Den Ibiza-U-Ausschuss hat Bernhard Bonelli nicht besonders gut in Erinnerung, im Gegenteil. Als Kabinettschef von Sebastian Kurz (ÖVP) habe er dort bei seiner Befragung "das Herabwürdigendste" erlebt; Abgeordnete hätten ihn ausgelacht, sich "angepirscht" oder despektierliche Fragen gestellt – etwa Jan Krainer (SPÖ), der von Bonelli wissen wollte, ob der sich an den Weg zum U-Ausschuss erinnern könne. "Was ist das für ein Mensch?", habe sich Bonelli damals gedacht. Er habe jedenfalls Angst gehabt, durch falsche Worte im U-Ausschuss in ein Strafverfahren verwickelt zu werden, und deshalb eher knapp und auf formelle Prozesse verweisend ausgesagt, sagte Bonelli. Man kann es durchaus als Ironie bezeichnen, dass Bonelli nun gerade deshalb auf der Anklagebank des Großen Schwurgerichtssaals im Wiener Straflandesgericht sitzt.

Video: Kurz-Prozess: Dritter Tag mit Vertrautem Bonelli.
APA

Angst vor Strafverfolgung

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft ihm, ebenso wie Kurz, vor, falsch vor dem U-Ausschuss ausgesagt zu haben. Da geht es um Personalentscheidungen, deren Hintergründe Bonelli verschwiegen haben soll – vor allem jene rund um die Bestellung der Aufsichtsräte für die Staatsholding Öbag. Recht deutlich wurde bei Bonellis Wortmeldungen, dass der frühere Consulter einen Aussagenotstand geltend machen will. So sind Falschaussagen von Zeugen oder Auskunftspersonen ja nicht zu bestrafen, wenn sie aus Angst vor strafrechtlicher Verfolgung getätigt wurden. Aus diesem Grund war zum Beispiel auch der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, Johann Fuchs, vom Vorwurf der Falschaussage freigesprochen worden. Die WKStA wendet in der Causa Kurz dagegen ein, dass sie Kurz und Bonelli nie verdächtigt hätten, sich rund um die Postenbestellungen bei der Öbag strafbar gemacht zu haben.

Kurz-Prozess: Dritter Tag mit Vertrautem Bonelli
Bonelli (links) und Kurz kennen einander seit 2005, als sie gemeinsam zum Forum Alpbach gefahren sind.
APA/ROBERT JAEGER

Der Richter befragte Bonelli vor allem zu den Umständen rund um die Öbag-Personalentscheidungen. Bonelli beschrieb die hektische Suche ("Notsituation") nach einem Aufsichtsratsvorsitzenden und weiblichen Aufsichtsratsmitgliedern, nachdem die Wunschkandidatin abgesprungen sei. Er habe Thomas Schmids Agieren als unprofessionell empfunden, dieser habe außerdem eine große Machtfülle als Öbag-Chef angestrebt. Schon Kurz hatte am Freitag davon gesprochen, dass er Schmid habe einbremsen wollen. Dass Bonelli den damaligen Kanzler mit Kandidatinnen für den Öbag-Aufsichtsrat bekannt machen wollte, empfand er als völlig normal, handle es sich ja um zwei Verantwortungsträger der Republik. "Aus meiner Sicht war es wichtig, dass Sebastian Kurz die kennt", sagte Bonelli. Er feuerte auch eine Breitseite in Richtung der Korruptionsermittler ab: So insinuierte er, die WKStA habe ihn angeklagt, weil er als Kabinettschef einst in einem Positionspapier die Zerschlagung der WKStA angeregt habe.

Schmid kommt im November

In den nächsten Verhandlungstagen sind nun Zeuginnen und Zeugen am Wort, zunächst der im Prozess schon oft erwähnte Thomas Schmid. Danach sollen auch die früheren Finanzminister Hartwig Löger und Gernot Blümel (beide ÖVP) sowie weitere (Ex-)Mitarbeiter und (Ex-)Aufsichtsratsmitglieder der Öbag befragt werden. Den Anfang macht Schmid, er wird für 17. November geladen. Danach sind noch der 11., 15. und 18. Dezember als weitere Verhandlungstage anberaumt worden. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, Fabian Schmid, 23.10.2023)