Fachkräftemangel
Erwerbshindernissen müssten abgebaut werden, sagt Wifo-Experte Helmut Mahringer.
IMAGO/Müller-Stauffenberg

Wien – Der Arbeitskräftemangel ist zum Teil selbst verschuldet, da die "stille Reserve" aus Personen, die arbeitswillig, aber nicht -suchend sind, sowie unterbeschäftigten Teilzeitkräften nicht genutzt wird: Das ist das Ergebnis einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo für die Arbeiterkammer (AK). Demnach gibt es mehr Menschen in der stillen Reserve und in ungewollter Teilzeit als Arbeitslose. Insbesondere Frauen und Migrantinnen und Migranten würden in Teilzeit gedrängt. Laut der Studie "Aktivierbare Arbeitsmarktpotenziale und 'Stille Reserven' in Österreich" zählen rund 312.000 Menschen zur stillen Reserve, sind als ohne Job, suchen aber auch nicht aktiv. Dazu kämen noch 139.000 unfreiwillige Teilzeitkräfte.

Gleichzeitig nehme die Aus- und Weiterbildungsbereitschaft der Unternehmen ab. "Aber wer Fachkräfte braucht, muss sie auch ausbilden", sagt Silvia Hofbauer, Leiterin der AK-Abteilung Arbeitsmarkt. Es gehe darum, an mehreren Schrauben zu drehen. "Neben guten Arbeitsbedingungen und fairer Bezahlung geht es zum Beispiel auch um die öffentliche Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen, bezahlbaren Wohnraum oder soziale Infrastruktur wie Kinderbetreuung", meint sie. Sie forderte die Regierung auf, das AMS personell und finanziell so auszustatten, dass die stille Reserve auch gehoben werden kann. Versuche, dies mit Druck zu bewerkstelligen, seien "der falsche Ansatz".

"Erhebliches Arbeitskraftpotenzial"

Wifo-Wirtschaftsexperte Helmut Mahringer verwies ebenfalls auf das "erhebliche Arbeitskraftpotenzial", das Österreich noch habe, und mahnte Maßnahmen ein. "Häufig ist die Aktivierung dieses Potenzials nur mit dem Abbau von Erwerbshindernissen, etwa der Unvereinbarkeit mit Betreuungsaufgaben, mangelnder Kompetenzen, eines Mangels an geeignet ausgestalteten Arbeitsplätzen für gesundheitlich Beeinträchtigte oder schlechter Sprachkenntnisse, zu erreichen", so Mahringer.

Die Wirtschaftsforscher haben durchgespielt, wie die Situation 2040 ausschauen könnte. Bis dahin falle die Zahl der Vollzeitbeschäftigten um 80.000 Personen, die der Arbeitslosen um 57.000 Personen. Die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten steige um 175.000 Personen. Die Zahl der Pensionisten in der Bevölkerungsgruppe der bis 64-Jährigen gehe um 206.000 zurück. Dafür würden um 35 Prozent mehr Menschen aus gesundheitlichen Gründen nicht am Erwerbsleben teilnehmen. Auch die Zahl der Personen, die ausschließlich geringfügig beschäftigt sind oder aus sonstigen Gründen nicht am Erwerbsleben teilnehmen, werde voraussichtlich sinken: um 17.000 bzw. 93.000 Personen.

Die Arbeiterkammer forderte am Freitag bei einer Pressekonferenz eine "gesunde Vollzeit", die laut Studien zwischen 30 und 35 Wochenstunden liege. Gleichzeitig müssten die 2018 beschlossenen Regelungen zum Zwölfstundentag zurückgenommen werden. (APA, 13.10.2023)