Eine Person sitzt am Boden
Die schnelle Umsetzung des Psychiatrischen und Psychosomatischen Versorgungsplans wurde empfohlen.
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Wien – Der Wiener Stadtrechnungshof hat die Versorgung von psychisch bzw. psychosomatisch kranken Kindern und Jugendlichen untersucht, der Prüfzeitraum lag mit 2019 bis 2021 großteils noch in der Corona-Pandemie. Wegen fehlender Kapazitäten mussten junge Patientinnen und Patienten an psychiatrischen Abteilungen für Erwachsene aufgenommen werden, bestätigte auch diese Nachschau. Teils gab es monatelange Wartezeiten für stationäre Aufnahmen.

Geprüft wurden vom Kuratorium für Psychosoziale Dienste und privaten Trägern betriebene Einrichtungen sowie die spitalsambulanten, tagesklinischen und stationären Angebote des Wiener Gesundheitsverbunds (Wigev), heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Die Prüfer empfehlen die zügige Umsetzung des Psychiatrischen und Psychosomatischen Versorgungsplans (PPV) sowie die Wiederaufnahme von Verhandlungen mit Gesundheitskasse und Pensionsversicherungsanstalt zur gemeinsamen Finanzierung der Versorgungsstruktur.

Vergabeverfahren für zwei zusätzliche WGs im Laufen

Der MA 11 (Kinder- und Jugendhilfe) wurden die Ausweitung der sozialpsychiatrischen Wohngemeinschaften für fremduntergebrachte Minderjährige und dem Fonds Soziales Wien Bedarfserhebungen zur Versorgung von autistischen Kindern und Jugendlichen und für solche mit Entwicklungsstörungen empfohlen. Das Vergabeverfahren für zwei zusätzliche WGs sei im Laufen, hieß es dazu von der MA 11.

Der Gesundheitsverbund müsse die Anstrengungen zur Erreichung der vorgesehenen stationären Kapazitäten verstärken. Zudem seien Bedingungen zu schaffen, "um künftig erfolgreich kinder- und jugendpsychiatrische Fachärztinnen bzw. Fachärzte zu rekrutieren und langfristig halten zu können".

Zum Zeitpunkt der Prüfung waren von sechs im PPV angeführten Ambulatorien erst zwei in Betrieb gegangen, die Errichtung von drei weiteren 2024 vorgesehen. Eine spitalsambulante Versorgung bot der Wigev im AKH, im Neurologischen Zentrum der Klinik Hietzing und ab Mitte 2019 in der Klinik Floridsdorf an. Stationäre Behandlungen erfolgten im AKH sowie in der Klinik Hietzing. "Im stationären Bereich reichten die vorhandenen Kapazitäten seit Jahren nicht an die Vorgaben des ÖSG (Österreichischer Strukturplan Gesundheit) heran, was zum Teil monatelange Wartezeiten auf planbare stationäre Aufnahmen verursachte", so der Stadt-RH.

Fachärztemangel

Die Ausweitung der stationären Versorgung durch zwei kinder- und jugendpsychiatrischen Bettenstationen in der Klinik Floridsdorf konnte aufgrund von Fachärztemangel nicht realisiert werden. Im Neurologischen Zentrum Rosenhügel kamen wegen Personalabgängen ab Jänner 2022 externe Ärztinnen bzw. Ärzte zum Einsatz. "Aufgrund mangelnder stationärer Kapazitäten an den Abteilungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Gesundheitsverbundes waren im Betrachtungszeitraum zahlreiche Minderjährige an psychiatrischen Abteilungen für Erwachsene aufgenommen worden", so der Bericht. Durch zwei neue Stationen für Transitionspsychiatrie für 14- bis 25-Jährige "konnte diese Problematik eingedämmt werden".

Der Gesundheitsverbund wies in Stellungnahmen zum Bericht unter anderem auf den Fachärztemangel in der Kinder- und Jugendpsychiatrie im ganzen deutschsprachigen Raum hin. Dagegen angehen wolle man künftig etwa mit einem Exzellenzprogramm, das als Pilotprojekt ab 2024 drei Jahre laufen soll, sowie durch eine "Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit im Rahmen des Gehaltes" und eine neue Regelung zur Bezuschussung von Aus- und Weiterbildung. Aufenthalte von Minderjährigen auf Erwachsenenabteilungen sollen "noch weiter minimiert" werden. Weitere "Home-Treatment-Teams" sollen Engpässe zusätzlich entschärfen. "Anzumerken ist, dass der Gesundheitsverbund seit Jahren die nicht vorhandenen Kassenärztinnen bzw. Kassenärzte im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie kompensiert", hieß es. (APA, 4.10.2023)