Zwei Conrad-Mitarbeiter mit zwei reparierten Rädern stehen im Eingangsbereich.
Friedrich Stepanek (re.) und das Team freuen sich über die Rettung der Werkstatt.
Steffen Kanduth

Innsbruck – Seit 1999 ist die Radwerkstatt Conrad des Vereins WAMS eine Innsbrucker Institution. Als sogenannter sozialökonomischer Betrieb leistet diese Werkstatt mehr, als nur Zweiräder zu reparieren. Menschen, die über lange Zeit arbeitslos waren und im ersten Arbeitsmarkt kaum Chancen auf eine Vermittlung hätten, werden hier unter fachkundiger Anleitung auf den Wiedereinstieg ins Erwerbsleben vorbereitet. Doch im Spätsommer kam die Hiobsbotschaft für die 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Seitens des AMS wurde eine Kürzung der Fördermittel für den Trägerverein WAMS von 15 Prozent oder 650.000 Euro angekündigt.

Verkaufsraum mit vielen Fahrrädern im Conrad.
Aus alt mach neu.
Steffen Kanduth

Für WAMS ein Existenzproblem, wie Geschäftsführer Christian Kammeringer erklärte. Man wäre gezwungen gewesen, die Radwerkstatt zu schließen. Der 1984 gegründete Verein WAMS betreibt neben dem Conrad mehrere Secondhandläden und eine dazugehörige Altkleidersammlung. In all diesen Betrieben werden Langzeitarbeitslose auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Neben Conrad wäre auch der Laden in Hall in Tirol von der Schließung betroffen gewesen, um zumindest die anderen Einrichtungen halten zu können.

Welle der Solidarität

Als die Nachricht der drohenden Schließungen bekannt wurde, formierte sich schnell Unterstützung durch langjährige Kundinnen und Kunden, wie Friedrich Stepanek, einer der Werkstattmitarbeiter, erzählt. Neben einer Unterschriftenliste wurde auch eine Soli-Demo vor dem Geschäft abgehalten. "Die Leute schätzen das Conrad, weil es einer der wenigen Läden ist, in dem alte Fahrräder wieder in Schuss gebracht werden", sagt Stepanek. Gerade in Zeiten, in denen immer Menschen das Fahrrad für sich entdecken, leistet die Werkstatt einen wichtigen Beitrag zur Mobilität und Nachhaltigkeit. Denn im Conrad werden keine Neuräder verkauft, sondern alte Räder wieder in Schuss gebracht und günstig verkauft.

Zudem gilt die Werkstatt als eine der letzten, die sich wirklich jeden noch so kleinen technischen Problems annimmt. "Viele Fahrradgeschäfte schicken Leute sogar aktiv zu uns, wenn sie ein altes Fahrrad mit einem kleinen Defekt haben, weil sich das für sie gar nicht lohnen würde", erzählt Stepanek. Unter Bastlern und Schraubern gilt das Conrad als letzte Rettung, wenn ein Bauteil fehlt. Denn im riesigen Lager findet sich immer etwas, das passt. Neben dem Reparaturangebot für Privatkundinnen und -kunden werden im Conrad auch die Innsbrucker Stadträder serviciert.

Schulterschluss als Lösung

Dass nun im letzten Moment noch ein "Schulterschluss" zwischen dem AMS, dem Land Tirol sowie den Städten Innsbruck und Hall gelungen ist, freut Geschäftsführer Kammeringer sehr: "Wir konnten eine Rumpflösung finden, dank der wir 2024 weitermachen können. Dank diesen Zeitgewinns werden wir eine neues, tragfähiges Modell für die Zukunft erarbeiten." Vorerst werden die Stellen für die sogenannten Transit-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zwar von bisher neun auf drei reduziert, beim betreuenden Personal werden einzelne Stellen nicht nachbesetzt, und es werde eventuell zu etwas eingeschränkten Öffnungszeiten kommen. Aber es geht weiter.

Diese Übergangslösung sei vor allem dem Einsatz des Innsbrucker Vizebürgermeisters Johannes Anzengruber zu verdanken, sagt Kammeringer. Der abtrünnige ÖVP-Politiker, der mit einer eigenen Liste bei den Gemeinderatswahlen 2024 antreten wird, habe sich besonders für die Rettung des Conrad eingesetzt. "Mir war es wichtig, dass wir mit Land und Bund eine Lösung finden. Denn das Conrad hilft dabei, Menschen wieder ins Arbeitsleben zu integrieren, und erfüllt dabei zugleich den nachhaltigen Recycling-Gedanken", erklärt Anzengruber. Er strebe einen Dreijahresplan für die Zukunft des Vereins WAMS und des Conrads an. Landesrätin Astrid Mair (ÖVP) erklärte sich auf Landesebene für den rettenden Schulterschluss bereit.

Im Conrad selbst herrscht seit der guten Nachricht vom Mittwoch gelöste Stimmung. "Wir sind alle sehr happy und werden uns nun zusammensetzen, um zu besprechen, wie wir unter den neuen Bedingungen weitermachen können", sagt Werkstattmitarbeiter Stepanek. (Steffen Kanduth, 21.10.2023)