Nach der Verbreitung von Falschinformationen zu den Angriffen der islamistischen Hamas auf Israel auf Elon Musks Online-Plattform X (vormals Twitter) wird die EU-Kommission aktiv. EU-Kommissar Thierry Breton erinnerte Musk in einem Brief an die Verpflichtung, illegale Inhalte zu löschen. So gebe es Hinweise auf Bilder, die manipuliert seien oder eigentlich aus Videospielen stammten. Musk gab sich zunächst unwissend.

Er rief Breton auf, die Verstöße aufzulisten, "damit die Öffentlichkeit sie sehen kann". Der Kommissar blieb hart: "Die Berichte ihrer Nutzer – und der Behörden – über Falschinformationen und die Verherrlichung von Gewalt sind ihnen gut bekannt." Es sei nun an Musk, seinen Worten Taten folgen zu lassen. "Aber was SIND diese Inhalte, von denen die Rede ist?", schrieb Musk Stunden später erneut.

Auf dem Profil von X, das über Maßnahmen zur Plattformsicherheit informiert, hatte es am Montag geheißen, man sei am Wochenende gegen "zehntausende" Beiträge mit Darstellung von Gewalt oder mit Hassrede vorgegangen. Auch seien neu geschaffene Accounts mit Verbindungen zur Hamas entfernt worden.

Am Mittwoch veröffentlichte Breton auf dem sozialen Netzwerk Bluesky zudem einen ähnlichen Brief an Meta-Chef Mark Zuckerberg. Er wolle unverzüglich über Einzelheiten der Maßnahmen informiert werden, die Facebook getroffen habe, um Fälschungen einzudämmen, auch im Hinblick auf bevorstehende Wahlen in der EU, schrieb der Franzose. Es gebe Berichte über eine beträchtliche Zahl von Fälschungen und manipulierten Inhalten im Zusammenhang mit den jüngsten Wahlen in der Slowakei. Innerhalb des nächsten Jahres finden nicht nur die Europawahlen statt, auch in mehreren EU-Staaten - darunter Österreich - sind Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, ihre Stimmen in nationalen Wahlen abzugeben.

EU-Kommissar Thierry Breton
EU-Kommissar Thierry Breton ist eher kein Freund von X-Eigentümer Elon Musk.
AFP/KENZO TRIBOUILLARD

Anti-Fake-News-Team verkleinert

Tech-Milliardär Musk hatte vor knapp einem Jahr Twitter gekauft und den Online-Dienst später in X umbenannt. Er entließ kurz nach der Übernahme rund die Hälfte der Belegschaft. Bei seinem Sparkurs verloren laut Medienberichten auch viele Mitarbeiter ihre Jobs, die für die Sicherheit der Plattform und den Kampf gegen Falschinformationen zuständig waren. Die von Musk eingesetzte X-Chefin, die Werbe-Managerin Linda Yaccarino, sagte jüngst allerdings, die entsprechenden Abteilungen würden inzwischen wieder aufgebaut.

Musk betonte immer wieder, dass aus seiner Sicht Twitter vor der Übernahme zu sehr die Redefreiheit eingeschränkt habe. Entsprechend lockerte er die Regeln für Äußerungen auf der Plattform. Unter anderem die jüdische Organisation ADL und einige Forscher sehen seitdem einen Anstieg antisemitischer Inhalte auf der Plattform. Musk weist dies zurück und drohte, die ADL vor Gericht zu zerren. Seit der Übernahme meiden zahlreiche frühere Werbekunden X, weil sie ein negatives Umfeld für ihre Marken befürchten. Das schlägt sich in den Anzeigenerlösen nieder.

"Nach den terroristischen Anschlägen der Hamas gegen Israel haben wir Hinweise darauf, dass Ihre Plattform genutzt wird, um illegale Inhalte und Desinformationen in der EU zu verbreiten", schrieb Breton in einem Brief, der am Dienstagabend auf X veröffentlicht wurde.

Er wolle Musk an die neuen EU-Gesetze erinnern, die für große Online-Plattformen gelten – nämlich dass klar sein müsse, welche Inhalte erlaubt seien und welche nicht. "Dies ist besonders wichtig, wenn es um gewalttätige und terroristische Inhalte geht, die auf Ihrer Plattform zu kursieren scheinen", schrieb Breton. Außerdem müssten solche Inhalte schnellstmöglich gelöscht werden. Er bat um eine Antwort innerhalb von 24 Stunden.

Elon Musk
Elon Musk dürfte auch nicht der größte Fan von Thierry Breton sein.
AFP/ALAIN JOCARD

Hohe Strafen möglich

Facebook, X, Google und viele andere müssen nach einem neuen Gesetz künftig schärfer gegen illegale Inhalte wie zum Beispiel Hass und Hetze im Netz vorgehen, sonst drohen ihnen saftige Geldstrafen. Diese können bis zu sechs Prozent des Umsatzes ausmachen, zudem ist auch eine Sperre des Dienstes innerhalb der EU möglich.

Derweil rief die unabhängige deutsche Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, die Regierung zum Verlassen von X auf. Das berichtete das Medienhaus Table Media unter Berufung auf die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Weiter heißt es, Ataman kritisiere in einem Schreiben an Regierungssprecher Steffen Hebestreit die Plattformbetreiber massiv und weise auf die mangelhafte Durchsetzung geltenden Rechts auf der Plattform hin.

Es sei "zunehmend fragwürdig, ob Regierungs- und staatliche Behörden Öffentlichkeitsarbeit auf einer Plattform betreiben sollten, die zu einem Desinformationsnetzwerk geworden ist und deren Eigentümer antisemitische, rassistische und rechtspopulistische Inhalte teilt oder verbreitet", heißt es in dem Schreiben weiter. (APA, 11.10.2023)