Jack Dorsey
Twitter-Gründer Jack Dorsey gab den Startschuss für Bluesky. Das Ziel: ein dezentrales Netzwerk.
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Das Interesse an Alternativen zu X, vormals bekannt als Twitter, ist vor allem nach der Übernahme durch den umstrittenen Multimilliardär Elon Musk groß: Zuletzt gestand auch die aktuelle CEO Linda Yaccarino indirekt ein, dass X an Nutzerinnen und Nutzern verliert. Galt Anfang des Jahres noch das Interesse dem dezentralen Netzwerk Mastodon, so ist nun ein anderes Social Network auch in Österreich in aller Munde: Bluesky.

Doch was ist Bluesky eigentlich? Wie meldet man sich dafür an, wie verwendet man es? Was sind die Gemeinsamkeiten mit Twitter beziehungsweise die Unterschiede zu X? Der STANDARD gibt einen Überblick.

Bluesky: Gegründet vom alten Twitter-Team

Die Ironie am X-Konkurrenten Bluesky ist, dass es dem damaligen Twitter entsprungen ist. So kündigte Twitter-Gründer Jack Dorsey die Bluesky-Initiative 2019 in einem Tweet an, 2020 setzte sich die erste Arbeitsgruppe zusammen, 2021 wurde die Initiative offiziell gegründet. Das Ziel: die Entwicklung eines – im Gegensatz zu zentral verwalteten Netzwerken wie Twitter und Facebook – dezentralen Protokolls, in dem mehrere soziale Netzwerke über einen offenen Standard miteinander interagieren können. Jedes Netzwerk soll dabei ein eigenes Kurations- und Moderationssystem haben. Auch Twitter sollte schließlich auf diesen Standard setzen, so Dorseys Pläne.

Das klingt natürlich stark nach Mastodon, und tatsächlich wurde die Arbeitsgruppe später auch durch Vertreter von ActivityPub und Mastodon erweitert. Ende 2021 – also ein Jahr vor der Übernahme durch Elon Musk – wurde Bluesky von Twitter separiert und formell als gemeinnützige Limited Liability Company (LLC) gegründet. CEO der Unternehmens ist Jay Graber. Jack Dorsey selbst sitzt im Board der Organisation und arbeitet somit am Konkurrenten jenes Netzwerks, das er zuvor gegründet und aufgebaut hatte. Im Tagesgeschäft soll Dorsey allerdings nicht aktiv sein, diese Aufgabe liegt bei Graber.

Anfang 2023 startete Bluesky mit "Bluesky Social" sein eigenes Social Network. Im Februar 2023 wurde die Bluesky-App für iOS gestartet, im April folgte jene für Android. Im September 2023 hatte Bluesky Social über eine Million Nutzer. Zu beachten ist, dass sich das Netzwerk noch im Betastadium befindet und man nur mit einem Einladungscode beitreten kann.

Wie man sich bei Bluesky anmeldet

Gelobt werden kann in Bezug auf Bluesky, dass die Anmeldung so einfach ist wie bei jedem herkömmlichen sozialen Netzwerk. So waren in Bezug auf Mastodon viele Menschen davon überfordert, dass sie sich vor der Anmeldung für eine Instanz entscheiden mussten, bei der sie ihren Account anlegen. Das ist im Grunde keine Hexerei und in etwa vergleichbar mit der Wahl eines Handytarifs: Während man sich dort für einen Provider entscheidet und trotzdem mit Kunden anderer Anbieter telefonieren kann, kann man auch nach dem Beitritt zu einer Mastodon-Instanz mit Mitgliedern anderer Instanzen interagieren. Trotzdem waren viele Menschen von diesem System verwirrt.

Bei Bluesky Social hingegen surft man einfach auf die Web-Adresse https://bsky.app/ und folgt dort den Schritten für die Registrierung – wiewohl man eben einen Einladungscode braucht, den man von bereits registrierten Nutzern erhalten kann. Danach folgen die üblichen Schritte im Rahmen eines Registrierungsprozesses: E-Mail-Adresse, Passwort und Geburtsdatum angeben. Nutzernamen wählen. Themenbereiche und User wählen, denen man folgen möchte. Und loslegen.

