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Ein Papier des Meinungsforschungsinstituts Sora erreichte die falschen Adressaten. Darin geht es um mögliche politische Strategien der SPÖ und ein rotes Regierungsteam.
APA/ROLAND SCHLAGER

Unbeabsichtigt ist am Dienstag ein Papier geleakt worden, das sich der künftigen Aufstellung und Strategie der SPÖ widmet. In der Unterlage, die zuerst dem "Kurier" und der APA zugespielt wurde, wird ein Schattenkabinett für Parteichef Andreas Babler entworfen. Prominentester Kopf darin ist Medienmanager Gerhard Zeiler als Finanzminister. Die SPÖ bestätigte am Abend die Authentizität der Unterlagen, es handle sich aber um kein Parteipapier, sondern um eine ohne Auftragsverhältnis erstellte Präsentation des Sora-Insitituts.

Video: SPÖ-Papier geleakt - Unangenehme Folgen für Sora
APA/bes

Die Präsentation habe Sora-Sozialforscher Günther Ogris ohne Auftrag der Partei erstellt und am Montag Babler vorgestellt, um so um einen Auftrag für eine Beratung zu werben, erklärt eine SPÖ-Sprecherin. Ogris habe seit einiger Zeit um einen Termin angesucht, heißt es aus der SPÖ. Am Montag sei es zu einem Treffen gekommen. Dort habe der Sozialforscher seine Arbeit präsentiert. Aus Zeitmangel habe man nicht die ganze Präsentation durchgeackert. Am Dienstag sollte daher die Unterlage der SPÖ per Mail übermittelt werden, wurde aber fälschlicherweise an einen falschen Verteiler mit rund 800 Empfängern versandt.

Ogris arbeite "seit Jahrzehnten neben seiner sozialpolitischen Forschung und Wahlforschung auch an strategischen Modellen", heißt es in einer Stellungnahme von Sora an den STANDARD. "Bei der nun veröffentlichten Unterlage handelt es sich um eine persönliche Hypothesensammlung und Vorversion einer Gesprächsunterlage von Günther Ogris mit persönlichen Überlegungen für eine eventuelle Beratungstätigkeit, die nicht zur Veröffentlichung bestimmt war. Es besteht dazu auch kein Auftrag der SPÖ." Dass Institute wie Sora – mit 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – sowohl in der Analyse als auch in der Beratung tätig sind, sei international Standard, heißt es. Und: "Manche tun das unter einem Dach, manche organisatorisch getrennt. Bei Sora wird derzeit an einer schon länger überlegten strukturellen Trennung von öffentlicher Forschung und Beratungsleistungen gearbeitet."

Storytelling für alle Parteien

In dem Strategieentwurf werden drei Ziele für die Nationalratswahl formuliert: Die SPÖ wird stärkste Partei, die SPÖ wird stärkste Partei links der Mitte und eine Ampel-Mehrheit wird erreicht, um eine Regierung ohne ÖVP und FPÖ zu ermöglichen. Als Strategie soll die SPÖ demnach die "Hoffnung auf Erlösung" schüren, indem die "depressive Stimmung und Erschöpfung" betont wird und dass "die ÖVP blockiert". Das Image der Neos soll Richtung ÖVP gedrängt werden, damit sie "von der ÖVP Stimmen gewinnt und nach links Stimmen verliert".

Gleichzeitig soll das Kanzler-Image von Babler gestärkt werden. Dabei wird insbesondere auf das "Charisma der Nähe" des Traiskirchner Bürgermeisters gesetzt: "Er liebt die Menschen, er ist gern unter Menschen, er fühlt sich ihnen nahe und verbunden." Der "Story-Frame" laut dem Papier: "Liebe statt Hass = Babler statt Kickl". Teil des Schattenkabinetts ist neben Zeiler auch Volkshilfe-Chef Erich Fenninger, der für Soziales zuständig sein soll, sowie Vizeklubobfrau Eva Maria Holzleitner für Frauen. In dem Strategiepapier wird Babler auch vorgeschlagen, wie er "offensiv" auf kritische Fragen antworten könnte, etwa ob er ein Marxist oder gegen die EU sei. (APA, red, 26.9.2023)