Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn vor Medienvertretern.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn am Rande des Ratstreffens am Montag.
AP/Virginia Mayo

Jean Asselborn ist ein Mann der klaren Worte. Die EU habe auf das Geschehen im Nahen Osten "nur einen geringen Einfluss". Man habe es verabsäumt, sich klar zu positionieren, sagte der luxemburgische Außenminister beim Ratstreffen am Montag. Sowohl Israel wie auch die Palästinenser würden nur die USA als Hauptansprechpartner akzeptieren. Bei den Bemühungen um die Geiseln der Hamas wie auch bei Friedensbemühungen spielen Vertreter der EU keine zentrale Rolle. Diese laufen über die großen Staaten: neben Großbritannien auch via Kanäle in Frankreich, Deutschland oder Italien.

Wie immer im Oktober finden EU-Ministerräte in Luxemburg statt, und die 27 Außenminister berieten dort über mögliche Folgen für Europa, sollte der Konflikt in Nahost eskalieren. Es wird befürchtet, dass es zu einer neuen Flüchtlingswelle kommt, ebenso wie zu neuen Terroranschlägen in Europa.

Die EU-Partner kümmern sich mangels sicherheitspolitischen Einflusses intensiv um den Ausbau humanitärer Hilfe, auch in der Hoffnung, dass dies zu einer Feuerpause führen könnte. Die Kommission hat die Hilfen aus dem EU-Budget verdreifacht. Das kann nicht überdecken, dass es zwischen einzelnen EU-Institutionen wie auch Staaten zu tiefen Differenzen darüber gekommen ist, wie man mit dem Konflikt umgehen soll. Auf die Formel, dass Israel jedes Recht habe, sich nach den Angriffen der Hamas zu verteidigen und diese zu bekämpfen, konnte man sich noch einigen. Wenn es aber um die Bodenoffensive geht, um die Räumung des Nordens von Gaza von Zivilisten, um sie zu schützen, scheiden sich die Geister.

Konträre Standpunkte

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, eine "Taube", die auch mit der Hamas verhandeln will, will eine "humanitäre Feuerpause" als EU-Forderung durchsetzen, was ihm bisher nicht gelungen ist. Belgien, Irland, Spanien und Frankreich unterstützen ihn. Deutschland und Ungarn etwa sind dagegen, gestehen Israel jedes Recht der militärischen Verfolgung der Hamas zu. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sprach sich ebenfalls dagegen aus: Israel solle nicht auf eine Ebene mit der Hamas gestellt werden, wenngleich jeder sich ein Ende der Kämpfe wünsche.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sieht eine "Quadratur des Kreises": Solange der Terror der Hamas nicht aufhöre, werde es auch keine humanitäre Lösung in Gaza geben. Die Spannungen im EU-Außenministerrat werden größer statt kleiner. Es wird auch befürchtet, dass der Krieg in Nahost indirekt die Ukraine im Krieg gegen Russland schwächt. (Thomas Mayer, 23.10.2023)