Im Netz kursiert ein Video von dem Vorfall: Johann Bauer, Bürgermeister von Schrattenberg, wird ausfällig und handgreiflich.
Screenshot/X (Twitter)/privat

Wenn über Schrattenberg berichtet wird, ist Johann Bauer meist dabei. Als der Kaplan aus Uganda vorgestellt wird, bei der Kür zur "vereinsfreundlichsten Gemeinde", an runden Geburtstagen von Seniorinnen sowieso. Nachrichten über den niederösterreichischen Ort an der Grenze zu Tschechien kommen fast nie ohne den Bürgermeister aus. Nun sorgt der ÖVP-Politiker für Schlagzeilen der übleren Art. Bauer hat einen Mitbürger wüst beschimpft und bedrängt, die Szene mündete in einer Schlägerei. Das Handyvideo von dem Vorfall fand seinen Weg in die Öffentlichkeit, private Gründe und Alkohol, hieß es. Bauer verkündete nun, dass er Ende November von seinem Amt zurücktritt – angeblich ein Schritt, der ohnehin geplant gewesen sei.

Die Provinz-Posse könnte sich allerdings noch auswachsen, denn die Causa enthält doch weitere, möglicherweise heikle Aspekte. Denn es gibt nicht nur ein Video, sondern mehrere Bewegtbildaufnahmen und Tonspuren, die dem STANDARD vorliegen. Die zuerst von oe24 veröffentlichten Sequenzen zeigen nämlich keine "Wirtshausrauferei", wie es andere Medien berichten.

Wohl aber entzündete sich der Konflikt in der vergangenen Woche in einer Gaststätte. Was dort in alkoholgeschwängerter Atmosphäre entstand, wirkte auf eine Frau so bedrohlich, dass sie die Polizei rufen wollte. Neben Bauer und weiteren Personen war ein aus dem EU-Ausland stammendes Paar M. anwesend, deren männlicher Part mit dem Bürgermeister stritt. Ob es in dem Lokal schon zu Handgreiflichkeiten kam, ist unklar. Bauer wirkte auf den Aufnahmen dominant und alkoholisiert; mehrere Personen dürften versucht haben, den ÖVP-Mann zu überzeugen heimzugehen – offenbar erfolglos.

Denn später kreuzte er vor dem Wohnhaus des Paares M. auf, wo das bekannte Video entstand. Darin fleht die Frau Bauer an: "Herr Bürgermeister, bitte geh nach Hause." Ihr Mann verlangt: "Ich bitte Sie, dass Sie das Grundstück verlassen." Zuvor sagt M. offenbar auch etwas von "Zähnen" – eine Formulierung, die der Ortschef wohl als Drohung empfand.

Ein Schlag für den Bürgermeister

Bauer macht auf jeden Fall keine Anstalten, das fremde Grundstück zu verlassen. Aus ihm sprudeln Sätze wie: "Du bist nächste Woche nicht mehr in deinem Haus", aber auch: "Ich möchte nicht mit dir streiten." Mehrmals droht der Politiker dem Handwerker M., ihn umzubringen, nennt ihn wiederholt "Arschloch". Immer wieder weicht der Hausbesitzer zurück, immer wieder nähert sich Bauer. Er stößt ihn während seiner Tiraden, fasst ihm ins Gesicht – dann schlägt der Handwerker zu.

Doch was löste den Clinch zwischen den beiden aus? Wieso drohte Bauer dem Mann wegen Schulden? Was meinte M., als er Bauer vorwarf, seine Frau beleidigt zu haben? Es gibt viele offene Fragen, deren Antworten die Ton- und Videoaufnahmen nahelegen, aber nicht vollends klären.

In Schrattenberg, wo Bauer im Gemeinderat dank einer absoluten ÖVP-Mehrheit bislang schalten und walten kann, ist es schwer, kurzfristig Gesprächspartner zu finden. Die Gemeinderätin Tatjana Fuchs von der Liste Fair war bei dem Eklat nicht dabei, aber sie erzählt vom politischen Klima in Schrattenberg. "Der Bürgermeister ist ein absoluter Machtmensch", sagt Fuchs. "Bei Widerspruch reagiert er aggressiv." Viele Menschen hätten Angst vor ihm.

Johann Bauer war trotz mehrmaliger Kontaktversuche für den STANDARD nicht erreichbar. Aus dem Umfeld des Paares M. heißt es, man möchte sich derzeit nicht äußern. Nur so viel: Man habe erst darauf gewartet, dass der Bürgermeister um Verzeihung bittet. Jetzt warte man nicht mehr. (Oliver Das Gupta, 17.10.2023)