Österreich ist ein Land, das sich zuweilen schwer mit seinen Schriftstellerinnen und Schriftstellern tut. Das beruht beruht durchaus auf Gegenseitigkeit. Anlässlich der Jubiläumsausgabe "35 Jahre DER STANDARD" baten wie vier Autorinnen und Autoren darüber nachzudenken, was ihrer Meinung nach das Österreichische prägt.

Die totale Cordobaisierung – Raphaela Edelbauer

Für typisch für unser Land, gerade im Kulturbetrieb, halte ich ein Verhalten, das ich als "Österreicherkarte" bezeichnen würde und von dem ich selbst natürlich nicht ganz frei bin. Es handelt sich dabei um eine schmerzhaft offensichtliche Kompensationsstrategie der Minderwertigkeitskomplexe, die man unnötigerweise gegenüber Deutschland hat und die man durch die übermäßige Betonung uninteressantester Differenzen auf übergroße Dimensionen aufbläst.

In einer Art kulturellem Tourette schreit man, sobald das Wort "Aprikose" fällt Marille, wenn "Tüte" fällt Sackerl, und wenn einer sich auf den "Stuhl" setzt, belehrt man ihn grinsend, er würde hierzulande doch bitte auf einem Sessel sitzen. Der Tonfall ist dabei häufig der eines impertinenten, frühreifen Kindes, das nichts lieber als erwachsen wäre.

Nicht ohne einen gewissen Stolz wird auch in einer Tour auf unsere rechtsradikalen, korrupten Politiker als eine Art Garant für gute Kunst ("je enger das Land, desto interessanter") verwiesen. Für Österreicher, die etwa in Berlin leben, ist das Narrativ eines ungeheuren Exils wichtig, in dem man mit seinen warmen, herzlichen Verhaltensweisen an der nördlichen Schnoddrigkeit abprallt.

Es muss so dringend auf der absoluten Andersartigkeit beharrt werden, als ginge es um den Fortbestand der ganzen Nation. Ausführliche Auseinandersetzungen über Mehlspeisen, Spontanreferate über unsere ach so große Gelassenheit und wenigstens eine Referenz auf die Kaiserzeit erwarte ich bei entsprechend besetzten Podien schon. Im Grunde ist es die Cordobaisierung sämtlicher Lebensbereiche, und besonders unangenehm ist es dabei, dass das deutsche Publikum oder gewisse Veranstalter diese Schmierenkomödie schon von einem erwarten.

Besonders unangenehm konzentriert sich dieses Verhalten in der sogar von vernünftigen Leuten vertretenen Betonung der ungeheuren Besonderheit des österreichischen Humors. Ganz anders sei der – und zwar als jener "der Deutschen", wobei gleichzeitig auf eine Differenzierung gepocht wird, während man aber ganz automatisch annimmt, der (fehlende) Sinn für Komik sei in Stuttgart derselbe wie in Hamburg. Überhaupt zieht sich das durch: darauf zu bestehen, dass Kärnten und Salzburg zwei Paar Schuhe sind, aber alles von Schleswig-Holstein bis ins Allgäu als eine amorphe Masse zu sehen.

Was mich aber eigentlich stört, das ist das Berechnende daran. Nicht selten geht mit Schriftstellerkolleg:innen auf der Bühne eine wundersame Wandlung vor. Während sie mit mir hinter der Bühne astreines Hochdeutsch gesprochen haben, lassen sie bei der Veranstaltung einen Simmeringer Beisltonfall für sich arbeiten, der nur eines deutlich macht: Ich bin authentisch aus einem anderen Land, das sehr anders ist als dieses hier.

Die "Österreicherkarte" ist häufig eine strategische Entscheidung, die man dann spielt, wenn man weiß, dass sie eine bestimmte Wirkung hat, und die man in anderen Zusammenhängen schleunigst ablegen würde. Dahinter verbirgt sich die Kenntnis gewisser Codes, die das Tor zu einem ungeheuren Nepotismus sind, der hierzulande präsenter ist, als ich es je anderswo gesehen habe.

