Eigentlich war Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Donnerstagabend vor allem wegen eines Themas Gast in der "ZiB 2": der Einigung zum Informationsfreiheitsgesetz. Doch nur weil eine schwarz-grüne Baustelle (wahrscheinlich) verlassen werden kann, heißt das nicht, dass die Regierung die Arbeitshandschuhe ausziehen kann. Denn mit gleich mehreren offenen Posten in Institutionen wie der Nationalbank oder bei der Bundeswettbewerbsbehörde gibt es noch viel zu tun. Darauf angesprochen sagte Kogler, er sei zuversichtlich, den "auf Dauer nicht haltbaren Zustand" bald zu beenden.

Aber welche Stellen sind derzeit nicht besetzt? Ein Überblick:

Im Generalrat der Nationalbank (OeNB) sind seit einigen Wochen mehrere Posten nicht besetzt – die Mandate von Präsident Harald Mahrer und Vizepräsidentin Barbara Kolb liefen aus. Das Kontrollgremium der Notenbank besteht derzeit nur aus fünf, statt aus zehn Personen und hat kein Präsidium. Beschlussfähig sei der Generalrat laut Angaben der OeNB aber dennoch. Die Besetzung sei diese Woche im Ministerrat kein Thema gewesen, heißt es aus dem Finanzministerium. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) meinte diese Woche in der "ZiB 2", die Besetzung passiere "in den nächsten Tagen", spätestens bis zur nächsten Sitzung des Generalrats im Oktober.

Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer
Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer, muss in der Nationalbank nachbesetzt werden.
APA / Tobias Steinmaurer

Wie die "Presse" unlängst berichtete, habe Wirtschaftskammer-Chef Mahrer die Regierung bereits vor Monaten aufgefordert, bezüglich der Nachbesetzung aktiv zu werden. Die Grünen hätten einer Wiederbestellung von Mahrer nicht zugestimmt, hieß es im Bericht.

Wo der Postenstreit seinen Ursprung nimmt

Andere Posten sind schon länger vakant, allen voran die Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde. Seit mehr als eineinhalb Jahren kann sich die Koalition nicht darauf einigen, wer Generaldirektor werden soll. Die interimistische Leiterin, Natalie Harsdorf-Borsch, wird von den Grünen unterstützt. Aus einem Auswahlverfahren des Wirtschaftsministeriums ging allerdings ein anderer als Erstgereihter hervor: Michael Sachs, Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts. Allerdings soll er nur einen Punkt mehr als Harsdorf-Borsch bekommen haben.

Die Grünen lehnen Sachs, der einst Kabinettschef von Wolfgang Schüssel war, ab und zweifeln an seiner fachlichen Qualifikation. Erst vor ein paar Tagen machte die NGO Asylkoordination öffentlich, wie Sachs am Bundesverwaltungsgericht über Jahre hinweg fehlerhaft geurteilt haben soll – so fehlerhaft, dass die Republik Österreich Schadenersatz an Verfahrensbeteiligte zahlen musste. In der Kritik steht Sachs aber schon länger. Wie der "Kurier" berichtet, will man im Justizministerium nun eine dienst- und disziplinarrechtliche Prüfung bezüglich Sachs durchführen.

Das Bundesverwaltungsgericht wird derzeit, wie einige andere Institutionen, interimistisch geleitet.
imago/viennaslide

Dass die Grünen Sachs' Wechsel an die Spitze der Bundeswettbewerbsbehörde ablehnen, hat wiederum Auswirkungen auf das Bundesverwaltungsgericht, das Sachs interimistisch leitet. Für diese Position wurde Sabine Matejka, derzeit Vorsteherin des Bezirksgerichts in Floridsdorf, von einer Personalkommission auf Platz eins gesetzt. Seit beinahe einem Jahr ist also auch diese Stelle nicht besetzt. Das Gericht behandelt hauptsächlich Asylfragen und Umweltverfahren.

Protest gegen Nichtbesetzung

Aus Protest legte Matejka mit September ihre Funktion als Präsidentin der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter nach sechs Jahren zurück. "Bei der Besetzung eines unabhängigen Gerichts sollte es keine 'politische Abstimmung' geben", übte sie öffentlich deutlich Kritik.

Zuletzt wurde über einen möglichen Kompromiss berichtet. Demnach könnte beim Bundesverwaltungsgericht der drittplatzierte Bewerber und bei der Bundeswettbewerbsbehörde die zweitplatzierte Bewerberin zum Zug kommen. Möglich wäre das, weil die Regierung in der Entscheidung, wen aus dem Dreiervorschlag der Kommission sie auswählt, frei ist.

Sabine Matejka legte ihre Funktion als Präsidentin der Richtervereinigung aus Protest zurück. Sie ist Erstgereihte für die Leitung des Bundesverwaltungsgerichts.
HELMUT FOHRINGER / APA / picture

Allerdings könnten dadurch Kosten entstehen. Matejka hat gegenüber dem "Kurier" bereits angekündigt, dass sie sich in dem Fall überlegen würde, Beschwerde einzulegen. Sie könnte sich dadurch zwar nicht den Job, sehr wohl aber das Gehalt erstreiten. Denn statt Matejka würde ein schlechter qualifizierter Mann den Posten bekommen. Matejka könnte sich dann an die Gleichbehandlungskommission des Bundes wenden. Diese würde auf Grundlage des Gleichbehandlungsgesetzes prüfen, ob eine Diskriminierung vorliegt. Das Justizministerium könnte als Dienstgeber verpflichtet werden, ihr die Differenz zwischen dem, was sie derzeit als Bezirksrichterin verdient, und dem, was sie als Gerichtspräsidentin verdient hätte, als Schadenersatz zu zahlen.

Seit Ende 2021 ist außerdem die Leitung der Alterssicherungskommission vakant. Walter Pöltner, der frühere Vorsitzende, trat aus "Frust" über den Regierungskurs in der Alterssicherung zurück, seine Stellvertreterin Ingrid Korosec führt seither die Kommission.

Offene Stellen in der Justiz

Und auch die Generalprokuratur, eine der höchsten Justizfunktionen des Landes, ist derzeit unbesetzt. Der Leiter, Franz Plöchl, ist Ende August mit Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren in Pension gegangen. Sein Posten wurde von März bis Ende April zwar ausgeschrieben, besetzt wurde er aber noch nicht. Damit ist auch eine andere wichtige Position nicht besetzt. Denn der Leiter bzw. die Leiterin der Generalprokuratur steht seit 2016 auch dem Weisungsrat vor. In Fällen, in denen der Justizminister bzw. die Justizministerin eine Weisung an die Staatsanwaltschaften erteilen möchte, und bei Fällen von besonderem öffentlichem Interesse wird der Weisungsrat beigezogen.

In der Justiz gibt es noch eine prominente unbesetzte Stelle: Auch die Entscheidung über die Neubesetzung der Datenschutzbehörde ist mittlerweile überfällig. Seit 1. Oktober ist Andrea Jelinek in Pension. Grund für die Verspätung könnte sein, dass die Regierung die vielen offenen Top-Jobs gemeinsam verhandeln will.

Grüne und ÖVP betonten in ihren Stellungnahmen freilich stets, dass es keine Absprachen, sondern "politische Verhandlungen" gebe, die noch nicht beendet seien. (Lara Hagen, 6.10.2023)