Wie viele Wohneinheiten wurden 2021 in Österreich fertiggestellt? Wie viele davon waren gefördert? Und wie können wir die vollständige Dekarbonisierung des Wohnungsbestands in den nächsten 15 bis 20 Jahren schaffen? Antworten auf Fragen wie diese liefert das Österreichische Wohnhandbuch 2023, herausgegeben von Wolfgang Amann und Christian Struber, nunmehr bereits in seiner 11. Auflage. Es ist soeben im Linde-Verlag erschienen und versammelt wieder allerlei statistisches Material zum Wohnbau in Österreich, erhoben vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW), das von Wolfgang Amann geführt wird.

Ein altes Wohngebäude mit einer fensterlosen Feuermauer, auf die eine große gelbe Sonne gemalt wurde.
Mit dem Tempo, das zwischen 2006 und 2014 an den Tag gelegt wurde, könnte der gesamte Gebäudebestand schon Mitte der 2030er-Jahre dekarbonisiert sein, rechnet Wolfgang Amann vor.
Putschögl

Das Österreichische Wohnhandbuch wurde erstmals 1995 herausgegeben und erschien bisher nur alle drei Jahre, künftig soll es nach den Plänen der beiden Herausgeber aber sogar jährlich erscheinen. Und das Autoren- und Autorinnenteam wurde schon dieses Mal vergrößert: Neben den beiden Herausgebern haben weitere zehn Wohnbauexpertinnen und -experten Beiträge geliefert.

Geringere Rolle der Wohnbauförderung

Zunächst aber ein paar Antworten auf die eingangs gestellten Fragen: 72.200 Einheiten wurden 2021 fertiggestellt, weniger als ein Drittel davon wurde mit Wohnbauförderung errichtet. Der Rückgang des sogenannten Förderdurchsatzes, also des Anteils des geförderten Wohnbaus an der gesamten Wohnungsproduktion, war in den vergangenen 20 Jahren dramatisch, was auch am Rückgang der Förderzusicherungen, großteils aber am Höhenflug des freifinanzierten Wohnbaus lag.

Noch Anfang der 2000er-Jahre wurden vier von fünf neuen Wohneinheiten in Österreich mit Förderung errichtet, mittlerweile ist es nur noch ein Viertel, wie aus dem mit zahlreichen Grafiken gespickten Beitrag von Gerlinde Gutheil-Knopp-Kirchwald, wohnwirtschaftliche Referentin im Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV), hervorgeht. Dort ist auch zu lesen, dass die Sanierungsrate in Österreich nach wie vor bei unter zwei Prozent liegt und die Wohnbaufördermittel seit etwa 15 Jahren stetig weniger werden.

Dekarbonisierung schon bis Mitte der 2030er-Jahre

Herausgeber Amann beschäftigt sich in seinem Beitrag mit den Herausforderungen der Dekarbonisierung des Wohnungsbestands. Und er wartet hier mit einer interessanten Berechnung auf: Die CO2-Emissionen des Gebäudesektors könnten bereits Mitte der 2030er-Jahre bei Netto-Null sein – und zwar dann, wenn die jährlichen Rückgänge wieder auf das Niveau gebracht werden können, das zwischen 2006 und 2014 erreicht wurde. Damals lag die Sanierungsrate bei über zwei Prozent, der Emissionsrückgang machte jährlich fünf Prozent aus. "Die Ursachen für die damals sehr positive Performance sind nicht gänzlich geklärt, hängen aber mit niedrigen Neubauzahlen, guten thermischen Standards und hohen Sanierungsraten zusammen", schreibt Amann.

Allerdings: Die Netto-Null bis Mitte der 2030er-Jahre sei mit den heute schon bekannten Maßnahmen nicht zu erreichen, "es braucht neue Zugänge". Amann erwähnt den Finanzausgleich als einen wichtigen Hebel, außerdem die Raumordnung sowie das Erneuerbare-Wärme-Gesetz mit den notwendigen wohnrechtlichen Begleitmaßnahmen.

Alle genannten Aspekte und noch mehr in Sachen Dekarbonisierung werden im Wohnhandbuch ausführlich erläutert. Auch auf die Umsetzung der EU-Taxonomie wird eingegangen. Wohnrechtsexperte Helmut Puchebner beschreibt in einem Beitrag die Herausforderungen, die die Mobilisierung von Grundstücken für leistbares Wohnen mit sich bringt. Er geht auf die Themen Leerstandsabgabe, Bodenbeschaffungsgesetz und Vertragsraumordnung ein und erklärt dazu auch die möglichen verfassungsrechtlichen Ansätze, um diesen Instrumenten zum Durchbruch zu verhelfen.

"Dritter Weg zum Eigentum"

Co-Herausgeber Christian Struber, Geschäftsführer der gemeinnützigen Salzburg Wohnbau und Bundesobmann der Arge Eigenheim, des Vereins der ÖVP-nahen Gemeinnützigen, wirft zum Schluss noch einen Blick in die mögliche Zukunft der Wohnbaufinanzierung. Bereits im Sommer schlug Struber eine Neuaufstellung der Wohnbauförderung vor, mit drei neuen "Töpfen", nämlich einerseits die herkömmliche Wohnbauförderung, andererseits aber auch zwei neue Töpfe, aus denen Dekarbonisierungsmaßnahmen gefördert werden sollten, einer davon als Erweiterung des "Wohnschirms" der Regierung mit einer Förderung auch besonders für einkommensschwache Haushalte. (Martin Putschögl, 12.10.2023)

Das Buchcover
Wolfgang Amann, Christian Struber (Hg.): Österreichisches Wohnhandbuch 2023, 120 Seiten, Linde-Verlag.
Linde Verlag