Cringeworthy, wie man heute sagen würde, ist dieses Gebaren zudem vor allem, weil wir ja tatsächlich eine reichhaltige Kulturlandschaft und innovative Sprachgewohnheiten besitzen, was sich auch ganz von selbst zeigen würde, wenn man nicht dauernd ostentativ darauf hinwiese. Österreichisches Deutsch wäre eine Bereicherung in jeder Hinsicht, würde man nicht am stolzesten auf seine unschönsten Facetten sein.

Strategisches Spiel

Wie oft ich mit gouvernantenhaftem Schmunzeln dazu aufgefordert wurde, "wegen dem" zu sagen, wenn ich den Genitiv verwendete, oder doch bitte Erdapfel statt Kartoffel, als wäre dies ein von linker Seite akzeptierter patriotischer Akt. Ich will mit meiner kleinen Schimpftirade keinesfalls sagen, dass alle oben angesprochenen Dinge nicht teilweise wirklich Besonderheiten darstellen – lediglich, dass man besser daran täte, sie zu zeigen, statt sie zu einem strategischen Spiel zu missbrauchen, das nur darauf aufbaut, sich von den vermeintlich "anderen" abzugrenzen.

Raphaela Edelbauer, geb. 1990 in Wien, aufgewachsen in Hinterbrühl (NÖ), lebt als Schriftstellerin in Wien. Zuletzt erschien von ihr der Roman "Die Inkommensurablen" (Klett-Cotta, 2023)
Appolonia T. Bitzan

Achtung, die Anrainer – Barbi Marković

Das kannst du vorher nicht wissen. Es steht in keinem Reiseführer und auch nicht auf der Website des Konsulats. Davor warnt dich niemand. Das ist eine Erfahrung, die du selbst machen musst.

Okay, du kommst in Wien an. Mit zwei Rollkoffern, deren Lärm zu deinem Glück tagsüber nicht besonders auffällt. So kaufst du dir ein wenig Zeit. Du ziehst nach Österreich und musst noch einiges lernen über das Leben. Du musst dir Fertigkeiten antrainieren, um zu überleben, also alles klassisch, es liegt zum Teil auch am Alter.

Du denkst, das ist ein gewöhnliches Umziehen. Gewöhnliches In-der-Stadt-Herumirren, Verzweifeln. Gewöhnliches Erfahren-dass-du-hier-nicht-arbeiten-darfst. Gewöhnliches Trotzdem-Arbeiten und Dazwischen-Versuchen-an-die-Menschen-anzuknüpfen. Und erst beim Privatleben fällt es dir allmählich auf. Österreich ist anders, stiller. Zwischen den Menschen, in den Stimmen, den Ausdrücken der Freude, überall ist eine Handbremse angezogen. Das ist, was manche meinen, wenn sie sagen, Österreich sei langweilig.

Und bald hast du schon ein paar Freundinnen. Ihr wart gerade gemeinsam in einer Bar, und bevor ihr euch trennt, möchtest du denen noch etwas Witziges erzählen. Gerade, als du dich deiner Pointe näherst, kommt der verängstigte Kellner raus und sagt: "Bitte lacht nicht so glücklich, die Anrainer hier sind besonders wütend." Von diesem Moment an fällt es dir auf, dass an vielen Hauswänden Warntafeln hängen: Vorsicht, Anrainer. Lachen und Sprechen untersagt. Bitte versuchen Sie, so zu leben, dass die Anrainer nicht die Polizei rufen etc.

Du erfährst Folgendes: Die Anrainer sind missgünstige Wesen, die sich bemühen, möglichst viel zu Hause zu sitzen, um da zu sein, wenn du sie störst. Blasse Haut, immer mit einem Finger auf dem Handy für den Polizeiruf. Sie haben scharfe Sinne und dünne Nerven und sind unfassbar lärm- sowie geruchsempfindlich. Haben also vermutlich große Ohren und Nasen. Mit jedem unkontrollierten Gelächter auf der Straße sinkt ihre Lebensqualität, und für ihre Lebensqualität sind sie bereit zu töten und deportieren zu lassen. Sie werden dich in Grund und Boden klagen, wenn du auf dem Grazer Schlossberg einen Hahn hast, der in der Früh schreit. Sie werden es zum Teil mit den Kirchenglocken und mit den Pfeifsignalen der Eisenbahn und mit Fluggeräuschen aufnehmen. Sie hassen es, wenn ihre Nachbarn chinesisch, indisch oder irgendwie ungewöhnlich kochen.

