ott: Man muss sehr viel von sich preisgeben, sich nahezu nackt machen. Das ist für viele Katzenbesitzer eine Hemmschwelle.

STANDARD: Womöglich hemmen auch die Kosten. Was verlangen Sie für Ihre Hilfe?

Ott: Ein Hausbesuch kostet 80 Euro die Stunde plus Anfahrtsweg. Eine Online-Beratung dauert meist eine halbe Stunde, da sind wir bei 40 Euro. Es gibt dann noch Nachkontrollen, beispielsweise muss man bei den Maßnahmen nachjustieren. Wir wollen die Halter mit den Infos ja nicht erschlagen und dann ganz alleine lassen.

STANDARD: Welche Services bieten Sie als Katzencoach an?

Ott: Beratung, entweder persönlich vor Ort, online oder per Telefon. Wir bieten Katzensitting an, wenn man beispielsweise auf Urlaub fährt. Außerdem führen wir noch eine Katzenschule – für Menschen, die den Beruf ausüben wollen. Wir geben in einem Verlag Bücher heraus, und im Herbst wollen wir eine App launchen, einen Online-Katzencoach.

STANDARD: Eine App für Katzen?

Ott: Die Leute haben immer weniger Geld, nicht jeder kann sich einen Katzencoach leisten. Ich bin jetzt 51, mir ist es wichtig, mein Wissen weiterzugeben. Nämlich auch so, dass es sich jeder leisten kann. Die App funktioniert mit einem Algorithmus, der auf die eigene Katze zugeschnitten ist. Rasse, Alter, Krankheiten, das ist alles da drinnen. Habe ich ein akutes Problem, zum Beispiel eine schreiende Katze, dann sagt mir die App, wie ich das lösen kann. Man bekommt erste Hilfe, einen individuellen Plan für zu Hause.

STANDARD: Wann werden Sie um Hilfe gerufen?

Ott: Grundsätzlich werde ich immer gerufen, wenn Verhaltensproblemen auftreten. Diese Auffälligkeiten resultieren daraus, dass die Katze Stress hat: mit dem Menschen, mit der Umgebung, mit anderen Katzen, mit einem Umzug.

STANDARD: Wer meldet sich bei Ihnen?

Ott: Wir besuchen 25 Quadratmeter kleine Wohnungen bis hin zu 5.200 Quadratmetern große Villen. Wir betreuen Menschen, die gar nichts für die Katze in der Wohnung haben, weil sie glauben, sie brauchen nichts für das Tier. Andere haben alles – und trotzdem funktioniert die Beziehung zur Katze nicht.

STANDARD: Aber was brauche ich für eine Katze wirklich?

Ott: Wenn man die Grundbedürfnisse abdeckt, ist man schon auf dem richtigen Weg. Die Katze braucht genug zum Essen, einen Platz zum Schlafen und Beschäftigung. Erhöhte Flächen im Wohnraum sind auch wichtig. Dann kommt es darauf an, ob es noch andere Artgenossen oder Hunde in der Wohnung gibt. Und wie ich auf die Katze reagiere. Wenn das nicht passt, beginnt sie zu motschgern oder im schlimmsten Fall zu beißen.

STANDARD: Benötige ich 20 Spielzeuge für die Katze?

Ott: So viele brauche ich nicht unbedingt. Aber wenn man einige Mäuse oder Bälle herumliegen hat, tut das der Katze gut. Katzenminze verleiht einen guten Vibe. Außerdem gibt es Spielzeuge, die wie Angeln aussehen und den Jagdinstinkt der Katze bedienen. Die Katze kann jagen, und man selbst befindet sich im Abstand zu ihr und lässt sie spielen. Das ist wie mit Kindern im Park. Wenn denen fad ist, rutsche und hutsche ich mit ihnen.

STANDARD: Sind Laserpointer zu empfehlen?

