Wie wichtig Kinderbetreuungseinrichtungen sind, war dieser Tage wieder Thema. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) sagte anlässlich der Einigung auf den Finanzausgleich, es sei das "Gebot der Stunde", in den Ausbau von Kinderbetreuung zu investieren, das Thema sei für die junge Generation ganz entscheidend.

Vorarlberg investiert viel in den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. Viele Gemeinden klagen aber über die "mühsame Personalsuche", die ein neues Gesetz teils erschwere.
Florian Voggender

Der Ausbau passiert im Ländle tatsächlich rasant: 2022 wurden 42 neue Gruppen eröffnet, 2023 sollen insgesamt 69 neue Kleinkind- oder Kindergartengruppen eingerichtet werden, und 2024 sind derzeit 26 neue Kleinkind- und Kindergartengruppen in Planung.

Anfrage an alle Gemeinden

Neben neuen Gruppen und mehr Geld gibt es in Vorarlberg aber auch ein neues Regelwerk: Das Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz ist seit Anfang des Jahres in Kraft. Die Gemeinden sind seither verpflichtet, jährlich eine Bedarfserhebung durchzuführen. Für jedes Kind zwischen drei und fünf Jahren müssen die Kommunen dann eine ganzjährige Betreuung zwischen 7.30 und 17.30 Uhr sicherstellen, wenn Eltern das fordern. Und: Ab 2024/25 sind die Gemeinden auch dafür zuständig, dass es für Volksschulkinder zwischen acht und 16 Uhr ein Angebot gibt. Im Jahr darauf dann für Zweijährige für mindestens fünf Stunden.

In den Gemeinden sind die Rückmeldungen über erste Erfahrungen mit dem Gesetz durchwachsen. Eine entsprechende Anfrage des STANDARD ging an alle 96 Gemeinden, etwa die Hälfte antwortete. In vielen Orten gibt es demnach keine größeren Probleme, was die Organisation der Kinderbetreuung betrifft: keine offenen Stellen, Betrieb ohne Einschränkungen. In manchen Gemeinden sehen die Verantwortlichen aber durchaus Probleme und Handlungsbedarf.

Wo die Probleme liegen

So etwa in Hohenems. "Wir konnten mit viel Mühe alle Stellen besetzen, aber die Herausforderung ist sehr groß", heißt es aus der Stadt im Rheintal. Das neue Gesetz schraube die Standards noch einmal hoch. Andererseits seien zu wenige Ausbildungsplätze im Land vorhanden. Personal werde aber immer mehr gebraucht, weil es auch immer mehr Kinder mit Förderbedarf gebe.

Auch in der Nachbargemeinde Götzis, hier gibt es fünf Kinderbetreuungseinrichtungen und acht Kindergärten, für die man zuständig ist, sieht man Herausforderungen, unter anderem die "À la carte"-Möglichkeit", dass Eltern bei der Bedarfserhebung gewünschte Betreuungszeiten angeben können. "Dies führt nach unserer Ansicht zum Problem, dass wir vormittags eine extreme Nachfrage haben werden und nachmittags eine geringere Auslastung", heißt es aus der Gemeinde. Aktuell gebe es bei den unter Dreijährigen Vorrang für Kinder berufstätiger Eltern. Arbeiten die Eltern nicht, bekämen die Kinder zwar auch einen Platz, allerdings bevorzugt an Nachmittagen bzw. an Vormittagen, die nicht stark ausgelastet sind.

Zwei Teilzeitkräfte werden in Götzis derzeit noch gesucht, 110 Personen arbeiten insgesamt in den Betreuungseinrichtungen der Gemeinde. Rekrutierungsprobleme gebe es aufgrund des langjährigen hohen Stellenwertes der Kinderbetreuung in der Gemeindepolitik und dem aktiven Personalmanagement hier traditionell nicht. Das könnte sich, so die Sorge, aber bald ändern. Denn dass das Land den sogenannten Jahresarbeitszeitfaktor für Neueintritte nicht mehr fördern will, sei "ein weiteres Problem, denn gerade bei Kindergartenpersonal ist das sehr gefragt." Dienstnehmerinnen werden dabei so angestellt, dass sie während der Schulsommerferien freihaben. In Götzis wünscht man sich deswegen mehr Kompetenzen: "Wir haben die Personalhoheit und sind organisatorisch in der Lage, eine Betreuung ganzjährig zu gewährleisten."

Wie viele Stellen nicht besetzt sind

Nicht nur in Götzis gibt es noch offene Stellen, von jenen Gemeinden, die die STANDARD-Anfrage beantwortet haben, melden auch Bludenz (1), Bludesch (1), Bregenz (22), Feldkirch (4), Frastanz (3), Hittisau (1), Höchst (3), Lauterach (2), Nenzing (2) und Wolfurt (1) fehlendes Personal. Wie viele Stellen insgesamt offen sind, ist unklar. Da das Land nicht Dienstgeber ist, sammelt es diese Informationen nicht.

Der Betrieb sei trotz Vakanzen derzeit nicht eingeschränkt, heißt es aus den Gemeinden. "Noch – trotz Langzeitkrankenständen. Und das nur, weil die Institutionen sich gegenseitig mit Personal aushelfen", wird die Situation in Frastanz beschrieben.

Neue Wege

Unzufriedenheit gibt es teilweise aber auch, wenn alle Stellen besetzt werden konnten: "Es war sehr mühsam, Personal zu finden", heißt es aus Egg. In Röthis und Bürs müssen Assistenzkräfte die Aufgaben von Pädagoginnen übernehmen, was vom Land freigegeben werden muss.

Abhilfe schufen die Kommunen mitunter auch durch Kooperationen: Dalaas und Klösterle starteten ein gemeindeübergreifendes Projekt zur Ganztages- und Ferienbetreuung. Für eine dieser Gemeinden allein wäre die Umsetzung des neuen Gesetzes sonst nicht möglich gewesen.

Neue Angebote

In Viktorsberg – hier wohnen knapp 400 Menschen – besuchen derzeit 15 Kinder den Kindergarten, zwei Betreuerinnen arbeiten hier, um spätestens 13.30 Uhr ist Schluss. Einschränkungen oder Probleme gebe es derzeit keine. Man schielt aber schon zum nächsten Herbst: Es sei "eine große Problematik, dass das Land auch die Schülerbetreuung auf die Gemeinden abgeschoben hat".

Dass die Personalsituation eine riesige Herausforderung ist, betont auch Wallner. In den nächsten fünf Jahren werde man etwa 600 zusätzliche Fachkräfte brauchen. Neue Ausbildungsangebote, darunter auch berufsbegleitende, für Interessierte mit oder ohne Matura sollen Abhilfe schaffen. Die Opposition vermisst hier Tempo bei der Umsetzung. (Lara Hagen, 9.10.2023)