Giedrė Šlekytė
Die Litauerin Giedrė Šlekytė dirigierte im Musikverein.
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Gerade einmal 31 Jahre ist er alt und schon zu Legenden der Klassikbranche vorgestoßen: Kian Soltani, als Spross persischer Eltern in Bregenz geboren, hat sich als Cellist im West-Eastern Divan Orchestra die Anerkennung von Gründer und Leiter Daniel Barenboim erspielt. Der mächtige Maestro (und derzeit ohnmächtige Nahost-Friedensaktivist) hat den Jungspund dafür in seinen Kammermusik-Zirkel aufgenommen – und die Aktien des Cellisten beträchtlich steigen lassen. Soltani hat seither auch mit Kapazundern wie Renaud Capuçon gewerkt, schrummt auf einem Viersaiter aus dem Hause Stradivari und nimmt für das Edellabel mit dem gelben Logo (also: DG) auf.

Dass sich dieser Aufstieg nicht bloß einer günstigen Sternenkonstellation verdankt, bewies Soltani am Mittwoch im Musikverein unter denkbar unspektakulären Bedingungen: Mit Schumanns Cello-Konzert war ein altgedientes Schlachtross des Repertoires angesetzt, und die Wiener Symphoniker verliehen ihm nicht gerade Festtagsglanz: Dirigentin Giedrė Šlekytė schwor das Orchester auf eine Gangart ein, die dem Solisten zwar nicht die Show stiehlt, ihm im Gegenteil aber allzu unauffällig folgt – wie ein dezenter Butler.

Energie und Vitalität

Umso erfreulicher, wie viel Energie und spielerische Variabilität Soltani an den Tag legt: Bekleidet mit einem Herrenoberteil, das den Kaftan mit dem Sakko zu fusionieren scheint, entlockt er seiner Stradivari mal einen schlanken Ton, mal auffahrende Attacken, im rechten Augenblick auch eine sehnsüchtige Süffigkeit, die es dennoch nicht an Nuancen vermissen lässt. Kurz: ein Ausbund an kommunikativer Lebendigkeit, der Mann.

Rundum respektable Orchesterleistungen: Bartóks Tanz-Suite begeistert zu Beginn des Abends mit einem Farbenspektrum zwischen erdig-metallischen Tönen und einem phosphoreszierenden Kolorit; Dvořáks Siebenter fehlt es gegen Ende zwar an geschmeidigen Feinabstufungen, nicht aber an Herzblut im Poco adagio und kerniger Leutseligkeit im Finale – ein bisweilen harter, aber herzlicher Sound. Abschließend Beifall und Dank in Richtung Orchester. (irrge, 13.10.2023)