Pac-Man LEGO
Da steht sie, die monströse Verpackung mit über 2.500 Teilen.
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Spätestens seit dem Pandemiejahr 2020 habe ich Probleme, mich auf eine Sache zu fokussieren. Vielleicht ist es der hohe Tiktok-Konsum, vielleicht die Gewohnheit, neben dem Hauptbildschirm auch noch einen Second Screen zu beharken. Oftmals bleibt so das Gefühl, viele Dinge zu tun, aber alle nicht richtig. Am Smartphone spielen und parallel eine Serie schauen mag so wirken, als würde man viel gleichzeitig schaffen, am Ende weiß man aber entweder nicht, was in der Serie gerade gesprochen wurde, oder man verkackt das Spiel, weil man mit den Gedanken nicht bei der Sache war.

Um aus diesem Teufelskreis auszubrechen, könnte ich ein Buch lesen oder aber ich besorge mir ein Nerd-getränktes Lego-Set mit tausenden Bausteinen, um den Fokus zurück in mein Leben zu bringen. Maximal ein wenig Jazzmusik aus den Bluetooth-Boxen im Hintergrund laufen lassen und sonst Fokus, Fokus, Fokus.

Pac-Man LEGO
Durchnummerierte Säckchen? Wer noch nie ein Lego-Set dieser Größe gebaut hat, wundert sich, warum hier so strikt getrennt wird.
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Pac-Man LEGO
Die Beschreibung macht zunächst aufgrund ihrer Dicke Angst, man blättert sich aber recht schnell durch das Mammutwerk.
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Pac-Man LEGO
Wenn erste Teile fertig werden und auch funktionieren, kickt das die Motivation nach oben.
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2.651 Teile

2.651 Teile, 269,99 Euro – das sind die harten Fakten zum Pac-Man Spielautomaten aus Lego, den ich ohne viel Respekt auf meinen Wohnzimmerboden kippe. Im Gegensatz zu den Bausteinsets, die ich in den letzten zwei Jahren für meinen kleinen Sohn gekauft habe, sind die Bausteine in kleine Plastiksäcke verpackt und durchnummeriert. Nach einem kurzen Studium der knapp 300 Seiten dicken Anleitung wird mir klar, warum das so ist. Die Säcke beinhalten sehr viele, sehr kleine Teile, die thematisch zusammenpassen. Wohl die einzige Möglichkeit, gezielt ein mehrere Tausend Stück großes Teil irgendwann auch fertigzubekommen.

Und tatsächlich sitzt man ab Seite eins nicht wie ein kleines Kind vor einem Haufen Bauklötzchen, sondern man studiert wie ein Ingenieur eine Bauanleitung und sucht verzweifelt in einem Haufen Ministeinen nach dem passenden Teil. Schon nach wenigen Bauanleitungsschritten wird es mir zu bunt, und ich sortiere die Bauteile. Lange, schwarze Teile lege ich genauso zusammen wie die runden, roten Stöpsel, die wohl auch irgendeine Funktion haben.

Der Jazz im Hintergrund nervt mich, und ich drehe doch eine Serie im Hintergrund auf. Schon wenige Minuten später bekomme ich die Rechnung für diese provozierte Unaufmerksamkeit präsentiert. Mir fehlen Steine. Schweißgebadet suche ich den Zimmerboden nach den verlorenen Teilen ab. Nichts. Die angeblich leeren Plastiksäcke werden aus dem Mistkübel gefischt und akribisch abgetastet. Nichts. Etwas genervt blättere ich ein paar Seiten zurück und gehe noch mal alle Schritte durch, die bis jetzt von mir getan wurden. Tatsächlich habe ich ähnlich aussehende Teile verwechselt und an die falsche Stelle gesteckt, was zu dem späteren Engpass führte. Anfängerfehler, der sich in den nächsten Stunden kaum wiederholen sollte. Der Fernseher blieb nämlich ab sofort aus.

Stolz auf Stein

Tatsächlich erwies sich der Zusammenbau als trickreich, mit all seinen sehr kleinen Teilen, aber ich fand langsam Gefallen am konzentrierten Arbeiten. Erste Abschnitte wurden fertig und spätestens beim lustigen Steckspiel, das später der Bildschirm werden sollte, war ich ganz in meiner Nerd-Bubble gefangen. Ein paar bewegliche Teile und dann doch wieder einer Versteckaktion später, wuchs der Lego-Automat zu seiner vollen Größe. Brauchte ich für die ersten Säckchen noch mehr als eine Stunde, wurde der Zusammenbau mit der Zeit zügiger. Man bekommt ein Auge für bestimmte Teile und sieht klarer, welche Steckmethoden in der Beschreibung gemeint sind. Nach fünf Abenden war es dann soweit und ich konnte die Zier-Pac-Mans stolz auf den Automaten setzen und damit das Werk vollenden.

Auseinandernehmen wird man das Teil allerdings nur schwer können. Erstens habe ich keines der nummerierten Säckchen mehr und zweitens hätte ich die Angst, irgendeinen filigranen Teil beim Abbau abzunudeln. So bleibt also ein knapp 300 Euro teures Zierstück fürs Regal, das man allerdings nicht aktiv spielen kann. Am Ende ist es eben kein echter Pac-Man-Automat.

Pac-Man Lego
Rund zehn Stunden werde ich wohl an dem Set gebastelt haben.
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Pac-Man Lego
Ein paar Teile lassen sich bewegen. Spielbar ist das Teil trotz Joystick nicht.
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Pac-Man Lego
Strenge Blicke der überdimensionierten Geister.
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Fazit

Lego-Sets in dieser Größe sind nicht allein zum Zusammenbau gedacht. Im Idealfall erfreut man sich an den verschiedenen Motiven, etwa einem Fragezeichen-Block aus "Super Mario 64" oder Bowser selbst, die dann mit Easter-Eggs für ein im Idealfall emotional aufgeladenes Lächeln beim Besitzer sorgen. Ich selbst fand den Zusammenbau sehr technisch und nur eingeschränkt unterhaltsam. Nach Bauanleitung etwas zusammenzubauen macht mir tatsächlich weniger Spaß, als aus einem Haufen Lego-Steinen meines Sohnes einmal einen Bahnhof und einmal ein Raumschiff zu bauen – ganz ohne Anleitung.

Zum Abtauchen in nichtdigitale Welten ist der stundenlange Aufbau dennoch geeignet. Zu viel Ablenkung wird mit hinderlichem Verbauen bestraft und kann bei Anfängern in Sackgassen führen, aus denen sie nur mühsam wieder herauskommen. Die Preise bei lizenzierten Lego-Sets sind zudem in Höhen aufgestiegen, die wohl auch hartgesottenen Sammlern mittlerweile die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Hier sind Konkurrenten wie Cobi, Panlos und Mould King mit etwas besseren Preis-Leistungs-Verhältnissen gesegnet.

Ich selbst werde künftig für mein Digital Detox im Idealfall wieder vermehrt zu einem Buch greifen, auch wenn dieses NES-Set auf der Lego-Website tatsächlich sehr cool aussieht. (Alexander Amon, 27.10.2023)

Das Lego-Set wurde von Lego Deutschland zur Verfügung gestellt.