Wien – Am Dienstag kündigte der Zeitungsverband VÖZ den Journalismus-Kollektivvertrag für Tages- und Wochenzeitungen auf: Es brauche eine Reform des Kollektivvertrags, "damit dieser künftig den Anforderungen des heutigen globalen, digitalen Medienmarkts entspricht und den Medienhäusern verlegerischer Herkunft die fortschreitende digitale Transformation ermöglicht", so die Argumentation der Verleger – der Kollektivvertrag in der derzeit gültigen Form bilde diese Realitäten nicht ab.

Der VÖZ will, dass der Journalismus-KV den "herrschenden Gegebenheiten" angepasst wird.
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Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, sieht in dieser Kündigung einen "Affront gegenüber den Beschäftigten", die Journalistengewerkschaft fordert vom VÖZ, die Kündigung "umgehend zurückzunehmen".

VÖZ-Argumentation mache "keinen Sinn"

"Niemand will sich das, was die Arbeitgeber jetzt aufgeführt haben, sang- und klanglos gefallen lassen", sagte Teiber im Ö1-"Morgenjournal" am Mittwoch. "Kampfmaßnahmen jeglicher Art sind durchaus möglich", erklärte auch der Vorsitzende der Journalismusgewerkschaft, Eike Kullmann, am Dienstag dem STANDARD.

Der VÖZ argumentiert, dass die Kündigung des Kollektivvertrags auch für den Erhalt der Medienvielfalt notwendig sei. "Diese Argumentation macht keinen Sinn", sagte dazu Medienberater Andy Kaltenbrunner im Ö1-"Morgenjournal" am Mittwoch, das sei "Neusprech". "Dass zwei Partner, die es derzeit schwer haben – Journalistinnen und Journalisten und die Zeitungsverleger –, in einen Konflikt gehen, scheint mir doch sehr widersinnig zu sein."

"Unfreundlicher Akt" und Hilferuf

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian geht wie berichtet davon aus, "dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist" und der VÖZ diese Kündigung zurücknimmt. Wie stehen die Chancen dafür? Kaltenbrunner hält das für durchaus möglich, er gehe "fast davon aus".

Er sehe die Kündigung des Journalismus-KV durch den VÖZ zwar als "einen in Österreich unüblichen, sozialpartnerschaftlich unfreundlichen Akt, aber auch als einen Hilferuf". Kaltenbrunner: "Wenn zwei mit dem Rücken zur Wand stehen, ist es plausibel, dass sie irgendwann wieder in die Mitte des Raumes kommen und sich an einen Tisch setzen. Das halte ich für sehr wahrscheinlich." (red, 27.9.2023)