Ott: Laserpointer sind für Katzen auch gut – mit Ausnahme epileptischer Tiere, die einen Anfall bekommen. Ansonsten sollte man maximal drei Minuten damit spielen, mit Beutefang und Leckerli. Auch wenn die Katze noch so crazy drauf ist und eine Stunde jagen will, weil der Jagdinstinkt so groß ist.

Petra Ott Katzencoach Katzenexpertin Katzenverhaltensexpertin Katzenpsychologin mit Klient und Katze im Bild
Ja, man kann zu viel mit der Katze spielen, sagt die Katzenexpertin.
Foto: Heribert Corn

STANDARD: Wie merke ich als Besitzer, ob meine Katze Probleme hat?

Ott: Katzen sind von ihrem Gehabe her und in ihren Bewegungen sehr sanft. Wenn das nicht der Fall ist, kann ein Problem vorliegen. Wenn das Tier nicht aufs Katzenklo geht, stimmt irgendetwas nicht. Dadurch signalisiert sie uns "Hilf mir!". Oder wenn sie autoaggressiv ist. Katzen kratzen sich das Fell bis zum Fleisch herunter, jagen ihrem Schwanz nach, lecken ihren Bauch und ihre Füße kahl. Aber auch, wenn sie nicht nur Katzennahrung, sondern auch Stofftiere oder Schnürsenkel essen. Das nennt man Pica-Syndrom. Wenn man merkt, dass die Katze Anfälle hat, ihren Kopf schüttelt, das Fell die ganze Zeit zuckt, der Schwanz peitscht – das alles würde ich als starke Verhaltensauffälligkeiten bezeichnen. Aber einer Katze geht es auch nicht gut, wenn sie dauernd ängstlich ist, unter dem Sofa kauert, große Pupillen hat. Oft kann man ein Problem schon beim ersten Coaching-Termin beheben. Sollte es nicht am selben Tag gelöst werden, dauert es meist nur wenige Wochen. Oft leiden die Katzenbesitzer ja auch unter dem Verhalten der Tiere. Sie können zum Beispiel nicht schlafen, wenn die Katze die ganze Nacht schreit.

STANDARD: Oder die Wohnung anludelt.

Ott: Oder das. Und man ist verzweifelt, die Menschen beginnen zu streiten, es kommt zu Spannungen untereinander. Der eine will die Katze weggeben, und der andere bringt das nicht übers Herz.

STANDARD: Aber was sind die Gründe für solche Verhaltensauffälligkeiten?

Ott: Stellen Sie sich vor, wir zwei ziehen in eine WG. Sie haben spezielle Essgewohnheiten, und ich halte es nicht aus, wenn immer das Fenster offen steht. Das sind nur Kleinigkeiten. Der Stress löst unterschiedliche Dinge aus. Sie beginnen, sich an den Nägeln zu beißen, und ich beginne, mich permanent zu übergeben. Wir haben denselben Stress, aber er zeigt sich bei jedem anders. Ich schaue, was dafür der Auslöser sein könnte.

STANDARD: Reicht dazu ein Blick auf die Katze? Oder doch den Menschen?

Ott: Ich mache das ja schon zehn Jahre. Ich weiß meist schon nach drei Sätzen, um welches Problem es geht. Das bestätigt sich dann beim Hausbesuch.

STANDARD: Woran erkenne ich, dass meine Katze gestresst ist?

Ott: An der Schwanzhaltung. Das hört sich immer komisch an, wenn ich Männern und Frauen erkläre, dass wir über die Schwanzhaltung reden (lacht). Aber das ist der emotionalste Parameter der Katze. Der Schwanz sollte grundsätzlich immer ruhig von der Katze wegstehen. Sobald ich merke, der Schwanz zuckt oder tippt, weiß ich, dass irgendetwas nicht stimmt. Und je intensiver die Haltung und je schneller und ausladender die Bewegung ist, desto ärger ist sie gestresst.

STANDARD: Woran merke ich, dass es ihr gutgeht?

