Doja Cat
Auf Social Media fährt Doja Cat gerne die Krallen aus. Mit ihren Posts und ihrer Musik kratzt sie oft an der Grenze der Geschmacklosigkeit.
REUTERS

Katzen haben einer Redewendung zufolge sieben Leben. So auch die Rapperin Doja Cat? Die US-Amerikanerin mit einem ausgeprägten Hang zur Provokation klettert seit ihrem ersten Single-Erfolg Say So 2020 immer wieder auf Platz eins der Charts, zuletzt richtete sie sich mit Paint the Town Red drei Wochen lang an der Spitze ein. Ihr neues Album Scarlet debütierte auf Platz vier im Billboard-Ranking. Und das, obwohl sie sich regelmäßig Fehltritte und PR-Fauxpas leistet und für ihre Fans nicht einmal einen Hauch von Dankbarkeit übrig hat: "Sucht euch einen Job", schleudert sie diesen etwa ins Gesicht, wenn sie Kritik an ihr äußern.

Nach jener Aussage entfolgten Doja Cat, die eigentlich Amalaratna Zandile Dlamini heißt, auf Instagram knapp eine Million Menschen. Reue bei der Künstlerin? Fehlanzeige. "People-pleasing is over", reagierte sie darauf. Den Menschen zu gefallen sei jetzt vorbei. Und das nimmt sie ziemlich ernst. In Scarlet bricht sie mehr denn je mit der gängigen These, dass Popmusik erst durch Projektion und Interpretation ihrer Rezipienten die volle Wirkung entfalte.

Doja Cat - Paint The Town Red (Official Video)
dojacatVEVO

"Fuck that", fällt Doja Cat dazu nur ein, auf dem Album betont sie mehrmals ihr Einzelgängertum. "Fuck the girls, I don’t need ’em, I’m too pretty", rappt sie in einem gleichnamigen Song und meint damit ihr Publikum, das die Konzerthallen füllt.

Verbindungen nach rechts

Nicht nur in der Musik meint es Doja Cat mit ihrer aneckenden Attitüde ernst: Im Netz zeigte sie sich kürzlich in einem T-Shirt, auf dem der Comedian Sam Hyde abgedruckt ist. Der Netzstar mit bekannten Verbindungen in die rechtsradikale Szene hält dabei ein Gewehr in der Hand. Kurz darauf löschte die Rapperin den Post wieder und entschuldigte sich halbherzig mit einem schlichten "Sorry". Sie habe das Motiv witzig gefunden und nicht gewusst, wer der Typ sei.

Doja Cat in dem T-Shirt, auf dem der rechtsextreme Comedian Sam Hyde abgebildet ist.
Rap Alert

Hyde ist in der Web-Comedy-Szene eine feste Größe, für einen US-Fernsehsender schrieb er außerdem die Show Million Dollar Extreme Presents: World Peace. Diese wurde bereits nach nur einer Staffel wieder abgesetzt, weil darin Sketches mit rassistischen und sexistischen Inhalten verarbeitet wurden. 2017 spendete Hyde dann 5000 Dollar an den neonazistischen Blogger Andrew Anglin und dessen Website Daily Stormer, er ist ein bekanntes Mitglied der ultrarechten Alt-Right-Bewegung. Ob der Rapperin tatsächlich nicht klar war, wer da von ihrem T-Shirt starrte, bleibt zumindest fraglich.

Ihr Freund Jeffrey Cyrus, ebenfalls namhaft in der US-Online-Comedy, fällt immerhin regelmäßig mit problematischen, oft eindeutig rassistischen Tweets auf. 2020 aufgekommene Missbrauchsvorwürfe gegen den Streamer wurden abermals laut, als seine Beziehung zu Doja Cat publik wurde. "I don’t give a fuck what you think abbout my personal life (...) goodbye and good riddance miserable hoes haha!", kommentierte diese darauf.

Fremdwort Vorbildfunktion

Um den Grundsatz, dass sich jeder Popstar gewissermaßen um seine Fans kümmern, ja eine Vorbildfunktion einnehmen müsse, schert sich Doja Cat herzlich wenig. Scarlet spinnt diese Idee weiter, und weil selbst sie nicht ein ganzes Album mit 15 Tracks darüber füllen kann, wie blöd sie ihre Anhänger findet, legt sich die Rapperin in 97 etwa mit der Tierrechtsorganisation Peta an und zähltauf, welche Pelze sie am liebsten trage. Wenn es nicht geblutet und geschrien habe, wolle sie es nicht in ihrem Kleiderschrank finden.

Ist das noch provokant, oder kann das schon weg?

Begonnen hat Doja Cats Karriere übrigens via Soundcloud und das Musikvideo zu Mooo!, in dem sie im Kuhkostüm "Bitch, I’m a cow" rappte. Bereits das deutete darauf hin, wie konsequent sie beabsichtigen würde, mit den Anforderungen an weibliche Popstars zu brechen – sinnbefreite Lyrics waren die Antithese zu den angeblich intimen Texten ihrer Kolleginnen, die darin Trennungen verarbeiteten oder Freundschaften aufkündigten.

Doja Cat - "Mooo!" (Official Video)
Doja Cat

Heldinnentum? Fehlanzeige

Das heutige Verhältnis zwischen der Rapperin und ihren sogenannten "kittenz" zeigt zumindest auf, welche Dimensionen die Fankultur in Zeiten von Taylor Swifts "Swifties" oder Beyoncés "Beyhive" erreicht hat. Der Forderung nach Heldinnentum kommt Doja Cat bewusst nicht nach und leistet sich Ausschweifungen, für die andere nicht zu knapp "gecancelt" würden. Ihre letzten beiden Alben seien übrigens nur "mittelmäßige Geldmacherei" gewesen. Auch das erzürnte die Follower – Doja Cat ist das egal. Für ihre Erfolge braucht sie keine Fans, sondern muss nur rechtzeitig vor Albumrelease Gesprächsstoff liefern. Wann sie damit eine rote Linie übertritt, bleibt abzuwarten. (Caroline Schluge, 24.10.2023)