Was gibt es Besseres, als mit einem politischen Schritt gleich zwei Probleme anzugehen? Nach diesem Motto präsentierte die türkis-grüne Regierung am Dienstag, dem Tag vor der Budgetrede von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), die vorübergehende Streichung der Umsatzsteuer auf kleine Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 35 Kilowatt für Privatpersonen.

Man wolle damit gleichermaßen "die ökologisch notwendige Energiewende noch rascher vorantreiben und die Delle in der Baukonjunktur zielsicher bekämpfen", sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Billig ist der Schritt zwar nicht, laut Regierung soll er sich mit 650 Millionen Euro zu Buche schlagen – aber er werde sich eben doppelt auszahlen.

Solar-Installateure werden künftig mit einiger Wahrscheinlichkeit noch mehr zu tun bekommen.
Solar-Installateure werden künftig mit einiger Wahrscheinlichkeit noch mehr zu tun bekommen.
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In Kraft sein wird die Maßnahme in den Jahren 2024 und 2025. Neben Solarflächen selbst gilt sie auch für die Montage, PV-Komponenten und Solarstromspeicher (sofern sie zusammen mit der Anlage gekauft werden).

Allerdings: Darf der Hausbauer, der sich eine Anlage aufs Dach schraubt, wirklich mit spürbar niedrigeren Preisen rechnen?

"Wachstumskurve steil nach oben"

Jedenfalls betrifft die Streichung einen Sektor, der seit rund zwei Jahren boomt wie kaum einer. Allein von 2021 auf 2022 wuchs die Leistung der PV-Anlagen in Österreich laut PV-Marktstatistik um 36,4 Prozent. Das Klimaschutzministerium geht davon aus, dass "die Wachstumskurve weiter steil nach oben klettern" werde. Der PV-Boom wirft allerdings eine Frage auf: Werden Hersteller und Händler, die sich der Nachfrage ohnehin kaum erwehren können, tatsächlich gesunkene Preise an Kunden weitergeben? Oder nur höhere Profite einheimsen?

Aus eben diesem Grund – nämlich der Sorge, dass die Maßnahme nicht bei den Konsumenten ankommt – verweigert die Regierung in einem ganz anderen Bereich bereits seit Monaten eine Umsatzsteuersenkung: Diese möge bei Grundnahrungsmittel erfolgen, um angesichts der Inflation die Menschen zu entlasten, trommeln seit langem SPÖ und FPÖ. Doch es sei fraglich, ob "eine Senkung voll weitergegeben" werde, zweifelte etwa Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) im Juni an der Sinnhaftigkeit des Vorschlags.

Die Sache mit den Grundnahrungsmitteln

Warum gilt für PV-Anlagen, was bei Lebensmitteln angeblich nicht gilt? Man müsse bei der PV-Steuerstreichung – neben der möglichen Verbilligung für Kunden – noch einen weiteren Aspekt bedenken, erklärt dazu Simon Loretz, Ökonom am Wifo. Unter gewissen Umständen können sich nämlich private PV-Betreiber bereits heute die Umsatzsteuer auf ihre Anlage zurückholen – doch derzeit steckt dahinter ein aufwendiger Prozess. Die Rückerstattung hängt davon ab, wie viel überschüssigen Strom der Betreiber ins allgemeine Stromnetz einspeist. Mittels komplexer Abrechnung mit Netzbetreiber und Finanzamt bekommt er dann einen Teil seiner Steuer wieder. "Dieses komplexe Prozedere erspart man sich künftig, indem die Umsatzsteuer einfach auf null gesetzt wird", sagt Loretz. Eine bürokratische Erleichterung also.

Von diesem Aspekt abgesehen ist es laut Loretz tatsächlich "fraglich", ob die Streichung voll und ganz bei den Kunden ankommen wird. Falls nicht, sei immerhin ein anderer Effekt zu erwarten: Höhere Profite für PV-Hersteller und -Händler bedeuten, dass diese Berufsgruppen attraktiver werden. Leute drängen in die Branche, sie prosperiert noch mehr als bisher – und letztlich vergrößert sich über diesen Weg auch das Angebot an PV-Anlagen. Vielleicht kommt die Umsatzsteuerstreichung auf diese Weise schließlich doch bei den Endkunden an. Wenn auch sehr indirekt.

Aus dem Klimaschutzministerium von Leonore Gewessler (Grüne) heißt es jedenfalls, man sei sich des Problems bewusst, dass möglicherweise Preise nicht an die Endkundinnen und Endkunden weitergegeben würden. Das Ministerium würde aus diesem Grund in den kommenden Wochen das Gespräch mit Branchenvertretern suchen. (Joseph Gepp, 19.10.2023)