Die Wiener Ärztekammer präsentierte am Dienstag die Slogans zum Protestmarsch am 4. Dezember.
APA/HELMUT FOHRINGER

Um auf die Personalmisere und den Unmut in den Wiener Spitälern aufmerksam zu machen, hat die Ärztekammer am Dienstag erste Wien-weite Kampfmaßnahmen angekündigt. Von einem Streik in der Kernarbeitszeit wird trotz eines Anfang Oktober gefassten Streikbeschlusses vorerst abgesehen. Stattdessen findet in einem ersten Schritt am 4. Dezember ein Protestmarsch statt: Geplant ist die Aktion ab 14 Uhr in der Innenstadt, also nach der pünktlichen Schließung der Spitalsambulanzen des Wiener Gesundheitsverbunds (Wigev). Weitere Einschränkungen für Patientinnen und Patienten soll es nicht geben. Die genaue Route werde noch mit den Behörden akkordiert, sagte Stefan Ferenci, der Vizepräsident der Wiener Ärztekammer. Geplant sei auch eine Schlusskundgebung.

Der Protestmarsch sei "nur der Auftakt unserer Kampfmaßnahmen", sagte Ferenci. Gefordert werden von den Spitalsärzten unter anderem 30 Prozent mehr Gehalt und 30 Prozent mehr Personal sowie gleichzeitig weniger Bürokratie, um mehr Zeit für Patientinnen und Patienten zu haben. "Es reicht uns, Herr Stadtrat. So kann es nicht weitergehen", adressierte Ferenci die Kritik an den Arbeitsbedingungen an Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Seit mehr als einem Jahr mache man auf die immer schlechter werdenden Zustände in den Spitälern aufmerksam. Von der Stadtpolitik höre man aber nur "Lippenbekenntnisse und fadenscheinige Erklärungen", sagte Ferenci.

Eine Arbeitsniederlegung in der Kernarbeitszeit, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, ist derzeit kein Thema: Das sei in der Zeit von Infektionswellen den Patientinnen und Patienten nicht zumutbar. Ein Streik steht demnach erst ab dem Frühjahr 2024 zur Diskussion – und ist laut Ferenci ein weiteres realistisches Eskalationsszenario, sollte sich die Situation in den Spitälern nicht verbessern.

Zuletzt hielt am 30. Juni das ärztliche Personal der Zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring einen Warnstreik ab. Stefan Ferenci (rechts), Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, stellte am Dienstag nun Details zum geplanten Protestmarsch der Spitalsärzte und Klinikbeschäftigten vor.
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"Ohne uns stirbt Wien"

Der Aufruf für den Protestmarsch richtet sich nicht nur an Spitalsärztinnen und -ärzte, sondern auch an das Pflegepersonal und weitere Beschäftigte in den Kliniken. "Ohne bessere Bedingungen für die Pflege keine besseren Spitäler", sagte Eduardo Maldonado-González, der stellvertretende Obmann der Kurie angestellte Ärzte der Kammer. Er meinte, dass Wien schon lange nicht mehr das beste Gesundheitssystem der Welt habe. Wer jetzt noch damit werbe, dem richtete Maldonado-González aus: "Nein, das ist eine absolute Lüge."

Der Slogan, mit dem für die Teilnahme am Protestmarsch geworben wird, lautet: "Ohne uns stirbt Wien." Weitere Plakate, die auf die Demonstration am 4. Dezember hinweisen werden, wurden ebenfalls präsentiert. Auf diesen ist "Protest statt Burnout", "Lasst uns Leben retten" und "Wir können nicht mehr" zu lesen. Mit den Gewerkschaften habe man erste Gespräche geführt, bei einigen warte man noch auf eine Rückmeldung, sagte Ferenci. In diesem Zusammenhang kritisierte er "sehr enge, auch personelle Verknüpfungen" zwischen Gewerkschaften und der Stadt Wien.

Gesundheitsstadtrat Hacker ging in einer ersten Reaktion auf die Forderung der Kammer nach mehr Personal ein. Er rechne damit, dass die Wiener Ärztekammer ihren Widerstand gegen die Ausbildung von mehr Ärzten nun aufgeben werde, sagte er. "Denn sonst müssen wir pensionierte Ärztinnen und Ärzte zurückholen." Verhandlungen mit der Ärztekammer gebe es aktuell nicht – "weil die Ärztekammer nicht die gewählte Personalvertretung ist". Sollte die Kammer Vorschläge haben, sollte sie diese mit der Personalvertretung besprechen. "Denn diese ist unser Sozialpartner." (David Krutzler 24.10.2023)