Die Ausgangsposition dürfte bekannt sein: Wenn es einen Bereich gibt, bei dem das iPhone seit Jahren zuverlässig die Nase vor der Android-Welt hat, dann ist es die Softwareversorgung. Zwar hat zuletzt rund um Googles Betriebssystem auch bei diesem Thema viel geändert – längere Supportversprechen durch die Hersteller, eine fortschreitende Modularisierung des System, bei der Google einen Teil der Wartung direkt übernimmt, sind die wichtigsten Schlagworte. Und doch blieb eine klarer Vorsprung für die iPhones aufrecht. Das ändert sich nun.

Updates, viel länger

Am Mittwoch hat Google mit Pixel 8 und Pixel 8 Pro seine neuesten Smartphones vorgestellt. Diese bieten das gewohnte Potpourri an Hardware- und Software-Updates, das wahre Highlight ist aber ein anderes: Für beide Geräte garantiert Google sieben Jahre lang Updates. Das beinhaltet nicht nur monatliche Sicherheitsaktualisierungen und vierteljährliche "Pixel Feature Drops", sondern auch große Versionssprünge.

Pixel 8 Pro
Das Pixel 8 Pro erhält sieben Jahre lang Updates.
Google

Um das in Relation zu anderen Android-Herstellern zu setzen: Samsung, also jenes Unternehmen, das unter den großen Android-Herstellern bisher das beste Update-Versprechen bietet, hat fast zeitgleich zum Pixel 8 das eigene Galaxy S23 FE vorgestellt. Das mit dem nicht mehr ganz aktuellen Android 13 ausgelieferte Smartphone soll vier große Versionssprünge erhalten, woraus folgt, dass es als letzte Softwaregeneration Android 17 erhalten wird. Das Pixel 8 wird hingegen (wenn der jährliche Releasezyklus beibehalten wird) sogar noch Android 21 erhalten. Das ist also kein kleiner Sprung, da sind Welten dazwischen.

Der Vergleich zum iPhone

Vor allem aber überbietet man damit auch erstmals die aktuelle Update-Realität bei Apple: Dessen iPhones bekommen derzeit fünf bis sechs große Versionssprünge. Zwar gibt es dort noch ein paar Jahre länger kleinere Bugfix-Updates, diese sind aber nicht mehr vollständig. Selbst bekannte Sicherheitslücken werden dabei nur mehr zum Teil geschlossen. Insofern ist das zwar fraglos besser als nichts, aber auch nicht viel mehr, als man bei Android über die Modularisierung vieler Komponenten via Play Store auch sehr lange erhält.

Google präsentiert Pixel: Neue Smartphone-Version implementiert KI ins Gerät
Google/AFP

Druck aufbauen

Viele wichtiger als die Klärung der Frage, wer hier jetzt am besten ist, ist aber etwas ganz anderes: Googles großer Sprung beim Update-Support wird ordentlich Druck auf die Konkurrenz machen. Bei Apple ist davon auszugehen, dass man den iPhone-Support recht einfach weiter ausdehnen kann. Samsung hingegen ist nun unter echtem Zugzwang, gerade im Premiumbereich ist der viel längere Support ein starkes Argument für Google-Geräte. Das heißt in der Praxis: Partner wie Qualcomm, die in der Vergangenheit eher wenig von langfristigen Support-Verpflichtungen für ihre Chips hielten, zum Umdenken zu bewegen.

Doch während Samsung zumindest die Ressourcen und das Know-how hat, um hier weitere Verbesserungen vorzunehmen, bleibt komplett unklar, was das für die weitere Android-Welt bedeutet. Um es klar zu sagen: Praktisch alle anderen Hersteller sind schon jetzt meilenweit von der Update-Realität bei Google und Samsung entfernt.

Die bittere Realität

Selbst viele namhafte Android-Anbieter schaffen es derzeit kaum, dem monatlichen Zyklus an Sicherheitsaktualisierungen zuverlässig und zeitnah zu folgen. Da ist die Frage, wie lange Updates versprochen werden, nur ein Thema unter vielen. Wie diese Hersteller jemals zu einem Supportversprechen auch nur in der Nähe jenes des Pixel 8 kommen wollen, bleibt unklar.

Was die letzten Jahre aber auch zeigen: Für Google scheinen die Interessen anderer Android-Hersteller zunehmend zweitrangig zu sein. Die Planung des Unternehmens fokussiert sowohl bei Update-Fragen als auch bei der Entwicklung der Software immer stärker auf die eigenen Pixel-Geräte.

Einfach nur erfreulich

Für die Nutzerinnen und Nutzer sind das jedenfalls hervorragende Nachrichten. Smartphones länger zu nutzen ist die wahre Nachhaltigkeit – und sei es auch "nur" in der Zweit- oder Drittverwertung im Familien- und Freundeskreis. Also Geräte weiterzugeben und zu wissen, dass diese auch noch jahrelang weiter Updates bekommen.

Pixel 8 und Pixel 8 Pro flankiert von Pixel Buds Pro und Pixel Watch
Pixel 8 und Pixel 8 Pro, flankiert von Pixel Buds Pro und Pixel Watch.
Google

Doch das Ganze hat noch einen weiteren positiven Effekt – sollte das doch auch die Wiederverkaufspreise dieser Smartphones anheben. Immerhin macht es einen riesigen Unterschied, wenn man ein Gerät nach zwei Jahren verkauft, ob es noch ein oder doch fünf große Android-Updates erhält.

Einmal mehr bieten sich die Google-Geräte damit übrigens auch – ironischerweise – besonders jenen an, die mit Google-Software so gar nichts zu tun haben wollen. Schon jetzt sind die Pixel-Smartphones jene, auf denen sich am einfachsten alternative Android-Varianten ganz ohne Play Store und Google-Dienste installieren lassen. Mit einem offiziellen Support von sieben Jahren wird das Ganze noch einmal interessanter, können damit doch auch GrapheneOS und Konsorten länger vollständige Updates anbieten.

Offene Fragen

Auf der technischen Seite wirft das aktuelle Google-Versprechen übrigens noch die eine oder andere Frage auf. So verwenden Android-Geräte ja einen Linux-Kern, dessen Langzeitsupport wurde aber gerade auf zwei Jahre zusammengestrichen. Doch auch der alte erweiterte Support würde für sieben Jahre Support nicht reichen.

Die Frage des STANDARD, wie man das künftig lösen will, ließ Google leider unbeantwortet. Denkbar wäre, dass man entweder die Langzeitpflege der gewählten Kernel-Versionen selbst übernimmt, oder aber, dass man dazwischen auf neue Linux-Generationen aktualisiert – etwas, das bisher in der Android-Realität nicht passiert, weil damit allerlei zusätzliche Komplexität einhergeht, müssten doch auch sämtliche externen Chip-Zulieferer mitspielen und ihr bisheriges Treibermodell ändern.

Einfach mehr Geld in die Hand genommen

Laut Google steht hinter dem neuen Update-Versprechen übrigens kein weiterer Umbau an Android, die Realität sei wesentlich profaner. Die Basis habe man schon mit dem Wechsel auf die eigenen Tensor-Chips beim Pixel 6 gelegt, womit man sich von Qualcomm unabhängig gemacht und wesentlich mehr von der Wartung selbst in der Hand hat. Mit den verbliebenen Chip-Partnern habe man nun langfristige Vereinbarungen getroffen. Vor allem aber habe Google die eigenen Ressourcen für die Update-Wartung deutlich ausgebaut. Immerhin verursacht die Langzeitpflege von solchen Geräten auch erheblich mehr Aufwand. (Andreas Proschofsky, 5.10.2023)