Ingo Metzmacher
Ingo Metzmacher im kontrollierten Rausch der Moderne.
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Wien – Ob das Zeitgenössische einer speziellen Vermittlung bedarf, wird gerne diskutiert. Stücke im Konzert zweimal erklingen lassen, um Vertrautheit herzustellen? Eloquente verbale Einführungen plus Anspielen von Teilstrukturen vor dem eigentlichen Erklingen? Andererseits: Muss ein Werk nicht durch sich selbst – ohne Nachhilfeunterricht – unmittelbar überzeugen? Die Veranstalter beantworten die Fragen individuell.

Das Klangforum Wien etwa hat nun im Wiener Konzerthaus bei seinem Zyklus Leuchtende Horizonte auf eine Art postkonzertantes "Get-together" gesetzt. Also: Nach dem Konzert ist vor Tutti. Damit ist die Einladung zu Imbiss und Plausch mit den Musikerinnen und Musikern des Abends gemeint. Diesfalls brachte es Dirigent Ingo Metzmacher in Buffet- und Publikumsnähe.

Extrovertierte Bläserwelt

Nach einem so dichten, im Mozartsaal absolvierten Programm wäre nur zu verständlich gewesen, hätte sich Metzmacher zurückgezogen. Der Dirigent, der im Sommer bei den Salzburger Festspielen Verdis Oper Falstaff geleitet hatte, erzählte aber vom finalen Stück des Abends, betonte die Zeiten überdauernde Vitalität von Helmut Lachenmanns Mouvement (– vor der Erstarrung) aus dem Jahre 1984.

In der Version des Klangforums lebte das ungewöhnliche Spieltechniken fordernde Werk als dichtes Puzzle aus perkussiven Rufzeichen, staccato herauspointierten Statements und kollektiven Kulminationen auf. Es war frappant, wie konzentriert hier aber auch die Stilwechsel bewältigt wurden. Der extrovertierten Bläserwelt eines Edgard Varèse und dessen Intégrales folgte das auf aphoristische Knappheit der Aussage angelegte subtile Werk Anton Weberns – nicht nur in Form der Fünf Stücke für Orchester op. 10. Die souveräne Sopranistin Laura Aikin gab einige Lieder Webers.

Was sie an lyrischer Klangkultur etwa im Morgenlied (aus Fünf geistliche Lieder) andeutete, kam prachtvoll in Dallapiccolas Commiato zum Tragen. Eine postkonzertante Erklärung des Werkes wäre unnötig gewesen. (Ljubisa Tosic,26.9.2023)