Junge Frau spricht bei einer Business-Veranstaltung mit einem Mann im Anzug
Networking-Events finden nun wieder öfter statt. Gerade zum Berufseinstieg wird empfohlen, diese zu besuchen.
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Sichtbar sein, auf Veranstaltungen gehen und Kontakte knüpfen, lautet meist der Ratschlag an Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger. Doch nicht immer funktioniert das Netzwerken so, wie junge Frauen es sich erhoffen.

Mehr als die Hälfte der weiblichen Beschäftigten hat schon einmal sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz durch männliche Kollegen, Chefs oder Kunden erlebt. Das hat der Arbeitsklimaindex aus dem Jahr 2018 durch die Arbeiterkammer Oberösterreich ergeben. 38 Prozent der Frauen erlebten demnach abfällige Bemerkungen im Arbeitsumfeld. 31 Prozent gaben an, gemustert oder angestarrt worden zu sein. Zwölf Prozent berichteten von körperlichen Übergriffen und sexueller Belästigung. Und auch im virtuellen Raum wurden Frauen im Arbeitskontext belästigt: Fünf Prozent bekamen sexistische Nachrichten via Mail oder SMS.

"Es kotzt uns Frauen einfach an", schrieb Sarah Stein bereits Ende 2021 auf dem Karrierenetzwerk Linkedin. Die Leiterin des Bereichs Audience Development beim Südwestrundfunk teilte den Screenshot einer sexistischen Nachricht, die sie erhalten hatte. Darunter sind viele Reaktionen von Nutzerinnen zu lesen, die Ähnliches erlebt haben. Einladungen zum Abendessen statt zum Businesslunch oder unangemessene Kommentare zum Aussehen erhalten Frauen demnach immer wieder. Auch im STANDARD-Forum berichten Betroffene von Erfahrungen mit sexueller Belästigung beim Networking:

User another_stranger_me hätten die Erzählungen aus seinem weiblichen Umfeld, "die Schuhe ausgezogen":

Alle miteinbeziehen

Doch was hilft gegen Belästigung beim Netzwerken? "Neben Präventionsmaßnahmen, ist die Unterstützung für betroffene Personen ganz wichtig", sagt Elène Denk von der Unternehmensberatung Diversity Think Tank. Immer häufiger gebe es nun auch bei beruflichen Veranstaltungen sogenannte Awareness-Teams. Betroffene können sich an diese wenden, wenn sie sich unwohl oder belästigt fühlen. Auch auf den Plattformen ist es möglich, Vorfälle zu melden. "Die Maßnahmen müssen nicht neu erfunden werden. Es scheitert aber oft noch an der Umsetzung", erklärt sie.

Firmen komme dabei eine entscheidende Rolle zu: "Netzwerken ist Teil unserer Arbeitswelt und gehört deswegen auch in den Unternehmen thematisiert, ebenso wie der Umgang mit Übergriffen jeglicher Art", ergänzt ihre Kollegin Rebecca Caric. Neben Sensibilisierungsmaßnahmen wie Workshops und Trainings sei mehr Vielfalt in den Führungsetagen eine weitere Stellschraube. "Machtmissbrauch ist der Haupttreiber sexueller Belästigung", sagt Caric. Konsequenzen würden jedoch ausbleiben, wenn sich an den Machtstrukturen nichts ändere. Die Expertinnen fordern deshalb: "Null Toleranz – egal, welche Rolle oder Position."

Eine Frage, die in Workshops vor allem von Männern gestellt wird: Was darf man denn dann überhaupt noch? "Personen anzusprechen und mit ihnen in Kontakt zu treten ist in jedem Fall weiterhin möglich und von vielen im Rahmen des Netzwerkens auch gewünscht", sagt Denk. Den Unterschied mache jedoch die Art, auf die das passiere. "Gegenseitiges Einverständnis – auch nonverbal – ist das oberste Gebot. Grenzen müssen akzeptiert werden. Und viele Menschen wissen eigentlich sehr gut, was angemessen und respektvoll ist und was nicht." (Anika Dang, 7.10.2023)