Steve Jobs und Elon Musk mit Pilzen und Marijuana
Sind sie muntere Vorbilder?
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Im Jahr 2018 zog Elon Musk im Podcast von Comedian Joe Rogan an einem Joint. Während Rauchschwaden durchs Studio zogen, bekannte der Tesla-Chef, dass er "fast nie" kiffe und auch nichts spüre. Der öffentliche Drogenkonsum hatte dennoch Konsequenzen: Die Tesla-Aktie stürzte ab, Musk musste hinterher regelmäßig zur Drogenkontrolle. Was ihn allerdings nicht davon abhält, zur Behandlung seiner Depressionen das Narkosemittel Ketamin einzunehmen – "in Mikrodosen", wie es heißt, wobei das Wall Street Journal zu berichten weiß, dass der Multimilliardär bei Partys auch schon mal die volle Dosis konsumiert.

Ob Musks Ankündigung, als Nächstes Coca-Cola zu kaufen, "um das Kokain zurückzubringen", in nüchternem Zustand geschah, darf bezweifelt werden. Doch der Tesla-Chef und X-Eigner ist nicht der einzige Firmenlenker, der Drogen konsumiert. So soll Google-Mitgründer Sergey Brin hin und wieder psilocybinhaltige Pilze ("Magic Mushrooms") einwerfen.

Die Silicon-Valley-Ikonen sind Teil einer Bewegung, die den Konsum harter Drogen in geringen Dosen ("Microdosing") salonfähig macht. Zahlreiche Start-up-Gründer und Entrepreneure greifen zu Psychedelika, um ihre Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sowie Kreativität zu steigern – obwohl die Praxis in den allermeisten US-Bundesstaaten illegal ist. Doch der Erfolg steht über dem Gesetz. Dosierungen von zehn bis 20 Mikrogramm LSD alle drei Tage gelten in der Szene als Geheimrezept, um bei Networking-Events und Meetings fokussierter zu sein und in einer 100-Stunden-Woche die Nerven zu behalten. Andere versprechen sich von der halluzinogenen Wirkung Aha-Momente und Visionen für neue Geschäftsmodelle. In der Biohacker-Szene sind Stimulanzien wie Modafinil schon länger ein anerkannter Produktivitäts- und Kreativitätsbooster. So wie andere morgens ihren Kaffee trinken, schlucken oder schnupfen Microdoser ihr Pülverchen am Frühstückstisch.

Erst LSD, dann Apple

Schon Steve Jobs experimentierte in den 1970er-Jahren mit LSD, bevor er Apple gründete. Eine Erfahrung, die er später als eine der wichtigsten seines Lebens bezeichnete. Die Anhänger der kalifornischen Gegenkultur und Hippieszene waren der Ansicht, dass der Konsum bewusstseinserweiternder Drogen die Gesellschaft verändern könnte. An der Stanford-Universität fanden bereits in den 1960er-Jahren LSD-Experimente unter Aufsicht des Psychologen Timothy Leary statt, der das Mantra "Turn on, tune in, drop out" populär machte. Der Elektroingenieur Douglas Engelbart hatte auf einem LSD-Trip die Idee zur Computermaus als neuer Mensch-Maschine-Schnittstelle. Ohne Psychedelika wäre die Computerrevolution womöglich sehr viel langsamer oder gar nicht erfolgt, sagen manche. Der Bauarbeiter aus Chicago, der in diesem Jahr mit einer Bild-KI das ikonische Foto des Papstes in weißer Daunenjacke kreierte, hatte zuvor halluzinogene Pilze eingeworfen.

Tony Hsieh und Sergey Brin
Eigentlich ist Kreativität durch Drogenrausch nicht belegt
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Der Zusammenhang zwischen Drogenrausch und Kreativität ist allerdings wissenschaftlich nicht belegt. In einem Experiment, in dem Probanden der einen Gruppe psilocybinhaltige Pilze in geringfügigen Dosen verabreicht wurden, der Kontrollgruppe ein Placebo gegeben wurde, konnte kein positiver Einfluss auf die Kreativität festgestellt werden. Aber lassen sich harte Drogen in homöopathischen Dosen überhaupt gefahrenlos konsumieren?

Mediziner sind da skeptisch. Zwar deuten Studien darauf hin, dass Halluzinogene die Stimmung aufhellen und psychische Verfassung bei Depressionen kurzfristig – in einem Zeitraum von einem Monat – verbessern können. Die wissenschaftliche Evidenz ist allerdings dünn, vor allem, was die Langzeitfolgen betrifft.

Evidenz ist dünn

Ärzte warnen daher vor unabsehbaren Konsequenzen des Drogenkonsums wie erhöhtem Herzschlag, Appetitverlust und Psychosen. Tony Hsieh, der gefeierte Gründer des Online-Schuhanbieters Zappos, konsumierte in seinem Schaffensrausch derart exzessiv Ketamin – er steigerte die Dosis auf fünf Gramm pro Tag –, dass er bis auf die Knochen abgemagert war und als mentales Wrack endete. 2020 starb Hsieh unter mysteriösen Umständen bei einem Brand in seinem eigenen Haus.

Obwohl die gesundheitlichen Risiken unkalkulierbar sind, ist Microdosing auch in Europa auf dem Vormarsch. In den Niederlanden haben sich dank einer liberalen Drogenpolitik zahlreiche Start-ups angesiedelt, in Berlin blüht der Handel mit LSD-Derivaten. Die Moleküle werden in den Drogenküchen so lange verändert, bis das Gebräu legal ist. Psychedelika sind der Treibstoff für eine Arbeitswelt, die immer hochtouriger läuft. Immer mehr Unternehmen führen daher bei Neueinstellungen Drogentests durch – um festzustellen, ob der Bewerber auch ohne Stimulanzien leistungsfähig ist. (Adrian Lobe, 20.10.2023)