NFT
Ob NFTs bald endgültig vom Sockel gestoßen werden, bleibt (noch) fraglich.
IMAGO/Pond5 Images

Ende September ging ein Raunen durch die Kunst- und Kryptowelt – eine Studie von Dapp Gambl, einer Gemeinschaft von Blockchain-Experten, sah knapp 95 Prozent der NFT-Sammlungen als wertlos an. In Zahlen bedeutete das: Exakt 69.795 der insgesamt 73.257 Sammlungen, die der Verband analysierte, haben mittlerweile eine Marktkapitalisierung von null Ether beziehungsweise null Euro erreicht. Rund 23 Millionen Menschen bleiben der Studie zufolge auf nunmehr wertlosen Investments sitzen.

Dabei sah zuerst alles anders aus, der Aufstieg der NFTs beginnt kometenhaft. 2021 hielt die neue Form des Kunstsammelns so richtig Einzug in den sonst so analogen Markt: NFTs, das sind digitale Vermögenswerte, die online mittels Kryptowährung gekauft und verkauft werden können, wurden zum Teil für mehrere Millionen Dollar gehandelt. Vor rund zwei Jahren brach ein weltweiter Hype um diese "Non-Fungible Tokens", die einzigartigen Teilchen eines digitalen Kunstwerks, los. Blasierte Kunsthändler trafen auf Blockchain-Nerds.

Virtuelle Puzzleteile

Ein paar Beispiele: Der Twitter-Erfinder Jack Dorsey verkaufte seinen ersten Tweet als NFT für 2,9 Millionen Dollar, der Bored Ape Yacht Club handelte Comics gelangweilter Affen um 1,3 Millionen. Und eine Collage von Mike Winkelmann alias Beeple, dem bisher erfolgreichsten NFT-Künstler, wurde um satte 69,3 Millionen Dollar versteigert – das machte ihn kurzerhand zum drittwertvollsten lebenden Künstler der Welt. Kurz gesagt: Die digitalen Werke gingen durch die Decke.

Heute steht man vor ernüchternden Ergebnissen – auch am heimischen Markt: Anfang 2022 sorgten das Belvedere und wenig später das Leopold-Museum mit digitalen Projekten für Aufsehen: Das Belvedere zerstückelte Klimts Der Kuss in 10.000 virtuelle Puzzleteile, das Leopold verkaufte in einer Kooperation mit der Plattform LaCollection.io digitale Zwillinge von 24 Schiele-Gemälden.

"Wie ein Verlobungsring"

Vor allem die Klimt-Schnipsel weckten großes Interesse, so war das Belvedere immerhin das erste Bundesmuseum, das auf den NFT-Hype aufsprang. Der vom Haus festgelegte Verkaufspreis von 1850 Euro pro Stück hat sich seit dem Launch im Februar 2022 nicht verändert, der Online-Marktplatz opensea.io weist jedoch nur noch 0,35 Ether, umgerechnet rund 527 Euro, als Mindestpreis aus.

Seitens des Museums gibt man sich dennoch optimistisch. "Der gesamte Markt befindet sich im sogenannten Kryptowinter. Dem wird auch ein neuer Frühling folgen", so Geschäftsführer Wolfgang Bergmann. Er argumentiert mit dem subjektiven Wert der Objekte, der nicht auf Kaufwertsteigerung spekuliere: Die digitale Liebeserklärung, als die man die Klimt-NFTs vermarktet hat, sei wie ein Verlobungsring, sie habe "für die Beschenkten einen anderen Wert als der Marktwert der Materialien".

Das klingt nicht gerade nach einer finanziellen Erfolgsgeschichte, dennoch hat das Belvedere laut Bergmann mit den Klimt-NFTs immerhin rund 4,4 Millionen Euro erzielt. Auf dieser Welle will man trotz Flaute weitersurfen, bis zum Valentinstag 2024 soll das Projekt weiterentwickelt werden.

Noch nicht zu Ende

Dem gegenüber steht das Leopold-Museum: Dort gibt es aktuell keine Bestrebungen, eine neue NFT-Kampagne zu lancieren, heißt es auf Standard -Nachfrage. So wurde der Verkauf der Schiele-NFTs und damit das ganze Kapitel digitale Kunst einige Wochen nach dem Launch wieder geschlossen.

Weltweit ist die Geschichte rund um NFTs entgegen den nicht gerade erbaulichen Analysen noch nicht zu Ende geschrieben: Ethereum belegt im Ranking internationaler Kryptowährungen immer noch Platz zwei hinter dem Bitcoin, Auktionshäuser wie Christie's setzen nach wie vor auf Blockchain-Plattformen, Kunstmessen widmen NFTs ganze Sektionen, zu sehen etwa auf der Art Dubai 2023. Eine Erfolgsgeschichte sieht trotzdem anders aus. (Caroline Schluge, 18.10.2024)