Wolfgang Muthspiel pendelt zwischen E-Gitarre und einer akustischen.
APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Während sein Bruder, Komponist Christian Muthspiel, mit seiner Big Band, dem Orjazztra Vienna, durch die Lande zieht, legt es Gitarrist Wolfgang Muthspiel besetzungsmäßig wieder einmal "bonsaimäßig" an. Mit Bassist Scott Colley und Drummer Brian Blade durchwandert er den Kosmos des Jazztrios, für das er auch reizvolle Kammermusik komponiert hat.

Die Einspielung Dance of the Elders, wieder beim Renommierlabel ECM erschienen, schließt an die Trioaufnahme Angular Blues an. Muthspiel, der in der internationalen Szene fest verankert ist, geht die Trialoge mit unaufgeregter Impulsivität an. Das subtile Köcheln der Strukturen, welches aus einem blinden Verständnis zwischen den Musikern herrührt, lässt sich sehr gut auch an Klassikern wie Kurt Weills Liebeslied aus der Dreigroschenoper studieren. Das sanft dahinschwebende Stück wirkt wie ein offenes, spontanes Kunstwerk, aus dem Weills Melodie nur als Fragment auftaucht. Aus dieser abstrakten Harmoniewelt tauchen Muthspiels Linien wie prägnante Kommentare auf.

Ein bisschen Vater Bach

Blades rhythmische Energieimpulse sind hier wesentlich. Sie ermöglichen die Gleichzeitigkeit von Entschleunigung und Intensität und bewirken einen ganz eigenen Schwebezustand der Musik – auch bei der spontan im Studio entstanden Improvisation Prelude to Bach. Sie erinnert daran, dass Muthspiel einst auch der klassischen Gitarre sehr zugetan war. Er beendet das Spontanstück auf der Akustischen denn auch mit Bachs Choral O Haupt voll Blut und Wunden. Das passt zur Grundstimmung der Einspielung, die am Montag im Konzerthaus präsentiert wird. Bei aller Intensität ist Dance of the Elders etwas Friedvoll-Tröstliches zu eigen. (Ljubisa Tosic, 16. 10.2023)