Release Amazon
Das schrille Design des ungewöhnlichen Energydrinks hat offenbar auch echte Kunden überzeugt.
Channel 4/Youtube

Der Urin von Amazon-Fahrern in Flaschen verpackt und als Bestseller beim beliebtesten Onlinehändler der Welt. Was wie ein schlechter Scherz klingt, wurde Realität. Der Filmemacher und Journalist Oobah Butler hat für seine neue Dokumentation "The Great Amazon Heist" diesen PR-Stunt in die Tat umgesetzt und dabei festgestellt, wie wenig Kontrollinstanzen bei Lebensmitteln offenbar bei Amazon zum Einsatz kommen.

PR-Stunt

"Release" nennt sich der Energydrink, der mit knallgelbem Design seit ein paar Tagen um Aufmerksamkeit buhlt. Darin abgefüllt, so verrät zumindest die Beschreibung, sei Urin von Amazon-Lieferanten. Schon vor Jahren gab es immer wieder Berichte, dass Amazon-Fahrer aufgrund fehlender Pausen in Flaschen urinieren müssten, um ihren Zeitplan einzuhalten. Diesen Missstand griff Butler in seinem neuen Film auf, für den er unter anderem ein Amazon-Verteilerzentrum im englischen Coventry infiltriert hat.

Mit einer Kamera bewaffnet, interviewte er mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die über Rückenschmerzen klagten sowie gefährliche Arbeitsbedingungen und nahezu ununterbrochene Überwachung. Nachdem er entdeckt worden war, verlegte er seine Recherchen auf die Straße und sprach mit Auslieferern. Diese erzählten ebenfalls von zu vielen Paketen, die es in zu kurzer Zeit auszuliefern gelte. Auch die unmöglichen Klopausen und die damit verbundenen Plastikflaschen kommen zur Sprache.

Da die Flaschen im Verteilerzentrum nicht erlaubt sind, landen sie meist davor auf der Straße. Butler sammelt ein paar der Flaschen, und so entsteht der bereits beschriebene PR-Stunt für seine Dokumentation.

Oobah Butler Is Taking The Piss Out Of AMAZON | The Great Amazon Heist
Channel 4 Documentaries

Verzerrtes Bild?

Butler gibt sich überrascht, dass das Produkt wirklich im Amazon-Store auftaucht. Er sagt Freunden, sie sollen den Drink bestellen, und so kommt das ungewöhnliche Angebot schnell in die Bestsellerliste der Onlineplattform. Gegenüber "Ars Technica" gibt er an, dass er zunächst "überrascht" war und es danach "sehr lustig" gefunden hat. Als jedoch auch Leute abseits seines Freundeskreises den angeblichen Urin bestellen, fühlte er sich ein wenig "verängstigt". Ausgeliefert habe er keine einzige Flasche.

Amazon reagierte schnell auf die Aktion. Ein Sprecher des Unternehmens nannte sie einen "primitiven Stunt", und natürlich habe man "branchenführende Werkzeuge, um zu verhindern, dass wirklich unsichere Produkte gelistet werden".

Die Dokumentation zeigt noch andere Beispiele, etwa wie die minderjährigen Nichten von Butler Produkte bestellen, die eigentlich eine Altersverifizierung benötigen müssten. Der Firmensprecher bezeichnet die Dokumentation als "stark verzerrtes Bild" der Prozesse bei Amazon. Die in dem Film vorkommenden Personen erzählen allerdings etwas anderes. (red, 23.10.2023)

Update, 27.10.: In einem weiteren Statement teilt Amazon folgendes mit:
“Customers must be 18 and over to use Amazon services unless a parent or guardian is involved.

The majority of products purchased by Channel 4 do not legally require age verification, either at the point of purchase or delivery. Four products were categorised incorrectly and we have now addressed this.

We take our responsibility to carry out age verification extremely seriously. We use trusted, global ID verification services to check name, date of birth and address for bladed items and verify age upon delivery.”