Pink Floyd, Roger Waters
Für dieses Geschäft darf man nicht von Selbstzweifeln geplagt werden: Roger Waters schreibt mit seinen 80 Jahren noch schnell seine Geschichte mit Pink Floyd um.
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Eines der erfolgreichsten Alben der Musikgeschichte, The Dark Side of the Moon von Pink Floyd, wird am 13. Oktober 50 Jahre alt. Nicht nur das schwarze Cover mit seiner Prismenbrechung eines Lichtstrahls in dessen Spektralfarben hat sich fest in die Pop-DNA eingeschrieben. Bemerkenswert erscheint aus heutiger Sicht vor allem auch eine Tatsache: Das Konzeptalbum beschäftigte sich früh mit Themen wie existenzieller Angst, Tod, Wahnsinn und Gewalt.

Es beinhaltet Elemente aus der strengen akademischen Kammer der Musique concrète wie die Geräusche einer Registrierkassa, den Lärm mechanischer Uhren, menschlichen Herzschlag oder ein explodierendes Flugzeug. Trotzdem verkaufte die Band bis heute weit über 50 Millionen Tonträger von The Dark Side of the Moon. Derzeit liegt nicht nur eine vom kristallinen Klang her in diversen Geheimlaboren jahrelang mit neuesten Klangpartikel-Kärchern gereinigte und akustisch umwerfend restaurierte Fassung des Originalalbums vor.

Roger Waters

Pünktlich zum Jubiläum wird man auf dem Youtube-Kanal von Pink Floyd auch eine neu produzierte Dokumentation abrufen können. Eclipse zeigt die Reise von Pink-Floyd-Fans im April 2023 zur totalen Sonnenfinsternis in Westaustralien. Rechtzeitig zum finalen Song Eclipse wird es da finster, aber noch nicht ganz: "And everything under the sun is in tune / But the sun is eclipsed by the moon.

Das Heu wird heruntergeräumt

Roger Waters, neben Gitarrist David Gilmour das durchsetzungskräftigste Alphatier von Pink Floyd, brachte schon 1979 mit The Wall endgültig den Größenwahn in die mit Gilmour-Vorgänger Syd Barrett einst in den 1960er-Jahren fröhlich im Drogennebel werkelnde Psychedelic-Band. Er verließ Pink Floyd 1985 im Streit. Während die alten Kollegen bis 1994 weiterhin die Sportstadien dieser Welt ausverkauften, muss er sich in dieser Zeit mit kleineren Hallen zufriedengeben.

Der König ohne Land ist vielleicht auch deshalb ein wenig bitter geworden. Die letzten Jahre sorgte er als einer der Hauptprotagonisten der antisemitisch gelesenen BDS-Bewegung und mit neuen, aufgrund antisemitischer Symbole äußerst umstrittener Aufführungen von The Wall für Schlagzeilen. Seit dem Terrorkrieg in Israel verhält sich der 80-Jährige auffallend ruhig.

Roger Waters

Allerdings veröffentlicht er nun seine neue Sicht der alten Großtat. The Dark Side of the Moon Redux räumt den alten Hadern wie Money,Time oder Brain Damage das sprichwörtliche Heu herunter. Reduzierte, nackte Songs (selbstverständlich ganz ohne die ebenfalls ikonographischen Gitarrensoli des alten Gegners David Gilmour!!!), eingespielt von Floyd-Apostel Jonathan Wilson oder Star-Schlagzeuger Joey Waronker, untermauern nicht nur deren Qualtität und Gültigkeit. Waters murmelt und spricht hörspielartig auch erweiterte neue (und akustisch schwer zu entschlüsselnde) Texte.

Das Album ist laut ihm ja vor 50 Jahren auch missverstanden worden. Aus den Songtexten habe immer schon ein grantiger, alter Mann gesprochen. Wie sagt man so schön: Jede Generation hofft darauf, die letzte zu sein. (Christian Schachinger, 13.10.2023)