Die Schaltung stammt aus Indonesien, die Bremse kommt aus China, der Rahmen wird in Taiwan geschweißt. Fahrräder sind ein Paradebeispiel weltumspannender arbeitsteiliger Fertigung. Montiert wird je nach Preisklasse: die günstigen in Asien, die teureren Markenräder in Europa. In Tschechien, Polen, Rumänien, Portugal – aber auch in Österreich – wird zusammengebaut, was über tausende Kilometer auf dem Schiffsweg von Asien kommt. Derzeit sind besonders E-Bikes gefragt. 5,5 Millionen wurden europaweit (plus Großbritannien) verkauft.

Die Schwachstellen der fein gesponnenen Lieferketten haben die Probleme rund um die Pandemie gezeigt. Da fehlten Naben aus Malaysia, dort wurden taiwanesischen, in China produzierenden Partnern heimischer Hersteller wegen Energieproblemen kurzerhand der Strom abgestellt. Die Produzenten hatten alle Hände voll zu tun, um an die Teile zu kommen. Dabei haben just in der Pandemie viele das Radeln an der frischen Luft für sich entdeckt.

Eine Werkshalle von WSF in Regau in Oberösterreich. 
Die Fahrradproduktion ist eine globalisierte Angelegenheit. Die Teile kommen aus Asien, zusammengebaut wird je nach Preisklasse. Seit zwei Jahren auch in Regau in Oberösterreich.
WSF

Die Player haben unterschiedliche Schlüsse aus der vertrackten Lage gezogen. Die Industrie warf ihre Maschinen an, die Händler orderten, was ging. Viele werfen nun Ware mit hohen Rabatten auf den Markt. Andere wie der Vorarlberger Produzent Simplon mussten Mitarbeiter abbauen. Alexander Schnöll und Roland Wallmannsberger, Gründer der WSF Bicycle Technology GmbH, hat die Entwicklung auf eine Geschäftsidee gebracht. Der eine kommt aus dem Sondermaschinenbau, der andere aus dem Automotive-Bereich. Beides hat mit ausgeklügelten Fertigungsmethoden zu tun. Das wollten die Salzburger auf den Fahrradbau übertragen. Wallmannsberger hat Produzenten beraten, die ihre Fertigung an Dienstleister auslagerten. "Das hat zu vielen Problemen geführt." Schnöll und Wallmannsberger waren überzeugt: Das geht besser. Ende 2020 taten sie sich zusammen, um ihr Start-up auf die Beine zu stellen. In Salzburg hatten die beiden nach einer Fertigungshalle gesucht, fündig wurden sie in Regau. Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden dort von 40 Beschäftigten auf 6500 Quadratmetern 25.000 Fortbewegungsmittel unterschiedlicher Art für Hersteller wie Vello (Österreich), Storck (Deutschland), Tour de Suisse (Schweiz), AER (Großbritannien) zusammengebaut: Cargo-Bikes, E-Bikes, E-Scooter. Was sie eint: Sie sind alle höherpreisig.

Keine Billigfahrräder

Aber warum will man gerade in Österreich ein Fahrrad zusammenbauen? Geht das nicht in Portugal oder Rumänien billiger? "Billiger schon", sagt Schnöll. Nicht eingerechnet sind die Probleme, die dann auftauchen können. "Das ist gerade bei teureren Fahrrädern schlicht nicht zu rechtfertigen", ergänzt Wallmansberger. Billigfahrräder werden in Regau auch nicht produziert – es geht bei Modellen ab 3000 Euro los.

Fahrräder in der Werkshalle von WSF in Regau. 
Mehr Aufträge als man annehmen konnte hatten die Gründer. Jetzt wollen sie ausbauen.
WSF

Die Fahrradbauer orten einen Trend: Bikes aus dem mittleren bis oberen Preissegment würden wieder vermehrt in der DACH-Region gefertigt. In Deutschland wurden demnach 2022 1,7 Millionen klassische Fahrräder produziert – 300.000 mehr als 2021. Auch in Regau stapeln sich die Aufträge. Wallmannsberger beschreibt die Lage so: "Kunde droht mit Auftrag." Die Anfragen überstiegen die Kapazitäten.

Geld über die Crowd

Deswegen will WSF ausbauen. Geld dafür will man über eine Crowdinvesting-Kampagne lukrieren. Bis 30. 9. läuft die Zeichnungsfrist auf der Plattform Conda. Den Investoren wird eine Rendite von knapp 26 Prozent in Aussicht gestellt. Das Risiko dabei: Es handelt sich um ein Nachrangdarlehen. Im Pleitefall bekommt der Kreditgeber sein Geld erst, wenn alle anderen Gläubiger bezahlt sind. Schnöll und Wallmannsberger haben indes große Pläne. Bis zu 100.000 Fahrräder wollen sie in Regau fertigen, Mitte 2024 wollen sie die Gewinnzone erreichen. Im ersten Geschäftsjahr wurde eine Million Euro Umsatz erwirtschaftet im zweiten zwei Millionen. Bis 2026 erwarten die Gründer ein Umsatzplus von 30 Prozent. (Regina Bruckner, 29.9.2023)