Ott: Oft sagen die Katzenhalter, meiner Katze ist fad oder sie ist traurig. Wenn die Katze ganz entspannt irgendwo sitzt, die Ohren nach vorne gerichtet hat, die Schnurrbarthaare seitlich stehen und der Schwanz liegt ab, dann hat man die perfekte Katze zu Hause. Ich sage dazu immer meditativer Yogalehrer.

STANDARD: Was ist das Wichtigste für eine gute Mensch-Tier-Beziehung?

Ott: Natürlich, dass man Katzen liebt. Und dass man sie versteht. Damit meine ich die Körpersprache. Katzen sprechen von den Schnurrbarthaaren bis zur Schwanzspitze. Wenn ich als Katzenhalter schon im Vorfeld erkenne, wann sie in Ruhe gelassen werden will, wie sie gerade drauf ist, ob sie Stress hat, kann ich viel besser reagieren. Eine intensive Beschäftigung hilft. Damit meine ich nicht das Spielen, sondern sich einmal am Tag zehn Minuten hinzusetzen und die Katze gezielt im Fokus zu haben. Wir machen solche Dinge zu oft nebenbei. Und ja, geduldig sein. Viele haben Angst, wenn etwas nicht funktioniert. Das spürt die Katze.

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Eine ruhige Katze ist eine glückliche Katze.
Foto: Heribert Corn

STANDARD: Kann ich einer Katze zu viel Aufmerksamkeit schenken?

Ott: Ja. Wir lieben sie ja, und so soll's auch sein. Und wir wollen für die Katzen nur das Beste. Man redet die ganze Zeit mit ihnen, streichelt sie andauernd, gibt ihnen Leckerlis. Für manche Katzen mag das gut sein, aber manche Katzen reagieren darauf negativ. Es gibt zum Beispiel hundeartige Katzen, die dem Menschen etwas zurückgeben wollen. Sie geraten dann unter Stress. Es ist auch schlecht, Katzen überzubeschäftigen. Ich hatte Klienten, die zwei, drei Stunden mit ihrer Katze spielen. Das ist eine Katastrophe, das ist zu viel. Lieber zweimal täglich zehn Minuten, nicht länger.

STANDARD: Muss ich mehrere Katzen halten?

Ott: Besser ist es. Manche Katzen tolerieren sich nur, andere kuscheln gerne zusammen und brauchen den Menschen ausschließlich als Dosenöffner. Wenn man viel unterwegs ist, weiß man, dass die zwei Viecherle sich beschäftigen und miteinander zu Hause glücklich sind.

STANDARD: Man sagt immer, dass man vom Hund auf den Halter schließen kann. Ist das bei der Katze ähnlich?

Ott: Man erkennt die Zusammengehörigkeit oft an den Haaren. Haben die Besitzer schwarze Haare, haben sie eine schwarze Katze. Sind sie blauäugig, dann präferieren sie Katzen mit blauen Augen. Natürlich nicht generell. Oft aber spiegeln sich die Katzenhalter in den Tieren wider. Eine Klientin hatte ein Problem mit ihrer Katze. Das Tier kam dauernd zu ihr, sie dachte, sie müsse sie streicheln. Dabei wollte die Katze nur angestupst werden. Das Streicheln hat die Katze verrückt gemacht. Ich habe der Klientin erklärt, dass das vergleichbar sei mit einem Mitbewohner, der sie permanent angreife. Darauf reagierte sie schockiert und sagte, dass sie das ganz schlimm fände.

STANDARD: Spiegeln Katzen unsere Persönlichkeit wieder?

Ott: Ich sag's, wie es ist. Katzen sind echte Therapeuten. Ich habe oft mit Menschen zu tun, die Probleme mit ihren Katzen bekommen, weil die Tiere ihre Emotionen so stark aufnehmen. Ob das ein Burn-out ist oder Stress in der Arbeit, die Katzen reflektieren das.

STANDARD: Auf Tikotk gibt es Videos, die vorführen, wie man mit Katzen sprechen kann. Funktioniert das wirklich?

