Nichte wirft Maximilian Schell sexuellen Missbrauch vor, als sie 14 war
Der Schauspieler Maximilian Schell habe seine Nichte Marie Theres Relin "missbraucht, verführt, entjungfert", schreibt diese in dem Buch.
imago stock&people

Die Nichte des 2014 verstorbenen Schauspielstars Maximilian Schell erhebt in einem neuen Buch schwere Vorwürfe gegen ihren Onkel. Er soll sie als Jugendliche sexuell missbraucht haben, so Marie Theres Relin, selbst Schauspielerin und Tochter der Schauspielerin Maria Schell (1926–2005), in dem dieser Tage erscheinenden Buch "Szenen keiner Ehe". Relin hat es gemeinsam mit ihrem Ex-Mann, dem Regisseur Franz Xaver Kroetz, verfasst. Während eines gemeinsamen Urlaubs auf Teneriffa wollten beide zwei Wochen lang aufschreiben, was ihnen durch den Kopf ging. Auf dreieinhalb Seiten äußert Relin ihre Vorwürfe.

"Ich wurde als Vierzehnjährige von meinem Onkel sexuell missbraucht, verführt, entjungfert – ohne Gewalt, aber gegen meinen Willen", heißt es da. Ihrer berühmten Mutter räumt Relin eine Mitschuld ein: "Meine Mutter in ihrer dämlichen Männerverehrung hatte die pädophilen Neigungen sozusagen gefördert." Schon als sie ein "kleines Mädchen" gewesen sei, hätte Maria Schell nämlich ihren Bruder "selbstverständlich" ins Bad geschickt, wenn die Tochter in der Badewanne gesessen sei. Maximilian Schell (geboren 1930) habe sich dann an den Rand gesetzt, Geschichten erzählt "und ließ ab und an die Hand ins Wasser gleiten".

Angst und "Schockstarre"

Relin (geboren 1966) mochte Maximilian Schell und hat öfter bei ihm zu Hause übernachtet, wie sie schreibt. Doch: "Irgendwann öffnete sich die Tür und ein Lichtstrahl fiel durch den Spalt. Mein Onkel stand im Bademantel da und setzte sich an meinen Bettrand. Er fing an, mich zu streicheln, seine Hand rutschte langsam in Richtung meiner Schenkel." Erst habe sie sich schlafend gestellt, als sie dann in Angst so getan habe, als wache sie auf, habe ihn das allerdings nicht aufhören lassen. "Seine Hand glitt zwischen meine Schenkel. Ich war wie paralysiert, wusste ich doch, dass ich allein in der Wohnung mit ihm war. Seine Zärtlichkeiten waren ekelhaft." Und weiter: "Meine Angst verstand er als meine Erregung. Der schwere alte Mann legte sich auf meinen blutjungen Körper. Ich wusste nicht, wie mir geschah. Er führte sein – kleines – Glied ein. Ich wehrte mich nicht, ich war wie tot. Schockstarre." Weiters heißt es im Buch: "Es ging ihm ums 'Erlegen', viele Bambis in seinem Bett. Je jünger, desto besser."

Nichte wirft Maximilian Schell sexuellen Missbrauch vor, als sie 14 war
Marie Theres Relin ist selbst Schauspielerin und etwa aus Rosamunde-Pilcher-Produktionen bekannt.
dtv / Detlev Schneider

Sie habe lange niemandem davon erzählen können, schreibt Relin nun. Denn ihre Mutter Maria Schell hätte ihr nicht geglaubt und "sich vehement gewehrt, wenn jemand mit spitzen Fingern ein Schmutztuch über der Familie ausbreiten würde", mutmaßt sie: "Sie hätte auf Beweisen bestanden oder gar in mir eine Lolita vermutet." Erst mit dem Tod Maximilian Schells habe sie begonnen, über das Erlebte mit wenigen Menschen zu sprechen. "Im Grunde habe ich mich selbst verleugnet – um des Friedens willen." Und das, obwohl sie immer Frauen aufgefordert habe, sich gegen häusliche Gewalt und sexuellen Missbrauch zu wehren.

Relin ist bekannt aus Film- und TV-Produktionen wie "Das Geheimnis der Hebamme", "Rosamunde Pilcher", "Lena Lorenz" oder "Watzmann ermittelt", engagiert sich für Integrations- und Frauenprojekte und hat 2011 das Buch "Meine Schells: Eine Familie gesucht und mich gefunden" über ihre Familie geschrieben.

Witwe von Schell äußert sich zu Vorwürfen

"Ich kann wirklich nur so viel dazu sagen, dass ich Maximilian nur die letzten sieben Jahre seines Lebens gekannt und geliebt habe", sagt die deutsche Sopranistin Iva Schell und Witwe von Maximilian Schell im Gespräch gegenüber der "Krone". Sie habe in dieser Zeit keinerlei solcher Dinge "gehört, erlebt, beobachtet", auch wäre ihr Derartiges nie zugetragen worden.

"Ich selbst wurde nie zu etwas gezwungen oder hätte das Gefühl gehabt, wenn ich zu etwas Nein gesagt hätte, hätte es in irgendeiner Art und Weise Konsequenzen für mich gehabt. Aber natürlich kann ich zu einem vermeintlichen Missbrauchsfall, der vor 43 Jahren passiert sein soll, nichts und vor allem nichts zum Wahrheitsgehalt sagen." Weiters fände es die 45-Jährige problematisch, mit diesen Anschuldigungen "nach so vielen Jahren, wenn der Beschuldigte bereits seit zehn Jahren verstorben ist, sich nicht mehr wehren kann und gleichzeitig die Promotion für ein neues Buch gestartet wird", an die Öffentlichkeit zu gehen. (red, 27.9.2023)