Natalie Harsdorf-Borsch leitet die Behörde bereits seit 2021 interimistisch.
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Die türkis-grüne Bundesregierung hat sich nach einer monatelangen gegenseitigen Blockade auf eine Spitze der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) geeinigt. Natalie Harsdorf-Borsch, die interimistische Behördenleiterin, soll neue Generaldirektorin für Wettbewerb werden.

Die BWB-Leitung wird auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten für eine Funktionsperiode von fünf Jahren ernannt. Laut einer Aussendung des Wirtschaftsministeriums soll der Ministerrat den entsprechenden Beschluss kommenden Mittwoch fassen.

Postenstreit in der Koalition

Harsdorf-Borsch leitet die Behörde seit Dezember 2021 interimistisch, nachdem der bisherigen Generaldirektor Theodor Thanner frühzeitig sein Amt niedergelegt hatte. Aus einem umstrittenen Auswahlverfahren ging Mitte 2022 Michael Sachs, Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), als Erstgereihter hervor. Harsdorf-Borsch wurde an die zweite Stelle gereiht.

In der türkis-grünen Koalition entbrannte daraufhin ein Streit über die Nachbesetzung des Spitzenpostens. Die Grünen lehnten Sachs aufgrund seiner ÖVP-Nähe ab und gaben ein Gutachten in Auftrag, das Zweifel an seiner fachlichen Qualifikation äußerte. Das türkis geführte Wirtschaftsministerium reagierte daraufhin mit einem eigenen Gutachten. Als Konsequenz dürfte die ÖVP zudem die Nachbesetzung der Präsidentenstelle am BVwG blockiert haben, die mittlerweile seit knapp einem Jahr unbesetzt ist.

Die Einigung bei der Wettbewerbsbehörde könnte nun auch Schwung in andere Postenbestellungen bringen. Neben der Spitze des Bundesverwaltungsgerichts sind etwa mehrere Positionen im Generalrat der Nationalbank (OeNB) und im Weisungsrat des Justizministeriums vakant.

Logische Nachfolgerin

Harsdorf-Borsch galt schon länger als logische Nachfolgerin Thanners an der Spitze der Behörde. Die 38-jährige Juristin hatte ihre Karriere 2009 bei der BWB gestartet. Nach ihrer Zeit als Referentin leitete sie die Rechtsabteilung, 2014 wurde sie zur stellvertretenden Geschäftsstellenleiterin befördert. 2021 stieg sie dann zur stellvertretenden Generaldirektorin auf.

In Fachkreisen gilt Harsdorf-Borsch als Expertin für Wettbewerbsrecht und als international gut vernetzt. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bezeichnen sie zwar als streng, gleichzeitig aber als verlässliche und kompetente Ansprechperson. Die Behörde habe sich in den letzten Jahren auch gerade ihretwegen einen guten Ruf erarbeitet.

In einem Interview in der "ZiB 2" vergangenen Juli hatte Harsdorf-Borsch betont, dass ihr Fokus in den zwei Jahren ihrer interimistischen Leitung stets auf Leistung gelegen sei. Sie hoffe, dass das am Ende in die Entscheidung einfließen werde. Nach ihrer Bestellung durch den Bundespräsidenten wird Harsdorf-Borsch zunächst fünf Jahre lang die Behörde leiten. Die zwei Jahre als interimistische Chefin werden nicht eingerechnet.

Auf Anfrage des STANDARD betont Harsdorf-Borsch, dass ihre Bestellung beim Bundespräsidenten liege, die Ernennung für sie aber eine "große Auszeichnung" wäre. Aufgabe der Bundeswettbewerbsbehörde ist es, für einen freien und fairen Wettbewerb in Österreich zu sorgen. Die Institution wurde 2002 gegründet und ist unabhängig und weisungsfrei. (Jakob Pflügl, 10.10.2023)