Für jedes Auflachen nach 22.00 Uhr kollabiert ein Anrainer vor Schmerz und Ekel. Interessanterweise hören sie Geräusche wie Hilferufe und Schreien fast gar nicht. Veränderung ist ihnen suspekt, wenn sie sie nicht selbst antreiben. Sie machen sich stark für den alten Mistplatz und gegen die unästhetischen gelben Linien auf den Straßen. Je länger du dich mit ihnen beschäftigst, desto häufiger fällt dir auf, dass sie sich manchmal auch für gute Sachen einsetzen. Was dir nicht gefällt, ist, dass sie so unantastbar sind. "Warum haben wir solche Angst vor den Anrainern?", fragst du in einem Gespräch, in dem sie erwähnt werden, und dein Gegenüber sagt: "Das ist nicht so leicht zu erklären", und schaut weg, wechselt das Thema. Jedes Mal, wenn du versuchst, ihre Macht infrage zu stellen, passiert genau das. Beschwichtigende Pauschalaussage, anschließend Themenwechsel.

Und die Anrainer nerven, weil sie dir in ihrer Rage immer den Mittelfinger zeigen. Sie gießen dir Blumenwasser über den Kopf, wenn du unter ihren Terrassen vorbeigehst. Du fühlst dich nicht mehr sicher in der eigenen Wohnung. Du fühlst dich nicht mehr sicher in deiner Stadt. Die Anspannung wächst. Diese Anrainer machen ständig etwas, das dich bedroht.

Zum Beispiel jetzt, während du zu Hause sitzt. Ein Fenster geht auf. Du hörst, dass sie oben feiern und Lieder singen. Du windest dich hinauf und erhebst deinen Mittelfinger so klar und aggressiv wie möglich. Du schreist: "Ruhe! Sonst rufe ich die Polizei!"

Von oben hörst du Verwirrung, die Musik wird leiser. Eine zittrige Stimme sagt: "Die Anrainer beschweren sich, mach zu."

Und so. Du gehst zum Spiegel und berührst deine blasse Haut. Deine Nasenlöcher pulsieren, offenbar haben sie in der Wohnung über dir auch geraucht. Heute bleibst du lieber zu Hause, für den Fall, dass noch etwas passiert.

Barbi Marković, geb. 1980 in Belgrad, studierte Germanistik und lebt seit 2006 in Wien. Zuletzt erschien von ihr das Buch "Minihorror" (Residenz, 2023).
Appolonia T. Bitzan

Das gespaltene Land – Elias Hirschl

Zuerst einmal muss man sagen, dass die Welt sich im Allgemeinen überhaupt nicht für Österreich interessiert, und tut sie es doch, ist das ein ganz schlechtes Zeichen. Dann ist wieder eine Wahl schiefgegangen wegen fehlerhafter Briefkuverts (aus Deutschland!!) oder vertauschter Stimmen in einer Excel-Tabelle. In Österreich passiert entweder gar nichts oder der absurdeste Scheiß jemals. Das liegt auch daran, dass die Österreicher:innen selber jede Veränderung und Innovation ablehnen. In Österreich könnte jeden Tag wer die Glühbirne erfinden, und das ganze Land würde sagen: Was zum Teufel soll ich bitte mit mehr Licht?

Wien ist die lebenswerteste Stadt der Welt, und drei Viertel des Landes hassen dieses todbringende Höllenloch trotzdem bis aufs Blut. Das mag auch daran liegen, dass Österreich einfach seltsam aufgeteilt ist. Wo es in der Schweiz einen Haufen etwa gleich großer Kleinstädte gibt, gibt es in Österreich überhaupt nur eine einzige Stadt. Alles, was keine U-Bahn hat, ist keine Stadt, fight me.

