Finanzminister Magnus Brunner vor seiner Budgetrede am Mittwoch im Parlament in Wien.  Finanzminister Magnus Brunner vor seiner Budgetrede am Mittwoch im Parlament in Wien.
Finanzminister Magnus Brunner vor seiner Budgetrede am Mittwoch im Parlament in Wien.
APA/ROBERT JAEGER

Was waren das doch für gute alte Zeiten, als der Staat immer neue und immer mehr Schulden aufnehmen konnte, dafür aber de facto keine Zinsen zu zahlen hatte. Gut möglich, dass dieser Gedanke Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bei der Erstellung des Budgets für 2024, das er am Mittwoch präsentieren wird, das eine oder andere Mal gekommen ist. Denn die Vorzeichen fürs Schuldenmachen haben sich binnen weniger Monate massiv verändert. Sich Geld zu borgen ist teurer geworden und zwar nicht nur für Häuselbauer, sondern auch für den Staat.

Die Sitzung des Nationalrats mit der Budgetrede von Finanzminister Brunner beginnt um 10 Uhr.
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Das ist eine Zäsur. Denn seit Jahren sind die Kosten für Österreichs Schuldendienst gesunken und gesunken. Das hatte einen einfachen Grund: Das Zinsniveau ging weltweit bergab, Geldes wurde sukzessive billiger. Das hatte mehrere Gründe: So war schlichtweg genug Kapital vorhanden in Europa und den anderen reichen Regionen der Welt, während vergleichsweise wenig investiert wurde. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte ihrerseits auf eine aggressive Politik, um die Zinsen zu senken – und so die damals nicht vorhandene Inflation etwas anzufachen. Die Kosten für den Schuldendienst aller westlicher Staaten sackten damit ab.

Schuldenmachen wird teurer

Beispiel Österreich: Noch Mitte der 1990er-Jahre zahlte die Republik pro Jahr mehr als sechs Milliarden Euro an Banken, Versicherungen und Hedgefonds, die heimische Schuldscheine kauften.

Diese Summe hat sich mehr als halbiert. Gemessen an der Wirtschaftsleistung ist die Belastung von mehr als drei Prozent des BIP auf zuletzt unter ein Prozent gesunken. Wenn der Staat günstig Schulden macht, kann er das Geld anderweitig einsetzen, neue Schulen und Straßen bauen.

Doch seitdem die EZB ihre Leitzinsen angehoben hat, von null auf inzwischen 4,5 Prozent, wird auch das Schuldenmachen wieder teurer. Laut Zahlen des Finanzministeriums steigt die gesamtstaatliche Belastung durch Zinsen von aktuell 0,9 Prozent der Wirtschaftsleistung auf rund zwei Prozent bis 2027. Um ein Missverständnis auszuräumen: Wenn Staaten Schulden machen, bedeutet das im Regelfall, dass mehr Geld bei Haushalten und Unternehmen landet. Schulden zu verteufeln macht also ökonomisch keinen Sinn. Allerdings: Steigende Zinsen bedeuten, dass es schwieriger wird, neue Schulen und Straßen zu bauen.

Zinsen steigen für Österreich
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Dass es nicht heftiger kommt und Österreichs Zinsausgaben nicht noch stärker zulegen, liegt auch an der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA): Diese Bundesagentur managt die Staatsschulden, nimmt also im Namen der Republik Kredite von Banken und Versicherungen auf und begibt dafür Staatsanleihen. Staaten zahlen ihre Schulden im Gegensatz zu Haushalten im Grunde nie zurück, das wäre wenig vernünftig, sondern nehmen immer neue Darlehen auf. Alte Kredite werden dabei durch neue ersetzt. Das machen Staaten laufend, sie müssen also nie ihre gesamten Schulden neu aufnehmen, sondern Jahr für Jahr nur einen Teil.

Langfristige Verschuldung

Sprich: Höhere Zinsen schlagen also immer nur nach und nach durch. Österreich ist besonders langfristig verschuldet, im Schnitt laufen die Kredite, die von der ÖBFA begeben worden sind, knapp über zehn Jahre. Sprich: Wenn Österreich im Jahr 2018 einen sehr günstigen Kredit genommen hat, muss dieses billige Darlehen erst im Jahr 2028 durch ein deutlich teureres ersetzt werden, sollten die Zinsen hoch bleiben. Diese Faktoren helfen beim Budget.

Was sich nachteilig auswirkt, ist, dass Ausgaben in Österreich in zunehmenden Ausmaß "dynamisiert" wurden, wie Experten sagen, sie steigen automatisch an. Das betrifft nicht nur Gehälter im öffentlichen Dienst, sondern auch Pensionen. Und: Seit 2023 sind auch zahlreiche Sozialleistungen wie die Familienbeihilfe indexiert, also an die Inflation angepasst. Zugleich ist die kalte Progression, also die automatischen Steuererhöhungen, abgeschafft.

Die große Frage wird damit sein, wie viel Spielraum in künftigen Budgets des Finanzministers noch sein wird. 2024 wird es noch nicht knapp – wie schon durchgesickert ist, werden die Staatsausgaben im Vergleich zu den Prognosen des Finanzministeriums Ende 2022 deutlich ansteigen. Die Auszahlungen sollen im kommenden Jahr bei 123,5 Milliarden Euro liegen. Noch Ende des vergangenen Jahres war man von etwa 110 Milliarden ausgegangen. Bisher sah es so aus, dass Österreichs Schuldenstand im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung deutlich sinken wird, Richtung 70-Prozent-Marke. Ob diese Erwartung noch hält, wird man am Mittwoch wissen – nach der Budgetrede des Finanzministers. (András Szigetvari, 18.10.2023)