Ein israelischer Merkava IV-Panzer.
Ob Panzer eingesetzt werden können, entscheidet Israel unter anderem anhand von Mobilfunkdaten.
IMAGO/IDF

Vor der angekündigten Bodenoffensive der israelischen Streitkräfte (Israel Defense Forces, IDF) im Gazastreifen verfolgen Militärs die Bewegung von Zivilisten anhand ihrer Mobilfunkdaten. Die IDF gewährten einem Journalisten der "New York Times" nun Einblick in dieses Datenverfolgungssystem, auch um zu demonstrieren, dass man bemüht sei, möglichst wenige Zivilisten zu gefährden.

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AFP

In einem fensterlosen Kontrollraum auf einem Armeestützpunkt im Süden Israels überwachten dabei fünf Soldaten auf Computerbildschirmen die Flucht von hunderttausenden Menschen aus dem Gazastreifen. Der Bildschirm zeigte eine Live-Karte des nördlichen Gazastreifens, des dichtbesiedelten Gebiets mit rund 1,1 Millionen Einwohnern. Dessen Bewohnerinnen und Bewohner wurden am Freitag vom israelischen Militär aufgefordert, in den Süden zu fliehen. Anhand von Daten von mehr als einer Million Mobiltelefonen können die Soldaten auf der Karte in Echtzeit feststellen, wie viele Bewohner des Gazastreifens dieser Aufforderung folgen.

Kein perfektes System

Dazu wird das Gebiet im Gazastreifen in kleine Parzellen eingeteilt, die weiß oder rot eingefärbt sind, was darauf hindeutet, dass die Mehrheit der Bewohner noch vor Ort ist. Färben sich die Rasterblöcke grün oder gelb, deutet das darauf hin, dass die meisten Bewohnerinnen und Bewohner (beziehungsweise deren Smartphones) das Gebiet verlassen haben. "Es ist kein hundertprozentig perfektes System, aber es liefert die Informationen, die man braucht, um eine Entscheidung zu treffen", wird Brigadegeneral Udi Ben Muha zitiert. "Die Farben sagen, was man tun kann und was nicht", sagt der Leiter der Überwachungsmission.

Auf der Live-Karte vor dem General waren immer weniger rote und weiße Flecken zu sehen: Den Daten zufolge waren bis zum Montagnachmittag bis zu 700.000 Menschen aus dem nördlichen Gazastreifen in den Süden gezogen, sodass etwa 400.000 im Norden verblieben. Wird ein Stadtteil grün eingefärbt, heißt das für die israelischen Kommandeure, dass sie mehr Handlungsspielraum im Kampf gegen die Hamas haben. Gleichzeitig sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Zivilisten dabei zu Schaden kommen.

"Grün" heißt nicht frei von Zivilistinnen

"Wenn Sie als Brigadekommandeur diese Farben sehen, wissen Sie, wie viele Zivilisten sich in dem Gebiet aufhalten, und Sie wissen, ob Sie Ihren Panzer oder Ihre Infanterie einsetzen können oder nicht", sagt Udi Ben Muha. Wobei ein grünes Signal nicht bedeutet, dass die Gegend frei von Zivilistinnen und Zivilisten ist. Ein Gebiet wird grün und damit unter anderem für Luftschläge freigegeben, wenn 75 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner das Gebiet verlassen haben. (red, 18.10.2023)