Die Bundesregierung hat anlässlich der Lage im Nahen Osten nach der Terrorattacke der Hamas gegen Israel ein Krisenkabinett einberufen. Zu einem Treffen am Freitagvormittag kamen neben Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Innenminister Gerhard Karner und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) auch Vertreter der drei heimischen Nachrichtendienste.

Nehammer nach Krisenkabinett: "Keine konkrete Bedrohung"
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Terror "ist die Geißel der Gesellschaft", sagte Nehammer. Er bringe Leid und müsse entschieden bekämpft werden. Über konkrete Anschlagspläne in Österreich sei nichts bekannt. Aber wie immer nach einem Anschlag verschärfe sich die Sicherheitslage insgesamt. Das habe auch der jüngste Anschlag in Brüssel vor wenigen Tagen gezeigt. Auch in Österreich habe man daher die Sicherheitsvorkehrungen angepasst.

"Tagen in Permanenz"

Mit dem Krisenkabinett und dem eingerichteten Terrorabwehrzentrum gebe es ein Zusammenwirken aller relevanten Kräfte für die Sicherheit Österreichs. Dort würden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der drei heimischen Nachrichtendienste DSN (Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst), Heeresnachrichtenamt und Abwehramt zusammenfinden. Diese "tagen jetzt in Permanenz", sagte der Kanzler.

Bundeskanzler Nehammer bei einer Rede.
Terror "ist die Geißel der Gesellschaft", sagte Kanzler Nehammer am Freitag im Verteidigungsministerium.
APA/MAX SLOVENCIK

Nehammer rief aber auch die Bürgerinnen und Bürger zur Mithilfe auf. So sollte man die Behörden verständigen, wenn man merkt, dass sich Einzelpersonen zu radikalisieren beginnen. Man brauche ein starkes Netzwerk und "ein Hören in die Gesellschaft", um die Gefahr von Terroranschlägen einzudämmen.

Vizekanzler Kogler wies unterdessen darauf hin, dass es eine "massiv verstärkte Überwachung der Hamas und befreundeter Organisationen" in Österreich geben werde. Man werde sich genau anschauen, "was an den Freitagen in den Moscheen gepredigt wird". Kogler betonte zudem, dass Israel sich nach den verheerenden Terrorattacken der Hamas verteidigen müsse. Gleichzeitig habe das Land beziehungsweise dessen Armee auch die Pflicht, zivile Opfer im Gazastreifen zu verhindern.

"International höhere Gefährdungslage"

Tanner vermerkte, seit den Angriffen in Israel habe sich vieles zu einem Informationskrieg, zu einem Krieg der Bilder vermengt, der zu realen Bedrohungen führen könne. Daher sei das Bundesheer zu einem Assistenzeinsatz einberufen worden. Ein Lagebild werde "24/7" erstellt.

Karner betonte unterdessen, dass auch die sichtbare Präsenz der Polizei nach den Anschlägen erhöht worden sei. Verständlicherweise gebe es auch Sorgen der jüdischen Gemeinde in Österreich. Auch Karner bestätigte, dass keine konkreten Anschlagspläne für Österreich bekannt seien. Man sei aber mit einer "international höheren Gefährdungslage" konfrontiert als noch vor einigen Tagen.

Karner forderte außerdem zusätzliche Überwachungsmöglichkeiten für die Exekutive: "Datenschutz ist wichtig, aber Menschenschutz ist wichtiger." Um Menschen zu schützen, werde es "in Teilbereichen Änderungen brauchen", sagte der Minister, wohl in Anspielung auf einen "Staatstrojaner" zur Überwachung von Messengerdiensten, den das Innenministerium schon seit längerem fordert. (Martin Tschiderer, 20.10.2023)