Am Wiener Stadttempel wurde wieder die israelische Flagge gehisst.
Am Wiener Stadttempel wurde wieder die israelische Flagge gehisst.
APA/MAX SLOVENCIK

Uniformierte stehen mit Maschinengewehren vor der Tür – aber es ist kein Hort der Sicherheit", sagt Elie Rosen, Präsident der Jüdischen Gemeinde in Graz. Die Grazer Synagoge werde zwar verstärkt bewacht, "aber unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen sich wahrlich nicht wohl".

Seit Tagen häufen sich E-Mails und Anrufe, die allesamt Besorgnis ausgelöst haben. Vor allem nach den Vorfällen in Wien, Salzburg, Linz und Klagenfurt, wo israelische Flaggen heruntergerissen wurden. "Das sind Angriffe auf unser demokratisches System. Aber vor allem: Die Gewaltbereitschaft, die jetzt gegen Sachgegenstände gerichtet ist, kann schnell auf Menschen umschwenken", warnt Rosen im Gespräch mit dem STANDARD.

17-Jährige teilgeständig

Der aufsehenerregendste Fall ereignete sich in der Nacht auf Samstag in der Wiener Innenstadt: Vom Stadttempel wurde die Israel-Flagge heruntergerissen. In einem Video wurde dokumentiert, wie ein Mann auf der Schulter eines anderen die Flagge erfasst und herunterreißt, während eine Frau mit den Händen ein Maschinengewehr andeutet.

Mittlerweile hat die Polizei eine 17-jährige Österreicherin als Tatverdächte vernommen. Sie zeigte sich geständig, aber nur wegen der Sachbeschädigung, nicht wegen Verhetzung. Zu den anderen beiden Tatverdächtigen laufen Ermittlungen.

Kritik hagelte es an der Wiener Polizei, sie habe den Stadttempel nicht ausreichend geschützt – trotz der Empfehlung des Verfassungsschutzes, den Stadttempel rund um die Uhr zu bewachen. Aus den Reihen der Wiener Polizei heißt es dazu, nach Absprache mit allen involvierten Stellen sei man zu dem Schluss gekommen, "den Schutz von Menschen gegenüber der Bewachung von leerstehenden Objekten zu priorisieren".

Zur Tat angestiftet

Am Sonntagabend wiederum rückte die Polizei in Salzburg und Linz aus. Auch hier wurden – erneut – Israel-Flaggen von Masten gerissen. Vor dem Schloss Mirabell in Salzburg wurde die aus Solidarität mit den Opfern des Terrorangriffs der Hamas gehisste Israel-Flagge schon zum dritten Mal von einem Fahnenmast heruntergezerrt. Wenige Tage nach diesem ersten Vorfall am 12. Oktober waren zwei 14-Jährige als mutmaßliche Täter ausgeforscht worden. Beide waren geständig und gaben als Motiv "Unbesonnenheit" an.

In Linz ereignete sich der Vorfall während einer Pro-Palästina-Kundgebung. Laut der Stadtpolizei gibt es auch davon ein Video. Montagvormittag wurden zwei mutmaßliche Täter, ein 14-jähriger und ein 15-jähriger Syrer, befragt und auf freiem Fuß wegen Herabwürdigens fremder Symbole angezeigt, sagte Stadtpolizeikommandant Karl Pogutter dem ORF Oberösterreich. Ein dritter Jugendlicher werde noch gesucht. Der 14-Jährige habe behauptet, er sei zu der Tat angestiftet worden, heißt es. Bereits in der Nacht auf den 12. Oktober hatten zwei syrische Jugendliche eine auf halbmast gehisste Israel-Fahne vor dem Alten Rathaus in Linz zerschnitten.

Am Abend des 16. Oktober haben Unbekannte auch in Klagenfurt versucht, eine vor dem Rathaus gehisste israelische Fahne anzuzünden, und diese dabei beschädigt.

In Graz hängt eine Israel-Flagge vom Rathausbalkon – aber quer.
In Graz hängt eine Israel-Flagge vom Rathausbalkon – aber quer.
APA/ERWIN SCHERIAU

Ausdruck des Hasses

Das Herunterreißen der israelischen Flagge sei "ein Ausdruck des Hasses gegenüber unserem Land und seinen Bewohnerinnen und Bewohnern", kommentierte der designierte israelische Botschafter David Roet im Gespräch mit der APA die Vorfälle. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) unterstrich am Montag, man würde "alles tun, um die Sicherheit der jüdischen Bevölkerung zu gewährleisten", habe man doch "eine besondere historische Verantwortung". Man lasse sich nicht einschüchtern, betonte man indessen in der israelischen Botschaft.

In Graz bekam die Diskussion über das Hissen der Israel-Flagge einen parteipolitischen Drall. Die KPÖ und Bürgermeisterin Elke Kahr waren ursprünglich der Ansicht, es sollte "im Gedenken an alle Opfer" eine schwarze Fahne gehisst werden, die anderen Parteien waren jedoch dagegen. Man einigte sich vorerst darauf, die Farben der Flagge – Weiß-Blau – auf das Rathaus und den Schlossberg zu projizieren. Mittlerweile hängt nach einem Mehrheitsbeschluss doch eine Fahne vom Balkon des Rathauses – aber quer.

Kein anderes Exemplar da

"Wir haben uns erkundigt, es ist auch in diesem Format möglich", heißt es aus Kahrs Büro. Warum die Fahne nicht neben den anderen weht? Man habe kein entsprechendes Exemplar zur Hand gehabt, nur jenes jetzt aufgehängte. Dieses sei "eine alte, handgearbeitete Flagge", die jedoch kleiner sei als die anderen. Sie einfach dazuzuhängen wäre demnach "nicht angemessen" gewesen. Zudem sei sie auf einen Mast nicht montierbar gewesen. "Aber so, wie sie jetzt vom Balkon hängt, ist sie besser sichtbar", heißt es aus dem Bürgermeisterinnenamt. (Walter Müller, 23.10.2023)