Es ist quasi eine vertikale Fabrik, die hier errichtet wurde: Der Gewerbehof Seestadt, ein Projekt der Wirtschaftsagentur Wien, nahm vor rund einem Jahr im Herzen der Seestadt Aspern in der Donaustadt seinen Betrieb auf. Es handelt sich dabei genau genommen um einen Bauteil in einem Block aus sechs Baukörpern, fünf davon wurden von Wohnbauträgern errichtet. Der sechste ist der rein für Gewerbe gewidmete Gewerbehof.

Der Gewerbehof in der Seestadt Aspern
Der Gewerbehof Seestadt ist seit etwa einem Jahr in Betrieb, die Flächen sind derzeit erst zu einem Drittel vergeben.
Oreste Schaller

Bisher wurde rund ein Drittel der Flächen vergeben, berichtete Rainer Holzer, Leiter der Abteilung Immobilien in der Wirtschaftsagentur, beim Rundgang. Unter den bisher als Mieter gewonnenen Firmen ist eine auf Metalldrucke spezialisiert, eine andere auf Textildruck. Außerdem gibt es ein Unternehmen aus dem Bereich Kunststoffrecycling und eines aus dem Bereich Elektronik. Bis Jahresende 2024 sollte das Haus ganz gefüllt sein, sagte Holzer – das sei das erklärte Ziel. Über Nachfolgeprojekte mache man sich zudem bereits Gedanken.

"Gewerbe ist schwieriger"

Dass es nun ein Jahr nach Fertigstellung erst ein Drittel ist, sorgte bei den am Rundgang im Rahmen des STANDARD-Wohnsymposiums teilnehmenden Immobilienprofis durchaus für die eine oder andere hohe Augenbraue. Doch Gewerbe sei eben nicht so einfach zu verwerten wie Wohnen, sagte Holzer. "Das ist immer ein bisschen schwieriger."

Um die Bewohnerinnen und Bewohner der Wohnbauten rundherum so gut wie möglich einzubinden und etwaigen Lärmbeschwerden den Wind aus den Segeln zu nehmen, wurden bereits diverse Feste und Events veranstaltet, beispielsweise wurden im Rahmen einer "Mitmachbaustelle" Möbel für den Außenbereich gemeinsam gebaut. Man bemühe sich um einen "nachbarschaftlichen Dialog", sagte Holzer; ein Adventfest wird gerade geplant.

Wohnen und Arbeiten

Nur ein paar Hundert Meter vom Gewerbehof entfernt ist ein weiteres ganz besonderes Mixed-Use-Projekt in Planung. Auf dem Baufeld G11 nördlich des Asperner Sees errichtet das Österreichische Volkswohnungswerk (ÖVW) gemeinsam mit dem Architekturbüro StudioVlayStreeruwitz und dem Raumplanungsbüro StadtLand "Das Seestädter", eine "co-kreativ geplante und co-kreativ genutzte Nachbarschaft". Rund um einen Innenhof sollen elf Baukörper entstehen, sechs davon als Hochpunkte ausgeführt, fünf als niedrigere Brückenhäuser. In dem als "Möglichkeitsraum für neue Formen des Arbeitens und Lebens" geplanten Komplex mit rund 19.000 Quadratmetern Nutzfläche sollen zu etwa zwei Dritteln Wohnungen entstehen, ein Drittel ist für gewerbliche Nutzungen reserviert. Und für Letztere werden nun eben in zwei "Calls" Mitstreiterinnen und Mitstreiter gesucht. ÖVW-Projektleiter Gerhard Bauer nennt es eine "gewerbliche Baugruppe", die hier entstehen soll.

Ein Plan des Projekts
"Das Seestädter" soll "co-kreativ geplant und co-kreativ genutzt" werden. Mitplaner und Mitnutzerinnen werden gesucht.
ÖVW

Konkret handelt es sich bei den beiden Gebäuden um das sogenannte Stadtteilhaus mit einem Schwerpunkt auf Co-Kreation sowie das "Atelierhaus", das als Reverenz an die Wiener Wohnhöfe der 1920er-Jahre mit ihren integrierten Künstlerateliers gedacht ist – und mit einer interessanten Idee aufwartet: Es soll ein "Kubikmeterhaus" werden, in dem sich die Miete an den Kubikmetern orientiert, die man in Anspruch nehmen will. Im Grundriss festgelegt werden lediglich Schächte, tragende Elemente und der Umriss des Hauses. "Offen ist, wie dieser bauliche Rahmen mit Geschoßebenen aufgefüllt wird", heißt es in den Ausschreibungsunterlagen, die seit Mitte September verfügbar sind. "Um das Ausmaß dieses Auffüllens nicht mit einer fixen Quadratmetervorgabe zu fixieren, wird der Wert des Gebäudes über seine Kubatur definiert."

Bis 20. November können Konzepte abgegeben werden, Bauer hofft noch auf die eine oder andere interessante Idee. Gebaut werden kann am "Seestädter" ohnehin erst ab 2025, es wird also noch ein paar Jahre dauern, bis man die Flächen beziehen wird können. Die Fertigstellung ist für 2027 geplant. (Martin Putschögl, 21.10.2023)