Ott: Katzen verstehen Menschen viel schneller als umgekehrt. Sie verstehen rasch, wenn wir lächeln oder eine positive Körperhaltung haben. Die Katze kann ja kein Deutsch. Wenn wir mit ihr reden und sie eine Belohnung bekommt, wird sie natürlich darauf konditioniert, zu uns zu kommen.

STANDARD: Sind Katzen eigensinnig?

Ott: Wenn Katzen zum Menschen kommen, dann aus eigenem Antrieb. Ein Hund hingegen muss in der Nähe des Menschen sein, er braucht dieses Rudelverhalten. Wenn die Katze nicht bleiben möchte, geht sie. Das macht sie vielleicht zu einem eigensinnigen Charakter.

STANDARD: Sind Katzen bessere Haustiere als Hunde?

Ott: Es geht eher um die Bedürfnisse des Menschen im Verhältnis zum Tier. Kann und will ich die Zeit für einen Hund aufbringen? Mit ihm muss ich mindestens dreimal am Tag raus. Wenn ich täglich 12 Stunden arbeite, wird es schwer, das ohne Hundesitter zu bewerkstelligen. Man muss schließlich bei Tag und Nacht bei jedem Wetter raus. Das muss bei der Katze wegen des Katzenklos nicht sein. Ob der Hund auf der Couch liegt oder die Katze, ist egal. Das kommt auf den Lebensstil des Menschen an.

STANDARD: Warum haben Sie angefangen, Katzen zu coachen und keine Hunde?

Ott: Eigentlich wollte ich Hunde coachen. Ich habe den Kurs für den diplomierten Hunde- und Katzencoach absolviert. Während meiner Praktikumszeit in den Tierheimen und der Tierklinik habe ich gesehen, wie viele Katzen eingeliefert, abgegeben, getötet werden, weil sie verhaltensauffällig sind. Ich habe mich dann intensiv mit der Körpersprache beschäftigt. Ich wollte mich für die Katzen einsetzen. Das war Pionierarbeit. Alle haben damals gemeint, kein Mensch brauche einen Katzencoach. Dabei braucht jedes Lebewesen eine Anleitung, ob das jetzt ein Kind, ein Hund oder eine Giraffe ist. Damit man ihnen helfen kann, damit es ihnen besser geht. Und die Katze war halt meins.

Petra Ott Katzencoach Katzenexpertin Katzenverhaltensexpertin Katzenpsychologin mit KLient und Katze im Bild
Oft hilft ein Besuch des Katzencoachs, um die meisten Probleme zu lösen.
Foto: Heribert Corn

STANDARD: Erkennen Sie auf der Straße Katzen- und Hundemenschen?

Ott (lacht): Nein, außerdem gibt es so viele Mischformen. Ich mag ja auch Hunde. Wenn ich einen Hund sehe, werden meine Knie weich. Meine Mutter explodiert regelrecht vor Emotionen, wenn sie einen Hund sieht. Katzen sind ihr egal.

STANDARD: Wie hätten Sie mich eingeschätzt?

Ott (zögert): Als Hundemensch. Ich schätze Sie als dynamisch ein. Hundemenschen wirken nach außen hin extrovertiert, wirken nicht so zurückgezogen, reden auch gerne mit anderen Hundebesitzern. Wir Katzenmenschen sind ein bisschen schrulliger, wir sind gerne für uns.

STANDARD: Was war Ihr härtester Fall?

Ott: Wir haben ein Dreivierteljahr lang versucht, eine Katze mit zwei anderen in einer Wohnung zusammenzuführen. Die Tiere wollten sich die Rangordnung auf brutale Weise ausmachen. Ich konnte mit dem Training nichts ausrichten, die drei konnten sich in ihrem Revier nicht riechen. Das kommt extrem selten vor, aber da fließt dann sogar das Blut. Ich habe dann die Reißleine gezogen. Die Situation war unerträglich für Mensch und Katzen. Die neue Katze wurde schlussendlich weggegeben. (Kevin Recher, 30.9.2023)