Und nein, die eine unterirdische Straßenbahnstation in Linz und die Luftkissenbahn in Serfaus zählen nicht. Wien ist zudem sogar die zweitgrößte Stadt im deutschsprachigen Raum. Hamburg kann uns gar nichts, dieses Kaff. Österreich ist gespalten. In Stadt und Land. In Kunst und Militärblasmusikkapelle. In Jörg Haider und Alfons Haider. Österreich, das sind übergriffige Craftbeer-Verkäufer und Nazis, die sich komplett legal in die Hofburg einmieten können. Österreich ist Regenbogenparade, Life Ball, hunderte Literatur-, Tanz-, Theater- und Filmfestivals, aber Österreich ist auch das Geburtshaus Hitlers, das jetzt in eine Menschenrechtsschulungseinrichtung für Polizisten umfunktioniert werden soll. Österreich hat Jelinek, Bernhard und Bachmann hervorgebracht, aber auch Gabalier, Stronach und Felix Baumgartner.

Österreich ist ein ehemaliger Innenminister, der es zu seiner wichtigsten Aufgabe gemacht hatte, den Polizisten von Wien Ponys zu schenken, und ein anderer, der es zu seiner wichtigsten Aufgabe machte, zu verhindern, dass ihm weiterhin Leute vor die Haustür scheißen. Österreich ist Buwog- und Bawag-Skandal. Und Österreich ist das scheißegal. Die Karriere vom deutschen Kanzlerkandidaten Armin Laschet war quasi vorbei, als er bei einem Besuch des flutverwüsteten Ahrtals einmal kurz unangemessen lachte. Über Sebastian Kurz erscheinen hingegen nahezu täglich neue Kinofilme.

Österreich ist das Land, das man in Formularen immer am längsten suchen muss, weil man nie weiß, ob es unter A für Austria, O für Oesterreich oder ganz am Ende nach dem Z bei den Umlauten ist. Österreich ist ein Land, in dem man als Kind Ski fahren lernen muss, als würde das ganze zukünftige Berufsleben davon abhängen. Österreich ist Feuerwehrfest, Rassismus, Käsespätzle, sonntags bei der Oma ausgezogenen Apfelstrudel essen und eine U5, die nie fertig wird. Österreich ist ein Land, in dem generell alle Anlässe Saufanlässe sind. Die häufigste Todesursache ist besoffen mit dem Auto hundert Meter von zu Hause entfernt verunglücken. Aber Österreich ist auch das Soda Zitron. Das perfekte Getränk. Simpel, billig, antialkoholisch, so quasi zuckerfrei, trotzdem spannend und erfrischend und in Deutschland nach wie vor unentdeckt.

Österreich ist Thomas Schmid, aber auch Thomas Brezina, der vermutlich fröhlichste und wholesomeste Mensch, der jemals existiert hat, und vielleicht wiegt das alleine schon alles andere auf. Das Schlimmste an Österreich sind aber österreichische Autor:innen, die über Österreich schreiben, sich in einer metafiktionalen Suderei verstricken, so wie Thomas Bernhard, der tausende Seiten lang rumheult, dass er nie aus Österreich weggezogen ist, statt einfach wegzuziehen. Kein österreichischer Autor, dem seine Würde etwas wert ist, sollte in Österreich leben bleiben.

Elias Hirschl, geb. 1994, ist Autor und Musiker. Er lebt in Wien. Zuletzt erschien von ihm der Roman "Salonfähig" (Zsolnay, 2021).
APA/GERT EGGENBERGER

"Schau ma mal" – Michael Stavarič

Unlängst fiel mir wieder auf, wie oft man auf eine beliebige Frage in Österreich mit einem "schau ma mal" abgespeist wird. "Wann wird der neue Reisepass fertig?" Antwort (tatsächlich): "Schau ma mal, dauert wohl a bissl, wir sind unterbesetzt." Oder unlängst die Frage an einen überaus geschätzten Schriftstellerkollegen: "Wann bist noch mal mit dem Manuskript durch?" Antwort: "Schau ma mal."

Wenn ich es genau bedenke, habe ich auf alle denkbaren Fragen irgendwann mal ein "schau ma mal" als Antwort bekommen: "Glaubst, es regnet morgen?" "Schau ma mal." "Welches Notebook kaufst du?" "Schau ma mal." "Wie ist die neue Arbeit?" "Schau ma mal." "Trennst du dich wirklich von deiner Freundin?" "Schau ma mal." "Gehen wir morgen was trinken?" "Schau ma mal."

