Elon Musk will jetzt auch von neuen Nutzerinnen und Nutzern Geld sehen.
AFP/ALAIN JOCARD

Elon Musk experimentiert mit weitreichenden Einschränkungen für Gratisnutzer seiner Onlineplattform X (Twitter). Zunächst in Neuseeland und auf den Philippinen können neue Nutzer des Dienstes erst mit einer Gebühr von einem US-Dollar pro Jahr Beiträge veröffentlichen sowie Posts anderer zitieren oder weiterverbreiten. Kostenlos kann man X nur passiv nutzen: Beiträge lesen, Videos ansehen, anderen Nutzern folgen.

In einer Erklärung von Twitter hieß es, dass man damit "Spam, Manipulation unserer Plattform und Bot-Aktivitäten" reduzieren wolle. Neue Konten müssen außerdem ihre Telefonnummer verifizieren. Im September deutete der Chef von X, Tesla und Space X an, dass alle Nutzerinnen und Nutzer künftig für den Zugang zu X bezahlen müssen.

Seit Musk Twitter im Herbst 2022 für 44 Milliarden Dollar gekauft hat, sind die Einnahmen des Unternehmens kontinuierlich gesunken. Seitdem ist Musk auf der Suche nach neuen Einnahmenquellen, weil vor allem die Werbeeinnahmen weggebrochen sind, wie die BBC berichtet. Musk jedoch betonte, dass es ihm darum gehe, Bots zu bekämpfen. Seine Schlussfolgerung: Wenn man für den Dienst bezahlen muss, wird die Erstellung von Bots unattraktiv. Der Milliardär erklärte das so: Die Herstellung eines Bots koste nur einen Bruchteil eines Pennys. "Aber wenn jemand auch nur ein paar Dollar oder so zahlen muss, einen kleinen Betrag, dann sind die effektiven Kosten für Bots sehr hoch."

Diese Logik können nicht alle Beobachter nachvollziehen. So merkte der IT-Sicherheitsexperte Marcus Hutchins an, ihm falle keine Bot-Aktivität ein, die sich mit der Gebühr von einem Dollar pro Jahr stoppen lasse. Eher werde der Schritt die Plattform Geld kosten. "Spammer werden gestohlene Kreditkarten verwenden – und die Kosten für Rückbuchungen werden höher sein als die Abo-Einnahmen", schrieb Hutchins beim Konkurrenzdienst Threads.

Twitter ist in enormen Schwierigkeiten

In der Vorwoche leitete die Europäische Union ein Verfahren gegen X ein. Der Vorwurf: Die Plattform verbreite nach dem Angriff der Hamas auf Israel systematisch terroristische und gewalttätige Inhalte oder gehe zumindest nicht ausreichend dagegen vor. Außerdem wurde das Unternehmen von der australischen Aufsichtsbehörde für Internetsicherheit zu einer Geldstrafe in Höhe von 6.105.500 australischen Dollar (rund 3,7 Millionen Euro) verurteilt, weil es bei einer Untersuchung der Praktiken zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch nicht kooperiert hat.

Aber nicht nur von Aufsichtsbehörden kommt Musks Plattform unter Druck, auch wirtschaftlich läuft es überhaupt nicht rund. Nach Angaben des Web- und Mobile-Analyseunternehmens Similarweb wächst X nicht, auch wenn Musk anderes behauptet. Die Plattform schrumpft, und der weltweite Web-Traffic ist im September im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent gesunken. Die weltweite Nutzung der mobilen Android-App ist um 14,8 Prozent zurückgegangen. Nur eine Kennzahl nimmt massiv zu, die "Forbes" berichtet: die Zugriffe auf Elon Musks persönliches Profil und seine Beiträge. "Positiv zu vermerken ist, dass die Zugriffe auf Elon Musks Profil und seine Beiträge im September im Vergleich zum Vorjahr um 96 Prozent gestiegen sind", so das Analyseunternehmen in einem Blogbeitrag.

Auf der anderen Seite stehen Metriken, die in die andere Richtung deuten: So sank der globale Web-Traffic um 14 Prozent, der weltweite Traffic auf das Werbeportal von Twitter ist um 16,5 Prozent gesunken. In Deutschland sank der Traffic sogar um 17,9 Prozent. Aber: Twitter bleibt weltweit unter den drei führenden sozialen Netzwerken und liegt nur hinter Facebook und Instagram, aber vor Reddit, Linkedin, Pinterest und Tumblr. (APA, red, 18.10.2023)