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Ein Tipp an dieser Stelle für all jene, die ihre Kontakte von Twitter zu Bluesky mitnehmen wollen: Der vom österreichischen Programmierer Luca Hammer entwickelte Fedifinder funktioniert neben Mastodon nun auch für Bluesky: Dort verbindet man seinen X-Account und erfährt anschließend, welche dort registrierten Kontakte bereits Accounts bei Mastodon und Bluesky Social haben.

Die Ähnlichkeiten zwischen Bluesky und X ...

Hat man die Registrierung einmal abgeschlossen, so zeigt sich ein User Interface, das auf den ersten Blick stark an jenes von Twitter erinnert. Auch hier gibt es einen Feed, in dem die aktuellen Beiträge der Kontakte zu sehen sind. Rechts oben gibt es ein Suchfeld, in der linken Leiste findet sich das Menü. Dieses wiederum ermöglicht unter anderem den Zugriff auf bestimmte Themenbereiche ("Feeds"), Benachrichtigungen und das eigene Profil.

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Auch die App bietet nach Download und Anmeldung ein vertrautes Bild, indem der Feed angezeigt wird und ein Menübutton links oben Zugriffe auf die besagten Menüpunkte bietet. Ein Posting auf Bluesky kann bis zu 300 Zeichen lang sein, es können auch Bilder und Emojis gepostet werden. Manche User wollten die Postings auf Bluesky übrigens "Skeets" nennen, also eine Wortmischung aus "Sky" und "Tweets". Bluesky-CEO Graber bittet aber, dies zu unterlassen. Den möglichen Grund dafür findet man im englischen Wörterbuch.

... und die Unterschiede

Nicht möglich ist im Gegensatz zu X das Posten des eigenen Standorts, einer Umfrage oder der Zugriff auf eine GIF-Bibliothek. Die Option zum Hochladen von Videos fehlt ebenfalls. Und auch das Verschicken von bilateralen Direktnachrichten ist noch nicht möglich.

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Was aber ebenfalls bei Bluesky durch Abwesenheit glänzt: nervige Werbung. Die gibt es hier schlichtweg nicht. Gelobt werden kann auch, dass der eigene Feed nicht von einem undurchsichtigen Algorithmus vorgegeben wird, sondern von den Nutzerinnen und Nutzern weitgehend selbst gestaltet werden kann. So kann man sich etwa vor pornografischen Darstellungen oder Darstellungen von Gewalt warnen lassen oder diese ganz ausblenden lassen ...

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... und auch die eigenen Postings mit entsprechenden Tags versehen, sodass diese anderen Menschen nicht angezeigt werden, wenn diese das nicht wollen.

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Auch weniger dramatische, aber schlichtweg für die Nutzung angenehmere Einstellungen lassen sich vornehmen. Dazu gehören etwa die Einstellungen, ob Reposts und Antworten angezeigt werden sollen und in welcher Chronologie Antworten in einer Diskussion gezeigt werden.

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Fast schon selbstverständlich ist schließlich noch die Option eines Dark Mode und die Möglichkeit, einzelne Nutzer oder ganze Gruppen anhand von Listen zu blocken.

Fazit: Komplementär, kein Ersatz

Wird Bluesky also X komplett verdrängen? Vermutlich nicht, das hat schon das Beispiel von Mastodon gezeigt, bei dem der Zustrom nach anfänglicher Euphorie deutlich nachgelassen hat. Wird Musk Twitter an das dezentrale Protokoll von Bluesky anhängen, wie es Dorsey ursprünglich geplant hatte? Noch unwahrscheinlicher. Vermutlich wird es auf Bluesky – so wie auf Mastodon – eine kleine, aber eingeschworene Gemeinde geben, die das Gefühl der Anfangsjahre von Social Media nun noch entspannt auskostet, bevor Medien, profitorientierte Konzerne und Internettrolle die Plattform für sich entdecken.

Oder, wie der deutsche Politiker Jan Philipp Albrecht auf Blue sky schreibt: "Auch mal schön, sich gegenseitig das Blaue vom Himmel zu versprechen. Genießen wir es, bis die ganzen verified Hater wieder mit im Schlepptau sind. Und bereiten uns darauf vor, die Bude hier besser zu verteidigen als den toten Vogel. Demokratischer, öffentlicher Raum ist teurer als 42 Milliarden." (Stefan Mey, 3.10.2023)