Das österreichische "schau ma mal" ist eine omnipräsente Redewendung, ohne die man in diesem Land möglicherweise gar nicht leben könnte. Einerseits entzieht man sich dabei jeglicher Verantwortung, sich im Augenblick genauer festlegen zu müssen, andererseits verschleiert man elegant eine generelle Unkenntnis; oder möchte schlicht seine Haltung wahren; oder einfach nur etwas Unangenehmes umschiffen. "Kannst mir morgen beim Kastenaufbau helfen?" "Schau ma mal." "Was hältst du von der neuen Bundesregierung?" "Schau ma mal." "Gehst du wieder zur Corona-Impfung?" "Schau ma mal."

Freilich fällt einem die Häufigkeit an Phrasen und Redewendungen, mit denen man (also auch ich) in Österreich rund um die Uhr herumhantiert, gar nicht mehr auf. Die Sprache des österreichischen Alltagsdialogs ist voller liebenswürdiger Floskeln – einfach unpackbar! Beziehungsweise: "Des pock i net." Oder noch besser gesagt: "Des dapock i net." "Wann ist der neue Reisepass noch mal fertig?" "Na jo, paar Wochn kann’s scho dauern." "Paar Wochen? Des pock i net!" "Du trennst dich wirklich von deiner Freundin? Des dapock i net!" "Was, du lässt dich nie wieder impfen? Des pock i net!" "Echt? Und das hältst du ernsthaft von der Regierung? Des pock i net!" Und so weiter und so fort.

Eine meiner liebsten österreichischen Redewendungen war schon immer "g’hupft wia g’hatscht". Ich erinnere mich daran, wie ich diese Worte schon als Jugendlicher gerne einsetzte, weil ihnen eine scheinbare Dynamik innewohnt. Schließlich wird da gehüpft, man ist mobil und unzweifelhaft (auch geistig) in Bewegung. "Du host jetzt a neiche Freundin?" Antwort: "Jo, is oba unta uns g’hupft wia g’hatscht." "Wen wählst bei der anstehenden Wahl?" "Oida, owa is eh g’hupft wia g’hatscht". "Und du host di echt impfen lassn? Wonnst mi frogst, is des ja mittlerweile g’hupft wia g’hatscht. Entweda man wiad eh kronk, oder eben net. Prost!" In gewisser Weise könnte man meinen, in Österreich ist vieles schon vielen ziemlich egal – möglicherweise aber auch nur, weil sie meinen, nichts an den Begebenheiten ändern zu können. Ebenso wahrscheinlich ist es, dass man gar nichts daran verändern möchte.

Am einfachsten ist es sowieso, alles beim Alten zu belassen. Und ein "schau ma mal" mutiert konsequenterweise zu einem "is eh scho wurscht". Oder wienerisch lieber doch: "eh wuascht". Und mein mir liebes "g’hupft wie g’hatscht"? Da scheint es schon immer egal gewesen zu sein, welche Wahl man bei anstehenden (Lebens-)Entscheidungen trifft.

Und soll ich ihnen etwas verraten, werte Leserinnen und Leser? Es ist es natürlich nicht! Aber andererseits spricht absolut nichts dagegen, die Dinge sorgfältig zu bedenken, in sich zu gehen, alles genau abzuwägen, ich meine Gelassenheit, es ist die österreichische Gelassenheit, die sich da äußert, und die mir nach wie vor so gefällt. Und die sich hinter all diesen Floskeln verbirgt.

Ich meine, "schau ma mal, es is eh an sich wuascht, nur net hudeln quasi!" Ich "pock" die österreichische Seele zutiefst, weil ich im Laufe vieler Jahre längst ein Teil von ihr geworden bin. Und ich "pock’s" eben so gar nicht. Aber Sie ahnen es: Es ist g’hupft wia g’hatscht.

Michael Stavaric, geb. 1972 in Brünn, kam als Siebenjähriger nach Österreich. Er lebt als Schriftsteller und Kinderbuchautor in Wien. Zuletzt erschien von ihm der Roman "Das Phantom" (Luchterhand, 2023)
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(Redaktionelle Betreuung: Stefan Gmünder, Amira Ben Saoud, 21.10.2023)