Wird FPÖ-Chef Herbert Kickl auf die rechtsextremen Identitären angesprochen, dann hat er stets eine Antwort parat: Diese seien eine "unterstützenswerte NGO". Das sieht der Verfassungsschutz nicht so. Bei einer Veranstaltung der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) über die "Neue Rechte" am Mittwoch in Wien wurde den Identitären eine "hohe Gewaltbereitschaft" attestiert.

In der Gruppe sind Personen mit zahlreichen Anzeigen und Vorstrafen zu finden, darunter "schwere Gewaltdelikte bis hin zu Sexualverbrechen und Verbotsgesetz", sagte DSN-Abteilungsleiter Alexander Figl. Zusätzlich gibt es eine hohe Waffenaffinität. Demnach befinden sich mehr als "120 registrierte Schusswaffen" im Kreis von Aktivisten und Aktivistinnen. Einige besitzen auch "viele Waffen", sagte Figl.

Präsentation der DSN
Präsentation der DSN über die Gefahrenpotenziale der "Neuen Rechten".
Foto: Markus Sulzbacher

Die Identitären seien "geistige Brandstifter", sie "spielen mit der Angst und mit dem Tod", sagte Figl. Denn andere Personen würden zur Ausübung von Gewalt motiviert werden. So sei das Motiv der rechtsextremen Attentäter von Christchurch und El Paso klar der angebliche "Bevölkerungsaustausch" gewesen, die zentrale Verschwörungserzählung der Identitären. Kurz nach dem Terrorakt in Christchurch, bei dem 51 Menschen ermordet wurden, wurde bekannt, dass der Attentäter dem Identitären-Chef Martin Sellner 1.500 Euro gespendet hatte.

Auch jener deutsche Rechtsextremist, der den CDU-Politiker Walter Lübcke im Jahr 2019 erschoss, hatte den österreichischen Identitären Geld gespendet. Er besaß legal Waffen. Das zeigt, dass bewaffnete Rechtsextreme eine reale Gefahr für die Gesellschaft sind.

In der Mitte der Gesellschaft

Der Verfassungsschutz sieht auch, dass rechtsextreme Ideologien verstärkt in der Mitte der Gesellschaft Fuß fassen. Die aktuellen Krisen wie die Pandemie, die Inflation und der Ukrainekrieg werden ausgenutzt, um Stimmung zu machen und ihr Gedankengut zu verbreiten. Figl warnte vor einem "Rechtsextremismus über die Hintertür".

Vor Jahren noch Unsagbares ist nun zu hören. Das ist auch eines der Ziele der sogenannten Neuen Rechten. Der AfD-Politiker Björn Höcke beschrieb die Strategie so: "Wer die Begriffe prägt, der prägt die Sprache. Wer die Sprache prägt, der prägt das Denken. Wer das Denken prägt, der prägt den politischen Diskurs, und wer den politischen Diskurs prägt, der beherrscht die Politik, egal ob er in der Opposition ist oder in der Regierung."

Demonstrierende, vorne im Bild Polizei.
Demonstration der Identitären 2021 in Wien.
Foto: Markus Sulzbacher

Die Veranstaltung der DSN fand statt, nachdem die FPÖ teilweise wilde Attacken gegen die Staatsschützer geritten hat. Diese hatten die Freiheitliche Jugend angezeigt, nachdem sie ein Video im Identitären-Stil veröffentlicht hatte. DSN-Chef Omar Haijawi-Pirchner betonte bei der Veranstaltung erneut, dass die DSN "nicht politisch" agiere, sondern einen klaren gesetzlichen Auftrag und Rahmen habe. Etwa die Abwehr von "Gefahren" für die Republik.

Kaum Unterschiede

Die Nähe der FPÖ zu den Identitären ist mittlerweile unübersehbar. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker spricht neuerdings von einem "Bevölkerungsaustausch" und nimmt die Gruppe in Schutz, bezeichnet sie als "Patrioten". Ganz so, wie sich die deutschnationale Gruppe selbst nennt. Bei der letzten Demonstration der Identitären Ende Juli in Wien trat ein freiheitlicher Funktionär als Redner auf. Der Rechtsextremismusexperte Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes hat in einem Interview mit dem "Falter" die Frage "Was unterscheidet die FPÖ eigentlich noch von den Identitären?" so beantwortet: "Sie hat die Rechtspersönlichkeit einer politischen Partei, tritt zu Wahlen an und führt die Farbe Blau." (Markus Sulzbacher, 6.10.2023)