Wenig ist so zuverlässig wie der halbjährliche Rhythmus vieler Linux-Projekte. Also gibt es jetzt tatsächlich bereits wieder eine neue Version von Fedora und damit jener Distribution, für deren Entwicklung maßgeblich eines der größten Linux-Unternehmen zuständig ist: Red Hat.

Vom Installer zum Desktop

Was beim ersten Kontakt mit Fedora 39 gleich mal auffällt, ist, was nicht neu ist. Entgegen den ursprünglichen Plänen gibt es nämlich keine neue Oberfläche für den Installer Anaconda. Im Testverlauf hatten sich einfach zu viele Fehler offenbart, also wurde dieser Schritt auf die nächste Fedora-Generation verschoben.

Fedora 39
Gnome 45 ist der Default-Desktop von Fedora 39.
Proschofsky / STANDARD

Den Default-Desktop gibt wie gewohnt Gnome ab, und das bedeutet auch: Einen bedeutenden Teil der Neuerungen erbt Fedora direkt durch die Aktualisierung auf Gnome 45. Dieses zeichnet sich durch eine Fülle von kleineren und größeren Verbesserungen aus. Dazu gehören Änderungen an der Oberfläche des Dateimanagers ebenso wie eine deutlich gesteigerte Performance für eben diese Komponente.

Performanceverbesserungen waren überhaupt ein Schwerpunkt der Entwicklung von Gnome 45, unübersehbar ist das etwa bei der desktopweiten Suche in der Gnome Shell. Apropos: Dass der bisherige "Aktivitäten"-Knopf durch eine Minivorschau auf die gerade geöffneten Workspaces ersetzt wurde, ist zunächst ungewohnt, schnell aber ein echter Gewinn.

Gnome-Verbesserungen

Dazu kommen noch viele kleinere Verbesserungen wie ein Kamera-Indikator, der anzeigt, wenn gerade ein Programm auf eine solche Komponente zugreift. Die Schnelleinstellungen wurden mit einem neuen Feld für die Helligkeit der Hintergrundbeleuchtung einer Tastatur erweitert, zudem wurden die Privacy-Einstellungen komplett neu gestaltet. Wer mehr über Gnome 45 wissen will, sollte das aber wirklich im zugehörigen Test nachlesen, der bereits vor einigen Wochen veröffentlicht wurde.

Im Gegensatz zu vielen anderen Distributionen verzichtet Fedora auf irgendwelche Anpassungen der Desktop-Software, hier gibt es also Gnome in Reinform. Aber natürlich sind nicht alle Anwendungen für Gnome geschrieben, über spezielle Themes versuchte man bisher Programme aus der Qt/KDE-Welt besser zu integrieren. Dieses Unterfangen wurde nun aufgegeben, da die zugehörigen Projekte schlicht nicht mehr gewartet werden.

Softwareauswahl

Ebenfalls von Gnome übernimmt man eine Änderung an der Programmzusammenstellung. Statt Eye of Gnome wird nun das neuere Loupe als Bildanzeiger genutzt. Das ist eine durchweg positive Entwicklung, präsentiert sich letzteres doch als wesentlich moderner und flotter.

Fedora 39
Die Default-Softwareauswahl von Fedora könnte eine Reduktion gut vertragen.
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Eine andere aktuelle Gnome-Änderung ignoriert man hingegen: Das gewohnte Webcam-Tool Cheese bleibt bei Fedora weiterhin vorab installiert, im Default-Gnome wurde es durch das simplere Snapshot ersetzt. Nachvollziehbar ist diese Entscheidung nicht wirklich, schon länger ist fraglich, was Cheese eigentlich in einer Standardinstallation verloren hat, zu spezifisch wirkt es.

Auch bei einer weiteren Komponente weicht Fedora von den Gnome-Empfehlungen ab: Als Kommandozeilen-Tool kommt weiterhin Gnome Terminal statt dem neueren Console zum Einsatz. Das wiederum ist angesichts der eher schleppenden Console-Entwicklung nicht ganz unverständlich, zudem gibt es für Fans der Kommandozeile trotzdem ein nettes Update: einen farbigen Bash-Prompt.

Warum so viel?

Weitere Eckpunkte der Softwareausstattung sind Firefox 118 und Libreoffice 7.6.2. Letzteres übrigens, obwohl Red Hat seinen Support für die Fedora-Pakete von Libreoffice mittlerweile eingestellt hat, und stattdessen auf das zugehörige Flatpak verweist. In diesem Fall scheint also die Community eingesprungen zu sein, um diese Lücke zu füllen.

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Firefox darf natürlich nicht fehlen.
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Ganz generell muss aber auch gesagt sein: Es wäre gut, wenn sich Fedora ein Vorbild am aktuellen Ubuntu nimmt, und seine Default-Installation ausmistet. Libreoffice ist ein tolles Programm, aber es muss wirklich nicht vorinstalliert sein, da reicht es auch, das beim Setup anzubieten. Für andere Teile der Fedora-Softwareauswahl gilt das noch mehr – etwa für den Musikplayer Rhythmbox oder das bereits erwähnte Cheese. Auch das Virtualisierungs-Tool Boxes werden alle, die es nutzen wollen, über Gnome Software finden.

Wem der Gnome-Desktop nicht gefällt, dem stehen wie gewohnt allerlei Alternativen zur Verfügung, für die es jeweils auch eigene Installationsmedien gibt. Dazu gehören KDE Plasma 5.27, Xfce 4.18, Budgie 10.8, Cinnamon 5.8 oder auch LXQt 1.3.

Softwarebasis

Die Basis des Systems bildet Linux 6.5. Die gcc 13.2, glibc 2.38 und Python 3.12 stellen weitere Eckpfeiler dar. Zu den Verbesserungen von Fedora 39 gehört ein neues Einstellungsformat für den Networkmanager. Für zentrale gemanagte Systeme gibt es zudem jetzt die Möglichkeit, sich via Passkey / Fido2-Key zu autorisieren.

Fedora 39
Ein wunderschöner Anblick: Die Kommandozeile.
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Was hingegen erneut fehlt, ist der Umstieg auf DNF5 und damit die nächste Generation des Paketmanagers, die signifikante Performanceverbesserungen verspricht. Dieser Wechsel wird nun erst für Fedora 41 anvisiert – also die übernächste Version der Distribution, die in rund einem Jahr erhältlich sein soll.

Fazit

Jenseits dessen, was Fedora direkt von Gnome übernimmt, sucht man die großen Änderungen bei Fedora 39 vergeblich. Das ist aber nicht notwendigerweise schlecht, ganz im Gegenteil gefallen Stabilität und Performance, die bei der Distribution mittlerweile geboten werden, das System wirkt ausgereift. Anders gesagt: Manchmal sind die faden Updates die besten. (Andreas Proschofsky, 7.11.2023)