Kleingartenverein Breitenlee, Donaustadt
Im Kleingartenverein Breitenlee in der Wiener Donaustadt profitierten alle Grundstücksbesitzer von der Umwidmung von Grün- in Bauland. Darunter waren auch Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy sowie weitere SPÖ-Politikerinnen. Nevrivy hat sein Grundstück nur etwas mehr als ein Jahr vor der Höherwidmung gekauft.
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Das Thema Kleingärten beschäftigt weiter die Wiener Stadtpolitik. Am kommenden Montag findet auf Antrag von ÖVP und Grünen ein Sondergemeinderat statt, bei dem Grundstücksgeschäfte und Umwidmungsgewinne thematisiert werden, von denen auch Politikerinnen und Politiker der SPÖ profitiert haben. Im Zentrum der Kritik steht ein Grundstücksdeal des Donaustädter Bezirksvorstehers Ernst Nevrivy: Er hat in seinem Bezirk in Breitenlee Mitte 2020 eine Kleingartenparzelle gekauft, etwas mehr als ein Jahr später erfolgte die Umwidmung von Grün- in Bauland. Der Wert des Grundstücks dürfte sich verdoppelt haben. Im gleichen Kleingarten konnten sich auch drei weitere SPÖ-Politikerinnen, die ein paar Jahre vor Nevrivy Grundstücke gekauft hatten, über satte Umwidmungsgewinne freuen.

Eine interne Prüfung der SPÖ unter Landesparteimanagerin Barbara Novak kam zum Schluss, dass keine rechtlichen Vergehen festgestellt werden konnten. ÖVP und Grüne überraschte das Ergebnis nicht: Sie kritisierten am Dienstag die von der SPÖ gewählte Vorgangsweise einer internen Prüfung. Sie forderten Bürgermeister Michael Ludwig auf, in der Causa die interne Revision der Magistratsdirektion einzuschalten: Diese soll überprüfen, ob hier Widmungen beeinflusst wurden – oder nicht. "Ludwig hat hier gar nichts getan", sagte der grüne Klubchef David Ellensohn. Stattdessen habe Novak einen Persilschein für die Genossinnen und Genossen ausgestellt. ÖVP-Klubchef Markus Wölbitsch erinnerte zudem daran, dass die Türkisen in der Causa auch den Stadtrechnungshof eingeschaltet haben.

Mehr Transparenz bei Vergabe von Kleingärten gefordert

Wölbitsch sah einerseits einen "Widmungsskandal", andererseits einen "Skandal um politische Glaubwürdigkeit". Letzterer treffe auf den Ottakringer Bezirksvorsteher Franz Prokop (SPÖ) zu, der in der Penzinger Kleingartenanlage Rosental zugeschlagen hat. Der Kauf des Grundstücks, das er bereits einige Jahre zuvor gepachtet hatte, erfolgte kurz vor dem generellen Verkaufsstopp von städtischen Kleingartenparzellen. Ellensohn sprach in der Causa Prokop von Heuchelei: Immerhin soll dieser laut dem grünen Klubchef gutgeheißen haben, dass die Stadt den Verkauf von Kleingartengrundstücken einstellt – und sich selbst gerade noch rechtzeitig eine Parzelle gesichert haben.

ÖVP und Grüne fordern auch mehr Transparenz bei der Vergabe von Kleingärten in Pacht. Eine zentrale Warteliste für städtische Parzellen soll für Interessierte einsehbar werden, verlangen die Oppositionsparteien. "Damit nicht diejenigen Personen den Kleingärten erhalten, die das beste Netzwerk haben", sagte Ellensohn.

Bei Umwidmungen von Grundstücksflächen sollen zudem betroffene Politikerinnen und Politiker, die davon profitieren könnten, vor und bei Abstimmungen ihre Befangenheit im Gemeinderat oder in der Bezirksvertretung kundtun müssen. Das soll bisher laut Gemeinderatsregeln nur bei Funktionen in Vereinen vorgesehen sein.

Unter den Forderungen von Türkisen und Grünen findet sich zudem die "Belebung des Compliance-Officers", der die Mandatarinnen und Mandatare im Landtag und im Gemeinderat auf mögliche Interessenkonflikte hinweisen soll. Dieser sei laut Ellensohn vor einem Jahr bestellt und mittlerweile ausgetauscht worden: Ergebnisse gebe es bisher aber noch keine vorzuweisen, sagte der Klubchef der Grünen. Sprich: Der Compliance-Officer sei bisher noch nicht in Erscheinung getreten. (David Krutzler, 10.10.2023)