Joe Biden spricht mit Megaphon zu Streikenden
Solidarisch mit streikenden Arbeiterinnen und Arbeitern: US-Präsident Joe Biden.
APA/AFP/JIM WATSON

In den USA fand am Dienstagabend in Michigan eine Premiere statt: Erstmals schloss sich ein amtierender US-Präsident einem Streikposten an. Joe Biden stellte sich demonstrativ zwischen die streikenden Arbeiter in der Autobranche und schloss sich deren Forderung von 40 Prozent mehr Lohn über vier Jahre an. "Ihnen steht zu, was Sie verdient haben", sagte er vor einem Verteilerzentrum von General Motors in Belleville. "Und Sie haben verdammt viel mehr verdient, als Sie jetzt bekommen," polterte Biden vor den Kameras.

Damit kam er dem Ex-Präsidenten Donald Trump zuvor, der am Mittwoch bei einem Streik in Detroit erwartet wurde. Auch Biden kann Populismus. Und er hat offenbar verstanden, dass sein größtes politisches Problem im Wahlkampf die hohe Inflation und die wirtschaftlichen Probleme der Arbeiterklasse und der schrumpfenden Mittelschicht sind.

Zwar wurden wichtige politische Maßnahmen zur Bekämpfung der zunehmenden Ungleichheit in den USA von ihm vorangetrieben. Die Unterstützung von Gewerkschaften und Arbeitnehmerrechten zählt Biden zu Pfeilern seiner Wirtschaftspolitik. Dennoch hat der Präsident bisher nicht davon profitieren können.

Sich nun an der Seite der Arbeiter gegen die Marktmacht der – in diesem Fall wieder prosperierenden – Industrie und gegen die Gier der Unternehmen zu stellen, könnte sich als kluger, nachhaltiger Schachzug erweisen. (Manuela Honsig-Erlenburg, 27.9.2023)