Es wird nicht ruhig um die Gemeinde Grafenwörth und ihren Noch-Bürgermeister Alfred Riedl (ÖVP), bis vor wenigen Wochen mächtiger Gemeindebund-Chef. Diesen Posten stellte er ruhend, weil er mit Grundstückdeals in seiner Heimatgemeinde, in Kritik geraten ist. Sogar Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach von einer "schlechten Optik".

Der Grafenwörther Bürgermeister Alfred Riedl (ÖVP) kommt nicht aus der Kritik. Zurücktreten will er aber nicht.
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Das Nachrichtenmagazin "Profil" liefert dafür nun einen weiteren Baustein: Im Namen der Gemeinde suchte Riedl 2017 um die Erhöhung einer Lärmschutzwand an der Stockerauer Schnellstraße (S5) an. Die zuständige Asfinag war der Ansicht, dass diese Erhöhung nicht notwendig ist, da sich hinter der Lärmschutzwand nur Wiesen befanden. Die Gemeinde war anderer Meinung, weil sonst Grundstücke für das zukünftige Siedlungsgebiet nicht hätten entsprechend umgewidmet werden können. Grafenwörth bezahlte die Erhöhung deswegen aus eigener Tasche. Kostenpunkt: 350.000 Euro. Im November 2020 wurde eine Finanzierungsvereinbarung unterfertigt, 2021 sei es zur Umsetzung des Projekts gekommen.

Persönlicher Profit

Das brisante: Das "Profil" berichtet über Grundbuchauszüge, wonach Riedl auch privat vom besseren Lärmschutz profitiert haben soll. 2017 sei er demnach bereits Eigentümer zweier Flächen gewesen, die heute direkt hinter der Lärmschutzwand liegen. Die Grundstücke seien 2019 von Ackerland in Bauland umgewidmet und von Riedl an jene Projektentwicklungsfirmen verkauft worden, die dort nun die Wohnanlage "Sonnenweiher" baut. Riedl soll dadurch einen Gewinn von rund einer Million Euro vor Steuern und Abgaben gemacht haben.

Das kritisiert auch Andreas Kolross, Nationalratsabgeordneter der SPÖ und Bürgermeister im niederösterreichischen Trumau. Er stellte die parlamentarische Anfrage an Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) zur Errichtung der Lärmschutzwand. Als Bürgermeister finde er nichts Verwerfliches daran, wenn Lärmschutzwände zur Erschließung neuer Siedlungen aufgestellt würden. "Verwerflich wird es aber, wenn diese Wände auf Kosten der Gemeinde und somit der Steuerzahler aufgestellt werden, damit der Bürgermeister schönen Profit machen kann", sagt Kolross dem "Profil".

Was Riedl sagt

Vor ein paar Wochen sagte Riedl, angesprochen auf den Gewinn durch die Umwidmung, er habe "nie im Traum daran gedacht, dass sich so ein Projekt in Zukunft entwickeln könnte". Sein Einsatz für die Lärmschutzwand lässt nun natürlich andere Interpretationen zu. Aktuell habe zu der Causa keine Fragen beantworten wollen, etwa warum er die betreffenden Grundstücke nicht als Gemeinde angekauft und weiterentwickelt hat.

Zwei weitere Grundstücke, auf denen nun der Sonnweiher entsteht, hat Riedl 2018 ersteigert. Diese habe er als Treuhänder für die Projektentwickler erstanden und sie deshalb ohne Gewinn an sie weitergegeben. Die Wege waren kurz: Der Projektentwickler, die VI Engineers Development GmbH, steht im Mehrheitseigentum der Niederösterreichischen Versicherung, wo Riedl im Aufsichtsrat sitzt.

An einen Rücktritt als Bürgermeister dachte Riedl bislang nicht. Im September erklärte er vor der Gemeinde, er habe nichts gestohlen, die Anschuldigungen seien "nicht nachvollziehbar". Gegen jene, die seine Geschäfte überprüfen, will Riedl deswegen hart vorgehen. Laut "Niederösterreichischer Nachrichten" will er "alle, die in diesem Zusammenhang in Grundbücher geschaut und Amtsmissbrauch betrieben haben, zur Verantwortung ziehen". Recherchen im Grundbuch sind allerdings, auch das dürfte Riedl wissen, kein Amtsmissbrauch, sondern für jeden gegen Gebühr möglich. (lhag, 6.10.2023)